monster

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Kurzzeitig erinnerte ich mich daran, dass Sam keine Ahnung hatte, wer vor ihr stand. Wahrscheinlich dachte sie wirklich, ich wäre irgendeine Hure; aber eine ziemlich gut Aussehende.

Nun gut, egal ob sie interessiert an mir war, oder doch bloß ihre Arbeit erledigte, es wäre wohl besser, wenn sie vorerst nicht erfahren würde, dass ich Allie war. Jene Allie, welche sie damals ohne eine Nachricht verlassen hatte.

Zu meiner Verteidigung: Es war nicht nur sie gewesen, welche ich zurückgelassen hatte, und eine Wahl hatte ich schließlich auch nicht gehabt. Meine Intension stand im Vordergrund, dass ich sie alle beschützen wollte, vor dem schwarzäugigen Monster. Ein wenig Schuld verspürte ich gewiss, und es trieb mir die Dunkelheit und den Kummer in die Seele, wenn ich an damals dachte.

Doch inzwischen hatte ich gelernt, mit dem Verlust umzugehen.

Eigentlich hatte ich all die Menschen von früher bereits abgestempelt, so als wären sie gestorben und würden mir nie wieder über den Weg laufen.

Doch nun stand nach all den Jahren Sam abermals vor mir. Unter all den Personen, musste es natürlich genau Sam sein, welche sich in mein Leben verirrte.

Das Monster hätte sie damals in die Dunkelheit gezogen, ohne mit der Wimper zu zucken, wenn ich nicht gegangen wäre. Mein plötzliches Verschwinden war sicher sehr hart für sie gewesen. Gerade hatte ich ihr noch mein Herz zu Füßen gelegt, und dann verschwand ich ohne weiteres.

Aber ich konnte es besser ertragen, selbst verwandelt zu werden, in solch ein abscheuliches Viech, als dass meinen Liebsten etwas zustoßen würde.

Meine Liebsten, was rede ich.

Vielleicht war ich auch einfach egoistisch gewesen, und bin es noch immer, da ich niemandem von der Gefahr erzählt, sondern mich ihr einsam gestellt hatte. Es war schließlich allein meine Schuld gewesen, dass Jordan diese Wunden verteilte.

Ich wollte es gut machen, jap.

Aber so bin ich eben; ein sehr egoistischer und selbstverliebter Mensch, ohne jegliche Hoffnung im Herzen. Eine zweite Chance, mit welcher es mir möglich wäre, ein normales Leben zu beginnen, hatte ich nicht verdient. Und den insgeheimen Wunsch nach Erlösung hatte ich inzwischen auch aufgegeben.

Wenn ich mich Sam nähern würde, dann würde ich sie ebenfalls in meine dunkle Welt mit hineinziehen. Mein Gewissen ließ mich tatsächlich zwischen Lust und Verstand entscheiden.

Doch in der aktuellen Situation musste ich mich erst einmal aus diesem Chaos befreien. Ich würde mich ganz sicher nicht von irgendjemandem ausfragen oder festhalten, geschweige denn abtasten lassen. Sofort schoss mir eine Idee durch den Kopf, welche sowohl meinen Spieltrieb und die Lust befriedigen, als auch ihr eine Lektion erteilen würde.

Vorher waren unsere Lippen sich sehr nah gewesen, doch Sam hatte es mir sowie ihr verwehrt gehabt, die letzte Lücke zwischen uns zu schließen. Dies hatte sie sicher nicht ohne Grund gemacht. Ihr Auftrag war es, mich in eine Falle zu locken, indem sie mich anscheinend teils verführte umso an gewisse Stellen meines Körpers zu kommen, oder mir die Worte aus dem Mund zu locken. Sicherlich stellte Sam eine Gefahr dar, doch ich war recht selbstbewusst und winkte diesen Fakt lediglich beiseite. Die Drogen würde sie schon nicht finden, und so hatte sie nichts in der Hand gegen mich.

Doch sicher würde Sam es nicht unterschreiben, wenn ich die klar gesetzte Linie ihrerseits bewusst überschreiten würde, um sowohl ihr als auch ihren Kollegen eine angenehme Show zu bieten. Mich nicht zu vergessen. Ich wollte unbedingt ihre Reaktion erfahren, und ob sie so strikt mit sich selbst war, dass Sie folgende Aktion meinerseits verwehren würde.

Gerade öffneten sich Sams rote Lippen einen kleinen Spalt, um wahrscheinlich zum Sprechen anzusetzen. Eilig schob ich meinen Gedankenfluss beiseite. Ich wollte mir in diesem Moment ganz sicher nicht anhören, wie verkorkst ich war, oder ob ich ihr ein paar Drogen anzubieten hätte. Die Droge war ich, und das musste sie wohl schweren Herzens akzeptieren.

So legte ich geschwind meinen Zeigefinger an ihre Lippen, welche sich sehr weich anfühlten, und außerdem sehr gepflegt waren. Kurzzeitig schien sie ein wenig verblüfft von meiner plötzlichen Aktion, da sie gerade noch etwas sagen wollte, und nun von mir unterbrochen worden war, auf eine unübliche Art und Weise.

Folgend fasste sich Sam kurze Zeit an ihr Ohr. Ich konnte einen kleinen Funkknopf ausmachen, welchen sie nun allem Anschein nach ausgeschaltet hatte.

Damit hatten sich wohl meine Vermutungen bestätigt. Sie war momentan hundertprozentig im Dienst. Doch dies stoppte mich nicht davor, noch weiter zu gehen.

Langsam senkte ich meine Hand, weg von ihrem hübschen Gesicht. Der intensive Blickkontakt blieb bestehen, und ich rang mit meiner selbst, ob ich nun endlich meine Lippen zu ihren führen sollte.

»Wer bist du?«, hauchte sie leise.

★? Danke!

roses are slowly dyingWhere stories live. Discover now