erfüllung

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Männer sind echt zum kotzen. Sie prägen das Leben der alleinig verzweifelten Frauen, welche sich nach nicht viel sehnen, außer der Tatsache, Erfüllung in jenem Menschen zu finden, welchen sie dominieren. Es mag wirklich schrecklich erscheinen, das zu verallgemeinern, doch in Bezug auf meine Erlebnisse wollte ich inzwischen nicht mehr differenzieren; zwischen Gut und Böse.

Schnellen Schrittes lief ich an einigen Gassen vorbei, ohne ein wirkliches Ziel anstrebend, einfach nur meinen Gedankenströmen nacheilend, welche von dem leichten Wind verweht wurden. Es roch nach Regen und auch die Farbnuancen des Himmels versprachen eine Ankündigung der baldigen Dunkelheit durch jene von Verlust geprägte, weinende Gewitterwolken.

Meinen Kopf durchrauschten tausende ungefilterte Gedanken. Auf einmal versetzten diese mich zurück in meine Vergangenheit, und mit Scham vor meiner selbst schlug ich mir die Hand vor den Mund. Was hatte ich soeben noch gedacht? Verwirrende Unwahrheiten. Was war nur aus mir geworden und wieso trieb mich meine Gehässigkeit der Gegenwart dazu an, solch verwerfliche Gedanken zu formulieren?

In meinem Innersten beäugten mich einige Augenpaare, verzweifelt nach mir greifend doch unerreichbar. Ich streckte meine Hand nach vorn, mit dem Ziel, die kleine Kinderhand in meiner zu fühlen. Doch bevor ich sie erreichen konnte, verschwand das Bildnis Liam's in meinem Innersten in unumgänglicher Dunkelheit. Meine Augen blinzelten ungläubig, verzweifelt versuchend das eben erlebte für einen kurzen Moment die Eingebung etwas länger festzuhalten und den kleinen Mann zu betrachten. Was wohl aus ihm geworden war, fragte ich mich.

Nun rannte ich auf einmal los, getragen von meinen Beinen. Ohne Acht zu geben auf meine Umgebung versuchte ich zu fliehen vor dem Unwetter, welches langsam aber sicher über mir aufzog. Ungehalten stürmte ich über die Straße und fühlte mich frei. Es war, als würde ich in die Arme einer geliebten Person laufen wollen. In Adam's Arme.

Ihn an meiner Seite zu haben, würde mir nun sehr helfen. Doch wahrscheinlich würde er mich nur verächtlich ansehen und von sich stoßen, aufgrund meiner Gedankenwelt und den Taten der Person, zu welcher ich geworden war. Es war einige Zeit her, als er mir tagtäglich seine innige Liebe geschenkt hatte. Ich war jemand anderes gewesen, in diesen Zeiten.

Und sicherlich würde er mich in dieser verschiedenen Welt nicht einmal mehr erkennen, wenn überhaupt wahrnehmen, als menschliches Wesen an seiner Seite.

Nein, denn ich hatte ihn verlassen, sowie meine Mutter und Liam.

Ebenfalls Sam.

Ich hatte sie alle verlassen, und sie mussten zusehen, ihr Leben ohne mich fortzuführen und so zu tun, als wäre nichts passiert. Denn sonst würden sie sich selbst ins Verderben stürzen.

Sie hatten weiter gelebt, während ich in dieser Unendlichkeit festgesteckt hatte. Und nun war der Auslöser dieses Lebensabschnittes fort, und ich zurück in der Realität angelangt. Ich sollte mich wirklich nicht wundern. Ich war die Fremde in dieser Welt. Die anderen hatten bloß versucht, ihr Leben zu leben und das Beste daraus zu machen. Deswegen konnte ich es Sam wohl nicht übel nehmen, dass sie jemanden an ihrer Seite hatte. Es wäre sinnlos gewesen, auf mich zu warten. Doch ich hätte es mir gewünscht.

Kaum war der eine Mann, welcher Jahre lang das Leben gehemmt hatte, verschwunden, tauchte ein anderer auf, welcher das soeben neu zurück erlangte Lebensglück bremste und langsam ersticken ließ.

Leichte Tropfen fielen auf mein Haar, welches mir wild über die Schultern fiel. Der Wind rüttelte an meiner Seele, mich von diesem Ort zu lösen und endlich Sicherheit zu suchen in einer Welt, in welcher ich Willkommen war. Fluchend ließ ich meine Zigarette fallen, nachdem ich bemerkt hatte, dass diese seit einiger Zeit bereits verloschen war.

Nun fing es endgültig an, in Strömen zu schütten.

Meine Haut bebte unter den Impulsen der kleinen Tropfen, welche mein T-Shirt komplett durchnässten und versuchten, in mein Inneres zu kriechen, um sich dort zu den verlorenen Tränen der vergangenen Zeit zu gesellen und einen einzigen See aus Vergänglichkeit und Schwärze zu bilden. In meinen Tagen der Schwäche würde sich dieser See nicht an der Schale meiner Persönlichkeit sichtbar zeigen, sondern lediglich in jenen der Stärke.

Und dies war der Grund, weshalb das Wasser in mir bereits so sehr angestiegen war, dass es mich fast ertrinken ließ.

Meine Tage der Stärke konnte ich an einer Hand abzählen. Wenn es sie überhaupt gab.

Ich war nur noch ein schwacher Haufen, durchnässt auf einer verlassenen Straße stehend, und trauernd in den Himmel blickend, mit aller Kraft versuchend, den Frust aus meinem Körper zu verbannen. Doch es gelang mir nicht, sondern lediglich die erneute Beschwörung meiner eigenen Verwerflichkeit des Momentes. Dies bewegte mich dazu, mich langsam aber sicher aus meiner Starre zu befreien und einen Schritt vor den anderen zu setzen, um meinen Weg fortzusetzen, welchen ich begonnen hatte.

Ich musste lernen, mit Schmerz umzugehen. Meine Methoden mögen verwirrend für Außenstehende erscheinen, und das waren sie sicher auch, doch mir halfen sie. Einmal all meine Gedanken zusammen zu raffen und vergeblich versuchen diese zu sortieren. Dies ist meine Herangehensweise, Ereignisse richtig zu realisieren, objektiv zu betrachten und daraus Schlüsse zu ziehen.

Meinen Entschluss, welchen ich aus vergangenen Handlungen fasste, war nun die Akzeptanz. Ich würde den Mann an Sam's Seite akzeptieren müssen, ob ich es wollte oder nicht.

Doch dann würde sie ebenfalls meine Präsenz akzeptieren müssen, denn sie hatte mich in ihre Wohnung gebeten. Ich hatte keine andere Möglichkeit, bei Bekannten unterzukommen.

Deshalb musste ich wohl oder übel zurück in dieses Loch kriechen und lernen, mit meinen Gefühlen umzugehen. Es würde sicherlich schmerzen, Tag für Tag, und die Wut wird nur schwer zu beherrschen sein, doch dies war momentan meine einzige Möglichkeit, zu überleben. So nah an Sam's Seite, wie nur irgendwie möglich. Ich musste sie beschützen, und sie mich. Vor meinen Gedanken und den Handlungen der Trauer meines inneren Farbenspiels, welches lediglich aus Graufarben bestand, und ein paar Tropfen roten Blutes.

Durchnässt stand ich erneut vor der großen Türe, verzweifelt mit meiner Körperkontrolle ringend, ob mein Finger die Klingel finden möge; oder auch nicht.

★? Danke!

roses are slowly dyingWhere stories live. Discover now