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Yaren

„Enes! Wach auf! Enes! Nein! Nein!", schüttelte ich ihn kräftiger, doch er reagierte nicht darauf.
Als würde mir jemand gerade einen Messer ins Herz rammen, fühlte ich wie mein Inneres anfing zu bluten. W-War das jetzt unser Ende? Für immer? Ist er jetzt weg?

„Du...Du...Enes...Wach bitte auf! Wo bleibt der Scheiß Krankenwagen?!", schrie ich beide an, die uns stumm beobachteten.

„Scheiße, ich komme ins Gefängnis", fuhr sich Berat nervös durch die Haare, bis mir klar wurde, was er da gesagt hatte.
Sofort richtete ich mich auf und stürmte auf ihn los, während ich mit meinen Fäusten gegen seine Brust schlug.

„Du hast ihn umgebracht! Du-...Du bist ein M-Monster!", schrie ich meine Seele aus dem Leib und verlor langsam den Boden unter meinen Füßen.
War das ein Alptraum? So durfte es doch nicht enden?!

Ich weinte bitterlich und sank zu Boden, während sich alle Erinnerungen zwischen Enes und mir in meinem Kopf abspielten. Unser erstes Treffen, unser erster Kuss, unser erster Streit, unser Liebesgeständnis...
Alles.

Plötzlich ertönte ein Lachen, welches von Berat kam. Ich sah zu ihm hoch und beobachtete ihn dabei wie er mich auslachte. Gerade als ich darauf reagieren wollte, ertönte auch das Lachen von der Schlampe, die auf dem Bett saß und ihre Tränen wegwischte. Was zum...?

„Wie süß sie sich Sorgen um mich gemacht hat", kam es plötzlich von Enes, der sich hinter mir aufrappelte und über die Klamotten strich. Ich erhob mich langsam und sah zwischen den drei Gesichtern hin und her. Was zum Fick ist hier los?

„Mir gehts gut mein Engel", legte er seine Hände auf meine Wangen und wischte mir meine Tränen weg. Ich war gerade nicht in der Lage dazu auf irgendwas irgendwie zu reagieren.
„Das waren Platzpatronen", erklärte Berat und hob die Pistole wieder hoch.

Also war das Farbe und kein Blut? Ich wurde verarscht? Er ist gar nicht Tod?! Sofort schubste ich ihn von mir.
„Seid ihr eigentlich noch dicht im Kopf?! Ich bin fast gestorben! Was ist das bitte schön für ein Prank?! Sind wir hier im Kindergarten?!", rastete ich zurecht aus und schrie beide an.

„Gib zu Schwesterherz, ich habe so gut geschauspielert", gab Berat immer noch an und brachte mich somit noch mehr auf 180.
„Hör mir doch erstmal zu", kam Enes wieder auf mich zu, doch ich ging ein Schritt zurück.
„Komm mir nicht näher! Du hast mich betrogen!", hob ich meine Hand und sah das Mädchen an, welches mich unschuldig anlächelte.

„Sie gehört zum Plan. Sie ist eine Theaterschauspielerin", erklärte mir Berat. Was zum...?
Also war das auch vorgespielt?
Aber warum?! Wieso macht es ihnen Spaß mich fast umzubringen? Beide sind 23 Jahre alt, warum benehmen sie sich so kindisch?!

„Du...Du kennst mich Yaren. Du weißt, dass ich nicht der romantischste bin. Ich wollte dir etwas unvergessliches vorbereiten. Etwas was du nicht so einfach vergisst", kramte Enes eine rote Schachtel aus seiner Hosentasche und hielt es mir entgegen. Warte... Was?

„Heirate mich", sah er mich mit seinen braunen unschuldigen Augen an, in welche ich mich jedes mal verlor, doch diesmal würde ich nicht so einfach nachgeben. Ich sah zwischen dem Schachtel und ihm hin und her. Was war das bitte schön für ein Heiratsantrag?!

„Sag ja!", feuerten mich Berat und die Schauspielerin an, doch ich war da ganz anderer Meinung. Erst hatten sie dafür gesorgt, dass ich fast einen Herzinfakt hatte und jetzt wollten sie, dass ich "Ja" zu seinem Heiratsantrag sagte?
Enes hatte recht! Es war unvergesslich!

„Nein!", betonte ich es extra und verließ das Zimmer, während Enes mir hinterherlief und sich vor mich stellte. „Wie nein?", fragte er verwirrt.
„Ich heirate dich nicht!", wiederholte ich es extra und ging die Treppen nach unten.

„Doch, du heiratest mich! Es war gar keine Frage, es war ein Befehl!", stellte er sich erneut vor mich. Ich zog überrascht eine Augenbraue in die Höhe.
„Achso, jetzt möchtest du mich auch noch zwingen dich zu heiraten? Bravo Enes", lachte ich ironisch auf und drängte mich wieder an ihm vorbei.

„Ich liebe dich Yaren. Ich...Ich weiß, dass du jemand besseren verdient hättest, aber ich bin zu egoistisch um dich zu verlassen. Ich brauche dich. Ich möchte eine Familie mit dir gründen, ich möchte mir dir alt werden. Ja, ich gebe zu, ich bin ein Arschloch, ich mache oft Fehler, ich breche dir unabsichtlich das Herz, aber ich...", unterbrach er sich selber. Überrascht drehte ich mich zu ihm. Seit wann konnte er so süß sein?

„Du?", forderte ich ihn auf weiterzureden. „Ich liebe dich. Und nichts, wirklich nichts und niemand kann dich ersetzen", sagte er ohne zu zögern.
Ein Lächeln umspielte meine Lippen. Genau das was ich hören wollte...

„Ich liebe dich auch, wo ist mein Ring?", fragte ich lächelnd und streckte meine Hand aus. Er weitete seine Augen und kramte sofort die Schachtel mit dem Ring heraus.
Wir heiraten? Wir heiraten.

„Bruder seit wann bist du so schwul?", beobachtete Berat uns angewidert. Ich drehte mich zu ihm und funkelte ihn wütend an. „Bist du nicht derjenige, der Gül Liebesbriefe geschrieben hatte?", konterte ich und sah dabei zu wie er verblasste.

Enes prustete augenblicklich los: „Und dann nennst du mich schwul?"
Berat zog wütend seine Augenbrauen zusammen.
„Damals war ich 19 und etwas schwuler unterwegs. Na und?! Außerdem was geht euch das an?! Guckt euch selber an!", verschränkte er beleidigt seine Arme vor der Brust.

Ich war so froh, dass jetzt alles perfekt verlief. Unser Leben war zwar oft chaotisch und dramatisch, aber wir hatten Spaß dran. Damals hätte ich niemals gedacht, dass ich Enes irgendwann mal heiraten würde.
Heute kann ich ohne diesen Jungen nicht einmal mehr leben.

Das war meine Geschichte.
Es war unsere Geschichte.

ENDE

Alles ist Para - Mero 428Where stories live. Discover now