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Yaren

Er schloss die Tür hinter sich und wir liefen langsam nebeneinander die Straße hinunter. Als mir was schockierendes einfiel, blieb ich erschrocken auf der Stelle stehen.
Emre blieb ebenfalls stehen und sah mich fragend an.

„Oh mein Gott, meine Brüder!", hielt ich meine Hände vor meinen Mund. Ich bin tot!
„Was?! Wo?!", sah sich Emre panisch um. „Nein, nicht so! Ich war die ganze Nacht lang über nicht zu Hause! Sie bringen mich um!", bekam ich schon Angst allein wenn ich dran dachte.

Mein Handy hatte ich gestern Nacht bei Enes zu Hause vergessen. Ich konnte mir vorstellen wie meine Brüder mich mit Nachrichten und Anrufen bombardiert hatten. „Du sagst einfach, dass du bei einer Freundin geschlafen hast", meinte Emre gelassen, während ich weiter Paranoia schob.

Vielleicht geschieht ein Weltwunder und ich überlebe es. Arda würde mich noch verschonen, doch Berat und Tarik...
Ich bin Tod. Es gibt kein Weltwunder.

„Yaren?", hörte ich eine bekannte Stimme und spannte mich automatisch an. Andy. Er hatte mir noch gefehlt. Es war seine Schuld. Er war dran beteiligt.
Er hatte Enes das ganze Geld gegeben. Ich drehte mich zu ihm, während Emre es mir gleichtat.

„Andy", kam es kalt und finster von mir. Ich hatte aus meiner jetzigen Situation etwas gelernt.
Man sollte stets kalt und distanziert bleiben. Sobald ich nett war, wurde ich verletzt. Nett zu sein war nichts gutes, das hatten mir manche Menschen hier in Rüsselsheim deutlich gezeigt.

„Sagt dein Freund nichts dazu, dass du so früh am morgen aus der Wohnung fremder Typen rauskommst?", versuchte er mich zu provozieren. Wusste er, dass ich alles herausgefunden hatte?
Emre neben mir spannte sich an und wollte auf ihn losgehen, doch ich zog ihn an seinem Arm zurück. Er war ein netter und ruhiger Junge, er sollte sich nicht in meine Angelegenheit einmischen.

Vielleicht war Emre der Einzige, der mich noch nie belogen hatte. Der Einzige, dem ich vertrauen konnte. So behindert wie ich war, hatte ich mich damals von ihm distanziert nur weil Enes ihn nicht mochte. Wie dumm ich nur war...

„Wir sind nicht mehr zusammen", kam es von mir ohne eine Emotion in meinen Augen. Ich hatte gelernt meine Gefühle nicht zu zeigen. Innerlich herrschte ein Krieg in mir, doch äußerlich ließ ich mir nicht anmerken. Gefühle brauchte man nicht, sie verletzten einen Menschen nur.

Andys Lachen verschwand und er sah mich überrascht an. Er wusste es also nicht.
„Ihr seid nicht mehr zusammen? Aber Enes...Aber...Wie lange wart ihr überhaupt zusammen?", kam es direkt von ihm. Mir war es völlig egal, dass ich Enes gerade verriet. Vielleicht würde Andy jetzt sein Geld von ihm zurück verlangen.

„Wer ist das Yaren?", fragte Emre.
Andy war nicht bekannt hier in Rüsselsheim. Vielleicht wohnte er nicht einmal hier. Ich hatte ihn nur einmal gesehen, dennoch kam er mir jedes mal so bekannt vor. „Ich geh dann mal", wechselte er seine Blicke von mir zu Emre, bevor er sich stumpf umdrehte und ging. Er hatte seine Antwort bekommen und würde jetzt wahrscheinlich zu Enes gehen.

Ich sah ihm hinterher. Warum kam er mir wieder so bekannt vor? Ich kannte ihn doch gar nicht oder?
Ich verengte meine Augen und versuchte mein Gehirn anzustrengen.

Ihr Hunde, fasst mich nicht an!", zischte ich beiden zu, doch sie lachten mich nur aus.
„Wir wollen dich doch nur kennenlernen...Wie heißt du denn?", kam es von dem Blondhaarigen.
„Andy hast du das gehört? Die Kleine kann ja doch reden", lachte der Schwarzhaarige hässlich.
„Ihr Hurensöhne, fasst sie noch ein einziges mal an und ich ficke eure ganze Generation ihr Bastarde", knurrte er hinter mir.
„Enes Bruder, du hast uns falsch verstanden. Wir wollen nur-", versuchte der Blondhaarige sich rauszureden.
„Wir werden später noch reden! Jetzt zischt ab amk!", rief Enes wütend.

„NEIN!", schrie ich auf als alte Erinnerungen sich wie ein Film vor meinen Augen abspielten. Andy war es! Andy hatte mich belästigt! Enes hatte mich gerettet! Aber sie waren doch Freunde? Sie hatten doch eine Wette? War...War die Belästigung etwa geplant?! War das auch ein Spiel?!

„Yaren? Was ist los?!", fragte Emre besorgt, während ich mich an der Wand abstützte. „Nein, das würde er mir nicht antun. So schlimm kann er nicht sein. Nein, nein, nein", kamen mir erneut die Tränen hoch. Er hatte doch nicht seinen Jungs befohlen mich zu belästigen! Enes war erbärmlich, aber so tief würde er doch nicht sinken oder? Enes würde sowas nicht machen oder?

„Yaren! Was ist los?!", schüttelte mich Emre an meinen Schultern, doch ich nahm nichts wahr. Das würde er nicht tun. Das würde er nicht wagen. Er hatte mich für Geld ausgenutzt, ja. Aber soweit würde er nicht gehen. Nein. Niemals.

Sie strengt etwas ihr Gehirn an und kommt auf die Wahrheit 🤧
Was wird Andy jetzt machen? Wo ist Enes? Ich glaube Yaren hat genug gelitten. Es wird Zeit, dass die anderen etwas leiden oder?

Gute Nacht 🧸

Alles ist Para - Mero 428Where stories live. Discover now