kreislauf

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Eine erste Basis war nun geschaffen, was mir ein wenig Sicherheit verlieh. Ich war an diesem Ort willkommen, und auch wenn ich die Inhaberin nicht mein Eigen nennen konnte, so hatte es irgendwie gut getan, mit ihr über momentane Situation zu sprechen. Vielleicht war dies nun falsch formuliert gewesen. Ich wollte Sam keinesfalls besitzen, oder ihr jegliche persönliche Freiheit rauben, doch ich strebte es sehr an von ihr geachtet zu werden sowie einen Einblick in ihre Gefühlswelt, ihrerseits gewährt, zu erhalten. Und all dies war nur möglich, wenn wir lernten, uns zu vertrauen sowie gegenseitig wertzuschätzen.

Es fühlte sich nach langer Zeit einmal wieder wirklich gut an, in diesem Moment zu leben und auf der Welt meine Existenz zu finden. Sonst wünschte ich mich meist hinfort, in mein Grab oder meinen Gegenüber in eine andere Zeit zurück. Doch hier und jetzt genoss ich mein Leben in vollsten Zügen. Ich konnte mich glücklich schätzen, nach all jenen schlechten Taten, welche ich vollbracht hatte, noch immer akzeptiert zu werden. Und das alles hatte ich dieser Frau zu verdanken. Sie ließ mich momentan gegen ihren Willen näher an sich heran, indem sie die Türen nicht vor mir verschloss sondern mir Einlass gewährte in ihre Wohnung. Zwar hatte sie gesagt, dass sie mir nicht mehr vertrauen würde, jedoch zeigte sie mir hierdurch, dass doch noch ein Funken ihres Glaubens an meine Seele vorhanden sein musste. Bisher hatte sie mich wohl als Draufgängerin erlebt, teils furchtlos, teils verloren, und sicherlich sehr einsam. Jene Charakterzüge waren gewiss ein Teil meiner selbst, doch in mir schlummerte so viel mehr.

Wie würde meine Zukunft aussehen, fragte ich mich. Ich hatte einen mittelmäßigen Realschulabschluss sowie ein abgebrochenes Abitur in meinen Taschen, jedoch keinerlei Ahnung von der Arbeitswelt abseits des illegalen Gassenhandels. Schon immer konnte ich nicht viel und wies keinerlei besondere Begabungen auf, welche mich für einen bestimmten Job qualifizierten. Möglicherweise würde ich Sam fragen, ob sie mir in diesem Bereich weiter helfen konnte, denn so wie es aussah, hatte sie Erfahrung auf der Karriereleiter. Doch ich war mir wirklich unsicher diesbezüglich. Wenn ich ihr erzählen würde, dass ich keinen Job hatte, dann würde sie erneut nachfragen, wie ich bisher überlebt hatte. Dies würde sie zu meinen illegalen Machenschaften führen und das ganze Thema abermals aufkochen lassen. Allem Anschein nach hatte sie von den Pillen gewusst, welche ich auf der Wache bei mir hatte, mich jedoch nicht verpfiffen. Doch ich hatte keine Ahnung, wie sie mich einschätze - hoffentlich nur als verwirrte Frau, die verzweifelt ein zwei dieser Pille angenommen hatte, um dümmlich ihr Budget aufzustocken.

Ich steckte wirklich in der Scheiße. So schön der Moment eben noch gewirkt hatte, so schnell hatte ich ihn mir mit meinem Zukunftsdenken wieder versaut.

Ebenfalls fragte ich mich, wie es wohl wäre, in meinen Heimatort zurückzukehren. Zu meiner Familie. Wie ging es meiner Mum? Oder Adam und Liam? Ich hatte sie alle enttäuscht, durch mein plötzliches Verschwinden. Sicherlich würden sie mich nicht aufnehmen wollen. Wenn sie mich denn überhaupt erkannten, in dieser schmutzigen Hülle. Doch irgendwie mochte ich mein Bad Girl Image auch ein wenig. Dies hielt mir ein paar Probleme fern und verlieh mir eine unbeschreibliche Kraft meiner Ausstrahlung.

Eine Idee kam mir in den Sinn. Vor kurzer Zeit noch hatte ich die Clubs beherrscht, als Dealerin im Auftrag Jordan's. Ich hatte Kontakte, kannte die Menschen, die geheimen Plätze sowie wen ich zu meiden hatte.

Außerdem hatten mich all die Jahre Vorsicht, ein gutes Auge sowie einen scharfen Instinkt gelehrt. Mit Alkohol kannte ich mich ebenfalls aus. Wieso also nicht zurückkehren in diesen Alltag und mich in bekanntem Gebiet nach einem Job umschauen. Eventuell konnte ich mir mein Geld durch die Barkeeperarbeit verdienen. Nun war es bereits zu spät für meinen Aufbruch, doch in folgender Nacht würde ich mich einmal umhören. Dies schien wie ein guter Plan. So musste ich weder Sam von meinen Problemen berichten, noch in den alten illegalen Job zurückkehren.

Und nun würde ich erst einmal schlafen gehen. Der Tag war sehr anstrengend gewesen und es war bereits spät in der Nacht. Morgen würde ich weiter sehen, wie sich die Situation mit Sam und Mike zukünftig entwickeln würde. Doch meine Zigaretten konnte mir dieser Grobian sicherlich nicht verbieten.

Folgend schlief ich sofort ein, nachdem ich mich kraftlos auf die Couch hatte fallen lassen.

Ein unangenehmes Geräusch weckte mich. Zuallererst drang es nur leise an mein Ohr doch von Minute zu Minute verstärkte sich die Lautstärke. Ich hörte einen Mann schreien. Verwirrt setzte ich mich auf, streckte mich muffig und setzte folgend meinen schlecht gelaunten Arsch in Bewegung, um der Sache auf den Grund zu gehen.

Als ich Richtung Küche lief, sah ich Sam und Mike sich gegenüberstehend und wild miteinander diskutierend.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen betrachtete ich das Spektakel. Noch leicht schläfrig gähnte ich einmal herzlich, holte mir eine Tasse aus dem Schrank und ließ mir Kaffee aus deren Kaffeemaschine ein. Dann stellte ich mich hinter einen Küchenblock, schlürfte den heißen Kaffee und beobachtete weiterhin wie die zwei sich ein Duell lieferten.

Dieser Ort versetzte mich in Gedanken kurzzeitig zurück zu jenem Moment, in welchem Sam sich so verlangend an mich gedrückt hatte. Ihre Lippen hatten sich einfach himmlisch auf meinen angefühlt. Es würde wohl kein Tag vergehen, in welchem ich beim Anblick dieser Küche nicht jenes Kopfkino zurück in meine Erinnerungen rufen würde.

Langsam drangen erste Wortfetzen an mein Ohr. Okay, anscheinend diskutierten die zwei soeben über mich und meine Anwesenheit in dieser Wohnung. Hm, das missfiel mir sehr, doch solange Mike nicht handgreiflich wurde, war der Drang auszuhalten, mich einzumischen zu wollen.

Denn das würde wohl die ganze Situation noch mehr eskalieren lassen.

Ein kurzer verzweifelter Blick Sam's in meine Richtung war zu erhaschen. Auch Mike hatte mich entdeckt doch sehr gekonnt ignoriert und sich lediglich auf Sam konzentriert, um mich mit allen Argumenten der Welt von diesem Ort zu verstoßen. Ich fragte mich, was wohl nach gescheiterten Argumenten geschehen würde.

Nicht, dass er tatsächlich in Erwägung ziehen würde, handgreiflich zu werden, um mich nachts wie ein Assassine aus dem Schlaf zu wecken.

Doch tatsächlich glaubte ich nicht, dass so viel negative Energie in ihm steckte. Er war wirklich ätzend, extrem nervig und kaum auszuhalten, aber auf kriminellen Spielchen würde er sich wahrscheinlich nicht einlassen. Dies hoffte ich jedenfalls. Danke Dude, dir auch einen wundervollen guten Morgen.

Nach kurzer Zeit ertönte ein Klingeln in den Räumen dieser Wohnung. Ich schlussfolgerte, dass sich jemand an der Haustür befinden musste, und signalisierte Sam mit einem Kopfnicken, dass ich die Tür öffnen gehen würde.

Diese zwei sollten sich mal wieder vertragen gehen, so ungern ich das auch hätte. Dieser Streit amüsierte mich ein wenig. Doch die Lautstärke zu solch einer frühen Zeit war wirklich unmenschlich. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sich Nachbarn beschweren kamen. Und dies war bestimmt der erste jener. Doch ich würde ihn schon irgendwie freundlich abweisen können. Mit müde genervtem Blick und meiner Kaffeetasse in der Hand öffnete ich die Haustüre.

Zu meiner Überraschung fand sich dort keine einzige Person. Die Straße war wie leergefegt; keine Menschenseele war an diesem Morgen unterwegs, weder zur Arbeit noch sonst wohin. Verwirrt trat ich einen Schritt hinaus in die frische Kälte, um besser die Straße überschauen zu können. Nicht einmal fahrende Autos konnte ich ausmachen. Doch viel mehr verwirrte mich nun, wer denn eigentlich die Klingel betätigt hatte?

Dass ich mich verhört hatte, konnte unmöglich sein. Klar und deutlich hatte ich den Ton vernommen gehabt.

Gerade wollte ich wieder hineintreten, in die warme Wohnung, um weiter meinen Kaffee zu trinken und dem nervigen Ehepärchen zu lauschen, als ich eine Stimme vernahm.

»Hallo Kätzchen.«

★? Danke!

roses are slowly dyingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt