VI. kaltherz

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Der nächste Morgen kam schnell - so schnell wie auch meine Zuneigung zu Sam ohne Vorankündigung über uns beide hereingebrochen war. Als ich die Augen aufschlug wurde mein Zimmer gerade in eine Flut von gelb schimmernden Sonnenstrahlen getaucht. Kleine Lichter tanzten an der Decke, welche ich mit zusammengekniffenen Augen beobachtete.

Früh morgens war nichts mit mir anzufangen. Der größte Morgenmuffel war niemand anderes als ich höchst persönlich. Und meist tat es mir gar nicht leid, wie ich meine Mitmenschen in diesem Zustand behandelte. In solch einem Stadium war einem wirklich alles egal, und man wollte einfach in Ruhe sein Leben leben. An diesem Punkt möchte ich mich besonders bei Adam entschuldigen. Ich fürchte, dass er am meisten Leid durch mein Morgendliches-Ich ertragen musste.

Sonst plagten mich in der Früh ebenfalls Kopfschmerzen, welche meine Laune nicht gerade steigerten. Diese blieben heute jedoch aus. Und als ich das regelmäßige Atmen neben mir schließlich komplett wahrnahm, weckten sich in mir Glücksgefühle, welche mir bis vor einigen Tagen noch unbekannt waren.

Ich setzte mich auf und betrachtete Sam noch einen Moment beim Schlafen. Ihr Gesicht war komplett entspannt und ihre Lippen leicht angefeuchtet. Langsam strich ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Durch meine Berührung wachte sie auf, jedoch blieben ihre Augenlieder geschlossen. Mit einem leichten Lächeln schmiegte sie ihre rosarote Wange in meine Handinnenseite.

»Guten Morgen« flüsterte ich, vorgebeugt an ihr Ohr.

Ihre Hand schlich sich in meinen Nacken, und sie lenkte mich in Richtung ihrer Lippen. Dann küsste sie mich geschwind und öffnete träge ihre Augen. Ich forderte grinsend einen erneuten Kuss. Sie lächelte mich an und grummelte dann vor sich hin, dass sie nicht aufstehen wollte und das Bett so bequem wäre. Während sie sich streckte und im Bett rekelte, nahm ich ein Geräusch wahr, welches einer zufallenden Tür glich.

Schnell stand ich auf und ging in großen Schritten zu meinem Fenster, durch welches die kahle, nasse Straße übersichtlich zu überblicken war. Ich konnte beobachten, wie Adam soeben durch die Haustür nach draußen gegangen war und nun in großen Schritten den Gehweg entlang lief. Als er nicht mehr zu erkennen war, bemerkte ich schlussendlich die stille Botschaft in der vergangenen Handlung. Mein Hirn, welches diesen Morgen nur zwischen Stand-By und den filmartigen Erinnerungen des gestrigen Abends gewechselt hatte, wurde nun einmal kräftig durch gerüttelt.

Adam verließ das Haus?

Verdammt, wie spät war es?

Hektisch rannte ich zu meinem Handy, welches unbeholfen auf dem Boden neben einem Stapel Klamotten das Umfeld durch die ausgehende Vibration erzittern ließ. Ich hatte gestern Abend tatsächlich meinen Klingelton ausgeschaltet, nachdem die Welt gedroht hatte, über mir einzubrechen. Nun klingelte der Wecker vergeblich in aller Stille.

Mich über mich selbst ärgernd, dass ich nicht einmal das leise Summen und das Mitschwingen des Bodens bemerkt hatte, schaltete ich es mit einer gewissen Vorahnung an. Natürlich, in 15 Minuten würde die Schule anfangen. Wohingegen ich genervt aufstöhnte, über die Erkenntnis, dass ich mal wieder zu spät kommen würde, lag Sam nur grunzend im Bett und meinte mit zusammengekniffenen Augen, dass sie jetzt Hunger hatte.

Ich griff eilig nach meiner Jogginghose und einem Top, scheuchte Sam aus dem Bett und stürmte in die Küche. Dort saß Liam angezogen am Tisch und aß gemütlich Cornflakes. Ich war kurze Zeit überrascht, dann schlussfolgerte ich jedoch, dass Adam die Party Geschichte wahrscheinlich wieder gut machen wollte. Ein bisschen Unterstützung mit Liam kam mir nur gelegen. Innerlich freute ich mich, dass Adam sich nun dazu entschieden hatte, ein bisschen Verantwortung zu übernehmen.

Hinter mir tauchte Sam auf, mit kleinen Augen und ganz verschlafen drein schauend, während sie versuchte eine meiner Stoffjacken über ein kurzes Shirt anzuziehen. Schnell gab ich Liam einen Kuss auf die Schläfe, erklärte ihm die Lage und schlüpfte in meine Schuhe, welche ich nach hektischem Suchen im Flur schlussendlich unter einem Hoodie fand. Es war nicht sehr aufgeräumt bei uns, doch dies war im Moment nicht meine größte Sorge.

roses are slowly dyingWhere stories live. Discover now