11.

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»Ich bin neben meinem spießigen Vater gar nicht dazu gekommen, dir zu sagen, wie atemberaubend du heute aussiehst. Ich meine, du siehst ja sonst schon bezaubernd aus, aber in diesem Aufzug...«, begrüsst mich Shadow mit einem anerkennenden Ausdruck in den Augen.

Von Nahem sieht er selbst noch viel besser aus.

»Vielen Dank, holder Prinz«, sage ich zu Shadow, da er heute ja sowas wie ein Prinz ist. Er schüttelt belustigt den Kopf, bevor er nach jemandem Ausschau hält.

»Wo sind denn Ruby und Camila?«, fragt er keine Sekunde später. Da sieht man einmal mehr, was für eine geniale Mimikenleserin ich bin. Ich deute auf zwei Tanzpaare mitten auf der Tanzfläche.

»Die beide tanzen mit Ash und Wes«, antworte ich ihm.

»Würdest du auch gerne tanzen?«, ist seine nächste Frage, worauf ich nicht anders kann, als begeistert zu nicken. Ich liebe es zu tanzen, vor allem in so einem Aufzug. Schliesslich würde das dann heißen, dass ich mich grundlos so herausgeputzt habe.

Ich mache mich schon bereit, in Tanzposition zu gehen, werde jedoch sofort von Shadow unterbrochen.

»Tut mir Leid, Hope. So war das nicht gemeint, ich-...ich tanze nämlich nicht«, sagt Shadow, worauf ich meine Hände sofort wieder sinken lasse. Geht es eigentlich noch peinlicher? Ich versuche mir meine Scham nicht anmerken zu lassen, worauf ich allerdings anfange wie ein Psycho zu lachen, was die Sache nicht bessermacht. Himmel, ich bin so eine Idiotin.

»Du tanzt nicht?«, fragt eine Person hinter Shadow überrascht, und ehrlich, ich bin noch nie so froh gewesen, Jane zu sehen. Ich kann mich gerade noch so zurückhalten, nicht erleichtert aufzuatmen.

»Nein. Ich führe lieber stehend Gespräche«, erklärt ihr Shadow, und versucht dabei möglichst höflich zu klingen, da Jane ihn anscheinend echt überrumpelt hat.

»Das ist nicht möglich. Niemand in dieser Klasse mag es nicht zu tanzen«, streitet sie ab und zieht ihn mit sich auf die Tanzfläche. Tja, dann ist die Hoheit anscheind mit Jane verschwunden.

Wenigstens muss ich mich jetzt nicht mit meiner Peinlichkeit herumschlagen. Aber einmal mehr hat sich gezeigt, dass man nur Jane heißen muss, um jemanden, der es nicht mag zu tanzen, auf die Tanzfläche zu schleppen. Ich seufze, doch es bleibt mir nicht viel mehr Zeit, darüber nachzudenken, da schon die nächste Person neben mir zum Stehen kommt.

»Hope, richtig?«, fragt Mr. Quinn. Himmel, hat der mich erschreckt. Ich nicke langsam, versuche keine überrumpelte, schroffe Antwort zu geben.

»Willst du tanzen? Wie ich sehe, ist Shadow gerade zu beschäftigt, um mit dir plappern zu können.«

Autsch.

»Gerne«, sage ich allerdings trotzdem. Immerhin ist dieser Mann der Gastgeber dieser Veranstaltung. Genau rechtzeitig zu einem neuen Lied befinde ich mich also mit Shadows Vater auf der Tanzfläche. Also wenn das nicht eine ungewöhnliche Situation ist, dann weiß ich auch nicht weiter.

»Du und Shadow versteht euch anscheinend gut«, beginnt mein Gegenüber schliesslich ein Gespräch.

»So gut wie man sich nach zwei Tagen eben verstehen kann.«

»Das freut mich zu hören. Shadow ist in einer sehr verschlossenen Gesellschaft aufgewachsen. Es hat immer nur seine Mutter und mich gegeben«, erklärt Mr. Quinn.

»Und dann hat es begonnen, sich zu verändern.« Ohne jede Mine zu verziehen spricht er weiter. Ich frage mich, wieso ihm das so einfach fällt. Es sollte schliesslich nicht so einfach sein. Es ist nicht einfach, jemanden zu verlieren, den man liebt. Vor allem nicht, wenn diese Person Selbstmord begangen hat.

ShadowWhere stories live. Discover now