wolfsjagd

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Ein wenig Zeit war vergangen. Sie rauschte wie ein weißes Meer an mir vorbei, ohne sich zu beeilen doch stetig sehr schnell. Ab und zu wurde ich aufgeweckt, und aus diesem Meer hinaus blickend, welches den Ursprung in meinen Gedanken fand, betrachtete ich weiße Wände und ein Gefühl des Unwohlseins und der Einenge stieg in mir auf. Ich fühlte jeden Augenschlag meiner Lider intensiv wie einen schwarzen Vorhang vor diesem weißen Raum. Jede meiner Berührungen wurde widergespiegelt von einem Spiegel aus Tränen, welcher langsam aber sicher austrocknete und somit Sicht auf das Wesentliche gewährte.

Ich erblickte Sam, welche neben mir saß, und beruhigend meine Hand hielt. Sie schien meinen erwachten Geist nicht wahrzunehmen, da sie ein Buch las, doch meine Hand ließ sie die gesamte Zeit über nicht los. Es fühlte sich surreal an, fast wie in einem Traum, dass ich diese Chance bekam, Sam eine lange Zeit anblicken zu können, ohne, dass sie es bemerkte. Ich prägte mir jeden Gesichtszug ihrerseits genauestens ein und bewunderte Millimeter um Millimeter dieser straffen Haut. So gern hätte ich nun einfach meine Hand ausgestreckt und Sam berührt; wäre in ihre Haut eingetaucht und komplett in jener Wärme verschwunden. Mein Blick blieb an ihren Lippen hängen. Ihre innige Berührung sowie der Fakt, dass sie sich soeben konzentriert auf die Lippen biss, warfen mich vollkommen aus dem Konzept.

Sam schaute auf. Unsere Augen trafen sich. Stille; aber dann - der konstante Maschinenton meines Pulses gewinnt an Geschwindigkeit. Ich schließe aus Scham meine Augen, und lasse erneut den Vorhang zu meiner Seele hinunter.

Einen Wimpernschlag später befand ich mich sitzend in einem großen Raum, noch immer sehr geschafft von den vergangenen Stunden und Tagen; kraftlos und sehr verwirrt. Die Richterin steht auf und betrachtet mich aus der Ferne, schenkt mir einen undeutlichen Blick, den ich nicht entwirren kann. Keinerlei Emotion liegt in diesem Raum. Es erscheint mir, als wären die Menschen um mich herum in eine schwarz-weiße Welt getaucht. Sie wirken unfreundlich und abwesend. Ich bin die einzige, welche Gedanken hegt, in dieser grauen Welt.

Durch einen schnippenden Ton werde ich aus meinem Inneren herausgerissen. Verzweifelt versucht ein Mann mich aus meinem starren Blick zu holen. Mit Erfolg. Ich bin vollkommen anwesend, sowohl mein Körper als auch meine Seele. Die Verwirrung war gewichen und aus jenem plötzlichen Erwachen meiner Gedanken war eine gewisse Konzentration hervorgegangen. Ich musterte jeden der anwesenden Personen genau. Auch Sam konnte ich ausmachen, welche in den Reihen hinter mir saß. Sie lächelte mir kurz zu.

»Frau Breckman«

Ich riss den Kopf herum. Es war eine fast endlos erscheinende Zeit vergangen, seitdem mich wieder einmal jemand bei meinem Nachnamen genannt hatte. Dadurch erlangte die Richterin meine vollkommene Aufmerksamkeit.

»Schwören Sie die Wahrheit zu sagen und nichts als die Wahrheit?«

»Ich schwöre«, antwortete ich bestimmt.

»Sie wurden schwer verletzt in einem Hotelbett gefunden. Bitte schildern Sie uns Ihre Situation. Inwiefern sind Sie in die Geschäfte Herrn Connor's involviert? Wir hätten gern Ihre Sicht der Lage.«

Das Blut rauschte mir durch den Körper und verwehrte mir somit den eigentlichen Nutzen meiner Ohren. Mir wurde für kurze Zeit das Hörvermögen geraubt. Herr Connor? Ich kannte keinen Herr Connor. Meine Sicht begann sich gefährlich zu drehen. Mir wurde schlecht. Angestrengt versuchte ich dieses Gefühl zu unterdrücken.

»Lassen Sie sich gern Zeit, Frau Breckman, Ihr Körper ist noch geschwächt!«

Verwirrt wischte ich mir mit meiner Rückhand über die schweißbedeckte Stirn. Dann riss ich mich und meinen Kreislauf zusammen.

»Herr Connor? Ist das.. Jordan?«

»Ja, das ist er. Aber nun berichten Sie uns von sich und ihrem Schicksal.«

roses are slowly dyingWhere stories live. Discover now