XV. pfeilspitze

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Triggerwarnung!
Tierquälerei sowie pure Gewalt beinhaltet.

Ich erstarrte in meiner Bewegung und wagte es kaum zu atmen. Konnte das wirklich wahr sein?

»Ich hoffe, du hast deinen Kurzurlaub genossen.«

Gerade noch war ich frei wie ein Vogel, und hatte Zukunftspläne geschmiedet, da tauchte er erneut aus dem Nichts auf, und stellte mir ein Bein. Ich fiel den Abgrund hinunter und schlug hart auf, in der Erkenntnis, dass ich niemals frei gewesen war. Mein Wunschdenken hatte sich in meinen Kopf eingebrannt, sodass es sich kurzzeitig so angefühlt hatte, als könnte ich fliegen. Doch nun erstickte mich erneut der schwarze Teer und raubte mir die Leichtigkeit. Ich wurde eingemauert in diesen Moment.

Die Kieferknochen schnitten mit eisiger Kälte in mein Fleisch. Mit langsamen Schritten kam er auf mich zu. Diese Augen verleiteten mich dazu, nie wieder aus deren Käfig ausbrechen zu wollen, egal wie sehr sich mein Geiste nach einem Kampf sowie der schlummernden Freiheit sehnte. Ich war verloren.

Meinen letzten Versuch nutzte ich, mich schnell umzudrehen um zur Tür zu eilen und diese zwischen ihm und mir zu verschließen. Doch vergeblich. Die starke Hand packte mich und ließ mich hart auf den steinigen Boden aufschlagen. Ich keuchte vor Schmerz, trat und schlug um mich, doch keine meiner Handlungen vertrieb die wahrhafte Einbildung dieses Monsters.

Ehe ich's mich versah saß ich in einem schwarzen Auto, zusammen mit Jordan und drei anderen Männern, welche mich sowohl begehrend, forsch als auch sehr aufmerksam betrachteten. Ich war inzwischen nicht mehr im Stande dazu, mich zu bewegen oder den Willen aufzubringen, aus dieser schwarzen Hölle auf Rädern zu entfliehen. Zu sehr schmerzten mir bereits meine Gelenke, aufgrund der soeben durchlebten Anstrengung, dem Schmerz und jenem Verlust meiner soeben erst zurückerlangten Einsamkeit. Ich hatte sie nicht geschätzt, sowie keines Blickes würdigen wollen, da ich der festen Überzeugung war, dass sie nur auch ein Teil des Übels dargestellt hatte.

Aber nun bemerkte ich, wie gern ich nun einfach einsam und unerhört an einer ruhigen Stelle der Erde sitzen würde, ohne dass sich Augenpaare auf mich richteten und deren Gedanken sich um mich drehten.

Abermals schauderten mich meine Gedanken an meine undankbare Person. Ich ganz allein hatte mich in diese Situation gebracht, da ich nicht aufmerksam genug vorgegangen und ebenfalls zu dumm dafür gewesen war, zu realisieren, dass Jordan mich niemals hätte einfach so gehen lassen.

Stumm blickte ich aus den getrübten Scheiben des Autos. Häuserreihen zogen eilig daran vorbei, welche mir unbekannt erschienen. Meinem schlechten Orientierungssinn war es zu verdanken, dass ich bereits nach einigen Minuten nicht mehr wusste, wo wir waren. Ich fragte mich, wo wir nun hin fahren würden. Zurück in die alte Welt der vertrauten Clubs, wo man uns kannte? Oder zwang mich dieser Mann in eine neue Umgebung, weit entfernt von den langsam verblassenden Erinnerungen an Sam.

Ich spürte sich eine kalte Hand mit meiner verschränken, welche soeben noch kraftlos neben mir gelegen hatte. Nun hatte Jordan, der neben mir auf der Rückbank saß, seine Finger mit meinen verschlungen und verschloss meine kleine, recht zierliche Hand hinter jener klobigen Mauer aus Haut und Schmutz. Ein unangenehmer Druck wurde ausgeübt, welcher sich in meinen Magen auszubreiten schien, denn ich musste mich zusammenreißen, meine Magensäure in meinem Körper zu behalten. Ich war nicht im Stande dazu, meine Hand aus seinem Griff zu lösen. Ein wenig Panik überkam mich, welche sich aber nach einigen Minuten wieder legte. Der Griff hatte zu meinem Glück auf Dauer nachgelassen, sodass ich nun, wenn ich wollte, meine Hand mit einem Ruck aus dieser seltsamen Geste befreien konnte.

Angespannt beäugte ich die Situation. Soeben hielten wir an einer roten Ampel. Dies war vielleicht meine letzte Chance, diesem Psychopathen und seinen Handlangern zu entfliehen und nie wieder unter solch qualvoller Kontrolle stehen zu müssen.

Hektisch fanden meine Finger die Türklinke und drückten eilig die Türe auf, um mich anschließend eilig nach vorne zu stürzen, sodass ich dem Griff Jordans entfliehen konnte, sowie diesem stickigen Automuff. Ich kniete fassungslos auf der Straße, und konnte meinen überstürzten Mut kaum glauben. Die Tür hätte genauso gut verriegelt sein können.

Wie in Zeitlupe spielten sich folgende Handlungsfetzen in meinem Kopf ab, obwohl es nur Sekundenbruchteile waren, welche über meine Zukunft entschieden.

Ich rannte um mein Leben, hinfort von der Straße. Jeder Muskel schmerzte und meine Beine schienen jeden Moment unter dem plötzlichen Gewicht meines schwachen Körpers nachzugeben. Doch auch meine Verfolger waren nicht langsam von Begriff. Jordan fluchte laut und war mir in Windeseile nachgerannt, um mich erneut unter seine Gewalt zu bringen.

Meine Lunge brannte kalt und jede einzelne Ader meines Körpers arbeitete auf Hochtouren. Die nackten Füße verkrampften sich bei jedem Schritt auf dem dreckigen Stein unter ihnen, doch dieser Schmerz beflügelte mich nur noch mehr, aus dieser kargen Welt zu entfliehen. Ich war in meinem Leben noch nie so schnell gerannt, mit solch einer willensstarken Zielsetzung und ohne jemals an mir zu Zweifeln - doch auch diese Anstrengung war nicht genug.

Ich wurde gepackt und auf den Boden gerungen. Der steinige Untergrund rammte sich in mein weiches Fleisch und hinterließ einige Verletzungen an Wangenknochen sowie Knie. Hart schlug ich auf und spürte sofortig ein Gewicht auf meinem Rücken. Meine Ohren in einer Trance, gänzlich taub, empfingen lediglich ein lautes Piepen.

Kraftlos lag ich an jenem Ort und musste mir diese Erniedrigung gefallen lassen; Jordan halb auf mir kniend, um mich somit unter seiner Kontrolle zu behalten. Sehr unsanft wurde ich folglich auf meine Beine gezerrt. Die Männer schleiften mich aus jener Gasse hinaus zu dem Auto, welches ich so verabscheute.

Ein Kläffen ertönte, begleitet von lautem Autohupen, bevor wir die Gasse verlassen konnten. Der Hund, welcher mir in vergangenen Nächten zur Seite gestanden hatte, rannte mutig auf uns zu. Sein Fell war noch immer gänzlich zerzaust, sowie die Beine recht mager. Ich wünschte ihn in diesem Moment weg von hier, an jeden anderen Ort der Welt, bloß nicht in diese Gasse.

Ihm sollte kein Leid geschehen, das wünschte ich mir von Herzen - doch verhindern konnte ich es nicht als er sich auf einen der Männer schmiss und ihn schmerzvoll attackierte, sodass dieser ihn von sich hinfort trat und wild beschimpfte.

»Scheiß Köter, was zur Hölle!«, rief er fluchend aus, und hielt sich mit schmerzverzogenem Gesicht seinen Oberschenkel. Wimmernd saß jener kleine Helfer nun in der Ecke und zog ängstlich den Schwanz ein.

Meine Glieder wurden schwer und jenes herzzerreißende Szenario entfachte Flammen in mir. Diese nahmen Übermaß an, als der Mann zu einem erneuten Tritt ansetze. Wild schrie ich um mich, als die harte Schuhsohle den Hund in seine Rippen traf. Ich kämpfte fluchend und schlug um mich, bis ich mich kurzzeitig von jenen Männern lösen konnte, welche mich festhielten. Schluchzend fiel ich vor dem Mann auf die Knie, um somit den Hund in meinem Rücken zu beschützen. Dieser Kampf hatte mir meine letzte Kraft geraubt, weshalb ich nichts weiter tun konnte, als um Erbarmen zu flehen. In war an dem Punkt angekommen, an welchem mir mein eigenes Wohl egal wurde. Sollten sie mich doch mitnehmen und für den Rest meines Lebens dazu zwingen, für sie zu arbeiten. Doch diesem unschuldigen Hund konnten sie nicht auch noch den Tod einhauchen.

Überall, wo sie hinkamen, verbreiteten sie Schmerz. Mein Hass auf jene schrecklichen Menschen, an der obersten Spitze Jordan, welcher das Spektakel lediglich gelassen beäugte, wuchs in diesem Moment bis ins unendliche an.

»Mistkerl«, raunte ich spottend und spuckte ihm vor die Füße. Dieser Ausruf verließ lediglich zerbrechlich meine Lippen, doch als sich die Augen meines Widersachers weiteten, so wusste ich, dass er es klar und deutlich verstanden hatte. Ich musste mich zusammenreißen, nicht an Ort und Stelle umzukippen, so sehr war ich mitgenommen von den letzten Minuten.

Er hob den dreckigen Schuh und trat mir damit schmerzvoll in mein Gesicht. Ich keuchte auf. Dann verblassten die Umrisse jener Männer und mein Geist wurde in endlose Schwärze katapultiert.

★? Danke!

roses are slowly dyingWhere stories live. Discover now