42.

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»Ich will unbedingt über deine und Shadows Entwicklung erfahren, bitte beglücke mich mit deinem tollen Leben, aber halt dich kurz, denn wir haben etwas total wichtiges zu bereden«, begrüßt mich Ed auch schon, als ich mich am nächten Morgen neben ihm auf einen Stuhl pflanze. Dabei lasse ich mich nicht von seinem Geplapper oder seiner irgendwie gehetzten Mine aus meinem ich-bin-glücklich-Konzept bringen, welches heute mein schönstes Accessoire ist.

Dazu gehört unbewusste Entspannung und ein luftig leichtes Gefühl in meiner Brust, welches jedes Mal aufflattert, wenn ich auch nur an Shadow denke. Oder an den gestrigen Abend. Ich lächle beinahe den ganzen Morgen schon darüber und Mom hat das ganze mit einem skeptischen, aber doch erfreuten Blick abgestempelt.

»Was haben wir denn zu bereden?«, möchte ich neugierig wissen. Es interessiert mich nämlich schon noch, was mit Ed los ist. Schliesslich sind wir ja befreundet und Freunde kümmern sich um einander.

»Du zuerst. Rekapitulation ›Date mit Shadow‹ jetzt. Sofort. Du hast eine Minute Zeit, danach bin ich dran.«

Ich hätte beinahe dagegen gehalten, dass wir auch gleich mit seinem Problem anfangen können und dass das kein Problem für mich wäre, allerdings würden wir dann bestimmt fünf Minuten darüber diskutieren, über was wir schlussendlich sprechen möchten und danach müsste ich wahrscheinlich trotzdem anfangen, also kann ich genauso gut auch einfach gleich beginnen.

»Shadow hat mich abgeholt, mir einen seiner Pullover geschenkt, danach sind wir gegangen und er hat mir ein bisschen beigebracht, wie man Fahrrad fährt. Irgendwann sind wir dann bei dem Diner von nach dem Spiel gewesen, wo schon sein für uns gekochtes Essen auf uns gewartet hat. Wir haben gegessen, zusammen in dem Diner geganzt und-«

Ich breche ab und beiße mir auf die Lippe, während Ed meinen von mir selbst unterbrochenen Redeschwall in seinem Kopf analysiert. Küssen sich Leute normalerweise nicht erst nach dem ersten Date? Ich meine, das schnappe ich immer wieder irgendwo auf, aber ich habe Shadow einfach so geküsst. Er hat mich einfach so geküsst. Und ich habe es genossen und ihn später auch geküsst.

»Ist da irgendetwas schlechtes passiert? Wieso erzählst du nicht weiter?«, will Ed schliesslich wissen, als sich der Grund, wieso ich abgebrochen habe, wahrscheinlich nicht in seinem Kopf ergibt.

»Wir haben uns geküsst«, sage ich leise zu ihm, während meine Wangen rot werden. Er ist der erste, dem ich das erzähle. Denn dieses bestimmte Detail habe ich ausgelassen, als ich Mom von meinem Date mit Shadow berichtet habe und sonst habe ich nicht wirklich mit jemandem darüber sprechen können, weil ich Ruby und Camila heute noch nicht gesehen habe.

»Ihr habt was?!«, fragt Ed ungläubig mit geweiteten Augen. Seine Stimme ist gefühlt um eine Oktave schriller und böher geworden, worauf ich mit einer Hand vor seinem Gesicht herumwedle, damit er wieder leiser wird. Es ist mir nicht peinlich, aber ich möchte auch nicht sofort zum nächsten Gerücht von Queenston werden und Shadow wieder ins Rampenlicht ziehen, nachdem er sich diesem so schön entzogen hat.

»Wir haben uns geküsst«, wiederhole ich aber trotzdem für Ed, der mich so anstarrt, als wären mir Hörner gewachsen. Ich bin kurz davor meine Arme beleidigt zu verschränken, als sich sein Gesicht erhellt und er sich begeistert in die Hände klatscht.

»Und ich habe gedacht, dass ihr noch zwei Monate länger so tun werdet, als wärt ihr überhaupt nicht verknallt ineinander, obwohl das doch jeder Blinde sieht«, meint er. »Wie ist es denn so gewesen?«

Ich werde noch röter, denn die Erinnerung hat mich eine ganze Weile wach gehalten. Shadows weiche Lippen und wie perfekt sie mit meinen gespielt haben. Wie unsere Zungen sich geliebtkostet haben.

ShadowWhere stories live. Discover now