𝑿𝐼𝑽

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𝔐 𝔞 𝔡 𝔢 𝔩 𝔢 𝔦 𝔫 𝔢

Den Weg nach Hause legte ich zu Fuß zurück. Die Sonne ging bereits unter und kleine Dampfwolken bildeten sich beim Ausatmen. Ich schlang den Schal enger um meinen Hals und vergrub meine Hände in meinen Manteltaschen.

Ich hatte den gesamten Tag damit verbracht im Café zu sitzen und dennoch war ich verdammt müde.

Ich mied den Haupteingang und band mir den Weg durch die Sträucher und Tannenbäume.

Als Kind entdeckte ich diesen Weg und er führte direkt zum Anwesen.

Ich schob den letzten großen Zweig aus dem Weg und blickte auf die linke Seite des Gebäudes. Das Fenster meines Zimmers stand offen und es drang Licht heraus.

Ich hatte Sophie und Garret angelogen und behauptet krank zu sein. Danach hatte ich mich aus dem Fenster geschlichen.

Ich wollte nicht zu Hause eingesperrt bleiben.

Mein Fenster lag im ersten Stock weshalb es leicht zu erreichen war mit der Leiter. Ich zog die Leiter aus dem Laubhaufen und platzierte sie neben dem Fenster. Dann kletterte ich hoch, sprang in mein Zimmer und ließ die Leiter wieder hinunterfallen. Ich zielte auf den Laubhaufen doch zu meinem Pech fiel sie mit einem lauten Knall daneben.

Ich zuckte bei dem lauten Geräusch zusammen.

Scheiße!

Ohne zu zögern warf ich meinen Mantel, Schal und Schuhe in mein Kleiderzimmer und als ich wieder heraustrat wurde meine Tür bereits aufgerissen.

Sophie trug eine rosarote Kochschürze und auf ihrem Gesicht klebte etwas Mehl. Ihre blonden Haare waren total zerzaust und ihre Augen geweitet.

„Alles in Ordnung, Miss? Ich habe etwas lautes-„

„Mhh?" ich lehnte mich gegen die Wand und sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.

Sie blickte auf mein gelocktes Haar und das aufgetragene Make-Up „Hatten Sie nicht gesagt, Sie wären krank?"

Ich zuckte zusammen und wedelte mit der Hand „Ach das?"

Ich spielte nervös mit einer Locke „Ich wollte doch nicht wie ein Zombie beim Abendessen aussehen."

Sophie schien keinem einzigen Wort Glauben zu schenken, nickte aber und verschwand mit dem Satz „Das Essen ist in 20 Minuten fertig."

Als sie hinter sich die Tür schloss, atmete ich erleichtert aus.

Warum konnte ich fremde Menschen so gut anlügen aber wenn es um Freunden und Familie ging, war ich eine miserable Lügnerin.


„☁️"


Später am selben Abend, saßen Sophie und ich gemeinsam am Esstisch. Ich erzählte ihr von der Party und dem Kerl der versucht hatte Asami zu entführen, und Sophie versprach meinem Vater nichts davon zu erzählen. Sophie und Dad würden niemals etwas anfangen, aber Sophie übernahm die Roller meiner Mom ziemlich gut.

Ich hatte sie gebeten mich nicht mehr zu siezen, doch sie bestand darauf.

Als ich mich auf den Weg nach oben in mein Schlafzimmer machte, blieb ich vor Dad's Bürotür stehen. Ich wusste er bewahrte dort Familienbilder. Und ich wollte mir ein Album ansehen, um besser schlafen zu können.

Vorsichtig betrat ich das Büro und zu meinem Glück war es nicht abgesperrt.

Meine Füße glitten über den Marmorboden und ich wusste genau wo sich die Tischlampe befand. Angekommen bei seinem Schreibtisch schaltete ich die kleine Lampe ein und das Zimmer wurde von einem orangenen Licht erhellt.

Ich setzte mich auf Dad's riesigen Bürosessel und öffnete bereits einige Schubladen.

Nach einigen Minuten des Suchens fand ich endlich das Familienalbum. Ich öffnete es und blätterte durch. Im Album waren unzählige Bilder von Mom, Dad und mir in Disneyland.

Ich hielt eine riesige Zuckerwatte in meiner Hand und in meinen roten Locken klebte ein Lollipop.

Das Bild brachte mich zum Lachen.

Im nächsten Bild versuchte Mom, mir den Lollipop aus den Haaren zu ziehen und Dad hielt sich lachend die Hände vor die Augen.

Ich fuhr mit meinem Finger über das Bild und erinnerte mich an die schöne Zeit mit Mom.

Als ich das Album durchgeblättert hatte, entschied ich mich nach mehr Bildern zu suchen. Bilder die ich noch nicht gesehen hatte. Dad besaß bestimmt jede Menge.

Ich legte das Album zurück in die Schublade und ging hinüber zu dem riesigen Regal. Dort befanden sich Werke von Shakespeare. Mein Dad liebte seine Bücher.

Als ich auf eine kleine Truhe traf, bemerkte ich ein Schloss.

Den passenden Schlüssel fand ich nur mit Glück. Er fiel mir auf magische Art und Weise vor die Füße als ich gegen eine Vase stolperte.

Ich öffnete die Truhe und fand einen großen Stapel an Bildern, eine Zeitschrift und eine getrocknete Rose darauf.

Stirnrunzelnd nahm ich die Rose in die Hand und bemerkte wie einige Blütenblätter abfielen. Vorsichtig legte ich die Rose beiseite und nahm das erste Bild heraus.

Es befanden sich zwei Frauen und drei Männer auf dem Bild. Sie trugen dieselben schwarzen Uniformen, die ich auf dem Ball gesehen hatte. Die ich an Hendrick gesehen hatte.

Das Paar in der Mitte der Gruppe hatte die Köpfe aneinandergedrückt und lächelte breit.

Dad hielt Mom fest in seinen Armen.

Mein Herzschlag beschleunigte sich.

„Was ist das...?" murmelte ich zu mir selbst.

Ich blickte auf die Rückseite des Bildes, um nach einem Datum zu suchen. Das war über zehn Jahre her.

Ich wühlte in der Truhe und fand weitere Bilder von Mom und Dad in schwarzen Uniformen. Diese Bilder ließen das Blut in meinen Adern gefrieren.

Waren meine Eltern ehemalige Agenten?

Ich steckte die Bilder zurück in die Truhe und beschloss den Zeitungsartikel zu lesen.

Der Titel der Zeitschrift lautete: Explosion im Museum.

Das Datum: 18. August. 2009.

Mom starb an diesem Tag.

Ich durchblätterte die Zeitung und suchte nach dem Namen Margot Patterson. Ich suchte vergebens. Ihr Name tauchte nie in der Zeitung auf.

Was ich aber noch herausfand war, dass die Explosion nachts stattgefunden hatte. Das Museum sperrte aber um 18.30 Uhr zu.

Vielleicht befand sich Mom damals im Museum. Aus welchem Grund auch immer.

In der Zeitung stand, dass ein Attentäter die Explosion verursacht hatte. Der Kerl wurde jedoch nicht geschnappt.

Plötzlich stieg Wut in mir auf. Dad hatte mich mein ganzes Leben lang belogen.

Mom hatte vermutlich in einer Mission ihr Leben verloren und Dad wagte es mir die lächerliche Lüge aufzutischen, dass Mom in einem Autounfall starb?

Ich legte den Zeitungsartikel zurück in die Truhe, schloss sie und verstaute den Schlüssel zurück an seinem Platz.

Ich würde die Sache nicht einfach ignorieren. Ich wollte herausfinden, was genau mit meiner Mom passiert war und warum Dad niemals über die Vergangenheit sprach.

Frustriert lies ich mich auf Dad's Ledersessel nieder und vergrub meine Hände in meinem Haar.

Plötzlich fiel mir ein Name ein. Ein sehr passender Name.

Ich brauchte einen FBI Agenten, der mir liebend gern helfen würde, die wahre Todesursache meiner Mom herauszufinden.

Und zu meinem Glück kannte ich einen Agenten.

Vodka LipsWhere stories live. Discover now