creolen

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Noch immer recht verwirrt, doch ebenso angetan von den vergangenen Stunden, lief ich in Richtung meiner kleinen Wohnung. Ich hatte einen eindeutigen Korb kassiert, doch das ließ mich recht kalt. Mir kam es vor, als würde noch immer ein Hauch ihres Duftes an mir hängen, und sich nicht los reißen wollen; von meiner Seele.

Zufrieden ließ ich den erfrischenden Sauerstoff in großen Mengen in meine Lunge strömen. Ich fühlte mich lebendig. Ein kleines Lächeln schmückte meine untere Gesichtspartie, welche so manches Mädchen bereits meinen Namen hatte keuchen lassen. Kleine Grübchen gruben sich in das Fleisch meiner rosigen Wangen und unterstützen jenes Lächeln, welches nun immer mehr wuchs, da ich schlagartig an Sam's geäußerte Drohung denken musste.

Nun wusste sie endlich, wer ich wirklich war, und somit waren alle folgenden Taten ihrerseits meiner wahren Persönlichkeit gewidmet, und nicht jener Tiffany, welcher ich für kurze Zeit untergeben gewesen war.

Außerdem hatte sie mich zwar vertrieben und mir ein Stück weit, aufgrund ihrer Abweisung gezeigt, dass sie Abstand brauchte, doch ich wertete dies als etwas Gutes. Ich lebte noch, sie hatte mich nicht ans andere Ende der Welt gewünscht - jedenfalls nicht verbal - und ebenfalls konnte ich klar und deutlich ihre Freude an dem dominanten Spiel sehen; dem Spiel mit mir. Hach, wir waren uns einfach zu ähnlich.

Langsam schleppte ich meinen allmählich verwesenden Körper das schmale Treppenhaus hinauf, welches zu jener kleinen Wohnung führte, die mir nun bereits einige Jahre auf absurde Weise Trost und eine Art Sicherheit schenkte. Komplett abgeschottet von der äußeren Welt steckte ich, in Gedanken und mit bereits halb geschlossenen Augen aufgrund meiner dauerhaften Müdigkeit, den Schlüssel in das Türschloss.

Doch anstatt mein Ziel in Form eines Schlüssellochs zu finden taumelte ich hinein in meine Wohnung, deren Tür weit offen stand. Erschrocken blickte ich in meine Hand, in welcher der unscheinbare Schlüssel ruhte.

Daraufhin hob ich meinen Blick an und schaute zu meinem Entsetzen genau auf die kahle sowie von Schweiß glänzende Glatze eines verknitterten Mannes, welcher mich empört von unten herauf anfunkelte. Verwirrt konnte ich ebenfalls einige Pappkartons ausmachen, welche schlampig in dem kleinen Zimmer verteilt lagen.

»Na endlich.«, schnaufte der kleine Mann wütend.

»Packen Sie Ihre Sachen!«

Nun drückte sich der Mann an mir vorbei, um aus der Wohnung zu entkommen.

»Bitte was?«, entgegnete ich ungläubig und drehte mich leicht in seine Richtung, um ihm hinterher zu schauen, wie er soeben die Schwelle in das Treppenhaus überschritt.

Ohne sich zu mir zu richten oder mich eines Blickes zu würdigen, schenkte er mir mit dunklem Unterton eine Erklärung.

»Kein Geld, keine Wohnung. So einfach ist das. Sieh zu, bis in einer Stunde hier raus zu sein!«

Daraufhin lief er recht schwerfällig, aufgrund seiner fülligen Masse, das Treppenhaus hinunter. Ich hielt ihn nicht auf, zu geschockt war ich von den Neuigkeiten.

Was? Aber Jordan zahlte doch regelmäßig meine Miete? Er war dafür verantwortlich. Erst ließ er sich nicht blicken und mich allein seine gefährlichen Jobs ausüben, und nun verwehrte er mir das Geld für die Wohnung. Wo zum Teufel war er eigentlich?

Nicht, dass es mich stören würde, diesen schlechten Menschen nicht mehr sehen zu müssen - ja, teils war dies vielleicht eine Chance für einen Neuanfang - doch tatsächlich hing ein Teil meiner momentanen Existenz an ihm, wie beispielsweise meine Wohnung. Aber die musste ich ja nun auch aufgeben.

Und zur Krönung dieses Unglücks, wusste ich nicht einmal, wo ich nun hin sollte.

Ein paar Personen kamen mir zwar in den Sinn, mit denen ich mich die letzte Zeit befasst hatte, jedoch musste ich mir eingestehen, dass ich lieber irgendwo verwesen wollen würde, als in deren Drogenhaus auf illegaler Ware, in dem nächsten Puff, oder bei einigen notgeilen Klienten zu schlafen.

Was eine tolle Auswahl.

Die Welt liebte mich mal wieder, mir nur ein paar Arschgesichter als Optionen vorzusetzen.

Trotz all dem Verlust und der Enttäuschung begann ich, meine wenigen Sachen in einen Karton einzulagern. Die graue Wohnung wurde noch ein Stück dunkler und abweisender, nun, wo sich meine Sachen nicht mehr darin befanden.

Doch trotzdem würde ich diesen Platz vermissen. Ein Teil Sicherheit lag in diesen vier Wänden. Und nun erstickte mich die Luft dieses Raumes allmählich, aufgrund des Faktes, dass die schäbigen Wände mich nie wieder willkommen heißen würden.

Ein letzter Blick an dem alten Gebäude hinauf ließ mich frösteln. Einen Karton hielt ich in meinen Armen, welcher mein Hab und Gut enthielt. Es war nicht sehr viel gewesen, welches ich mitnehmen konnte oder wollte, und somit wurde nur einer der vielen vorhandenen Pappkartons gefüllt. Auf dem Weg nach unten, durch das nach Rauch und ungesundem Putzmittel stinkende Treppenhaus - hier wurde wohl vergeblich versucht die versiffte Treppe zu putzen -, stand mir meine liebliche Nachbarin im Weg. Sie hatte ein breites Lächeln auf den Lippen gehabt und verkündete mir schadenfreudig, dass dies ein wundervoller Tag war, und sie mir viel Kummer in meinem weiteren Leben wünschte.

Keine Ahnung, was geistig in ihrem Kopf verrutscht war, doch sie tickte nicht richtig. Am liebsten hätte ich sie K.O. geschlagen, mit einem gezielten Schlag in ihre hässliche Visage. Doch zu ihrem Glück hatte ich mein kleines Päckchen zu tragen.

Nachdem ich also die Wohnung geräumt hatte und mir die Erniedrigung meiner Nachbarin geben musste, war ich einige Straßen weiter gelaufen, mit dem Ziel zu einer Freundin zu gelangen.

Nun gut, eine Freundin war sie nicht wirklich, wohl eher ein kleines Flittchen aus dem Club, welches ich vielleicht ein bisschen ausgenutzt hatte. Und genau daran erinnerte sie sich, als ich an ihrer Türe stand und sie mit einem falschen Lächeln und der Bitte empfing, ein paar Nächte bei ihr unter zu kommen. Sie blickte mich lediglich wütend an, und schlug daraufhin mit einer Kraft die Tür vor meiner Nase zu, die ich ihr gar nicht zugetraut hatte.

All dies war in den letzten Stunden passiert. Nun saß ich erschöpft in einer kleinen Gasse und rauchte eine Zigarette, um mich von meinem erbärmlichen Ich abzulenken.

Gerade endete allem Anschein nach ein kleiner Abschnitt meines Lebens, um einem noch miserableren Abschnitt den Platz zu gewähren. Ich blickte selbstbewusst und voller Vorfreude in meine hoffnungsvolle Zukunft voller Freude und Glück - Nicht wirklich!

Ich wusste nicht, wohin ich gehen konnte, ohne erneut ausgebeutet zu werden. Entweder die harte sowie höchst illegale Arbeit in deren Business oder eine schmutzige Nacht, für welche ich gerade keine Nerven hatte. Dann blieb ich lieber hier auf der Straße sitzen, in der Sicherheit der Dunkelheit.

Als ich durch ein paar enge Gassen schlich, welche meine Augen noch nicht erblickt hatten, stetig auf der Suche nach einem optimalen Platz wo ich mein Nachtlager aufschlagen konnte, stoppte ich verblüfft. Eine Welle an Emotionen machte sich in mir breit.

Bei diesem Anblick musste ich kurzzeitig meine sich anbahnenden Tränen herunter schlucken, um der mit Blut befleckten Wand keine Schwäche zu offenbaren.

★? Danke!

roses are slowly dyingWhere stories live. Discover now