58.

791 51 4
                                    

Der heutige Tag fühlt sich an wie eine atmende Katastrophe. Ich habe nicht gut geschlafen, weil ich die ganze Nacht darüber nachgedacht habe, was wohl mit Shadow sein könnte und die Hälfte der Zeit habe ich auf mein Handy gestarrt und gehofft, dass er mir eine Antwort gibt, auch wenn er wahrscheinlich einfach geschlafen hat wie jeder andere normale Mensch auch. Jeder außer mir.

Das hat dann einen Haufen mieser Dinge zur Folge gehabt. Ich bin den ganzen Tag pampig gewesen, was von meinen Freunden zwar verstanden worden ist, mich aber beinahe aus meinem Waffenstillstand mit Jane gerissen hätte. Ich weiß gar nicht mehr wieso genau. Ich bin jedenfalls wütend geworden, aber irgendwie habe ich ihr geschafft klar zu machen, dass meine miese Laune nichts gegen sie gewesen ist und dass sie es nicht persönlich nehmen sollte. Sie hat es kapiert und mich in Ruhe gelassen.

Am Mittag habe ich kaum etwas runter gekriegt, weil meine Gedanken ständig vor Sorge gekränkt geworden ist, also habe ich Shadow noch ein paar Nachrichten geschickt, die er so wie gestern schon den ganzen Tag lang ignoriert hat.

Geht es dir noch immer nicht gut?

Wenn ja, dann gute Besserung. Ich habe mich darum gekümmert, dass die jemand das Zeug mitnimmt. Weißt du, ob du morgen kommen wirst?

Shadow. Bitte antworte mir. Ich mache mir Sorgen um dich und ich weiß wirklich nicht, was ich davon halten soll, dass du schon den zweiten Tag in Folge in der Schule fehlst. Bitte schreib einfach etwas, denn langsam machst du mir Angst.

Die letzte Nachricht habe ich vor der Sportstunde geschickt und sie hat mich emotional wahrscheinlich auf meinen tiefsten Punkt gebracht. Und das seit langem. Shadow und ich sind nicht einmal eine Woche zusammen und schon verschwindet er einfach so von der Bildfläche.

Das bereitet mir Sorgen, verdammt. Natürlich tut es das. Shadow ist mir wichtig - so unglaublich wichtig, dass ich mich sogar in ihn verliebt habe - und da interessiert es mich schon, wieso er einfach verschwindet. Wenn er das überhaupt ist. Er sitzt vermutlich einfach in der riesigen Villa seines Vaters herum und tut, was auch immer ihm gerade einfällt.

Ich schätze, ich bin so besorgt um den Prinzen, dass langsam auch ein wenig die Wut bei mir durchgreift. Aber wieso auch nicht? Glücklich sein funktioniert offenbar am besten mit der Person, die jetzt gerade keine Lust auf Schule hat.

Das Ganze hat mich so aus der Bahn geworfen, dass ich nach der Schule beinahe wieder beim ersten Probetraining schon aus dem Team geworfen wäre. Oder eben dem Zweiten. Das erste mit Jessica und der restlichen Rasselbande hat ja super funktioniert. Der einzige Grund, wieso ich noch immer einen Platz im Team der Mädels habe, ist, dass sie wirklich eine weitere Spielerin brauchen und Mrs. Basketball mich schon öfters gut spielen hat sehen. Sonst hätte ich diese Kutsche direkt vergessen können.

Ich habe nämlich so oft nicht getroffen oder die Übungen, welche wir hätten machen sollen, nicht verstanden, dass es beinahe schon peinlich geworden ist. Aber was erwartet man denn von mir wenn die Hälfte meines Hirns allein auf Shadow fokussiert gewesen ist? Den Typen, der anscheinend keine Lust gehabt hat, zu erscheinen.

Ich schätze, dass mich das Glück dort einfach gerettet hat.

Nun bin ich Zuhause und habe schon zwei Stunden mit Matheaufgaben verschwendet, die ich noch nicht einmal richtig durchgelesen habe. Ich kann mich einfach nicht konzentrieren und ein kleiner Teil von mir hat Angst, dass das ganze Fehlen von Shadow etwas mit mir zu tun hat und das nervt.

»Wer hat dir denn ein Ohr abgekaut?«, möchte Mom wissen, die im Türrahmen steht und mir wohl schon ein Weilchen beim absoluten Nichtsmachen zusieht.

Ich seufze. Eigentlich ja niemand. Aber dann doch wieder Shadow obwohl mein Problem ja eigentlich nur sein Verschwinden von der Bildfläche ist.

»Du siehst gereizt aus. Willst du mir erzählen, was geschehen ist?«, fragt meine Mutter und setzt sich auf mein Bett, sodass mir nichts anderes als ein Gespräch mit ihr übrig bleibt. Ich drehe meinen Bürostuhl so, dass ich ihr in die Augen sehen könnte, auch wenn ich eher auf meine Hände starre. Ich weiß nicht, ob mir mein Verhalten peinlich sein sollte.

ShadowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt