zehn.

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Seokjin.

Ich befand mich in einem tranceartigen Zustand, in dem ich mich weder aktiv bewegen, noch klare Gedanken fassen konnte. Ich spürte lediglich das schmerzhafte Ziehen in meiner Brust, das mich vollkommen lähmte, während mich jemand hochhob und irgendwo hintrug, bevor ich wieder abgesetzt wurde.

Meine Gelenke ächzten, meine Gliedmaßen fühlten sich träge an, die Lider schwer, sodass ich hier nur wie ein nasser Sack sitzen konnte und nichts um mich herum mitbekam. Nur ganz weit entfernt hörte ich irgendwelche Stimmen nach mir rufen und eine sanfte Berührung an meiner Schulter, die allerdings in all dem Schmerz unterging.

Ich wollte mich an diese Berührung klammern, denn sie fühlte sich so gut, so zärtlich, so geborgen an, ganz anders als das Elend, das mich belastete, aber es fiel mir schwer, denn alles, was mich in diesen Momenten regierte, war mein Herz. Hatte es bereits aufgehört, zu schlagen, oder war es dabei? Starb ich gerade oder würde das hier wieder vorbeigehen?

Ich hatte keine Antworten auf diese Fragen, nicht einmal die Möglichkeit, darüber nachzudenken, denn mein Schädel brummte schmerzhaft und es fühlte sich so an, als würde ich keine Luft mehr bekommen, da mein Hals wie zugeschnürt war.

War ich vielleicht sogar schon tot?

Noch nie hatte sich ein Anfall so grausam angefühlt. Es war immer mal wieder vorgekommen, dass mein Herz den Anschein gemacht hatte, als wollte es nicht mehr, und so war ich auch schon das ein oder andere Mal bewusstlos umgekippt. Aber jetzt war es anders.

Heftiger. Schmerzhafter. Grausamer.

Dieses Mal hatte ich wirklich das Gefühl, dass mein Herz einfach nicht mehr wollte und deshalb aufgehört hatte, zu schlagen. Als wäre es zu viel des Guten gewesen und als es wäre an der Zeit, mich von dieser irdischen Welt zu verabschieden.

Wenn ich früher an den Tod gedacht hatte, hatte ich keine Angst gehabt. Es war nie etwas zu verlieren gewesen, ich hatte lediglich mein Leben gelebt und wenn es zu Ende gehen würde, dann würde es eben zu Ende gehen.

Doch jetzt ... jetzt hatte ich eine riesengroße Angst davor, zu sterben.

Ich hatte Angst, weil ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Person gefunden hatte, die ich von Anfang an aufrichtig mochte und die mich ebenso zu mögen schien. Wir hatten bisher viel zu wenig Zeit gehabt, unsere Zweisamkeit gemeinsam auszukosten, und der Gedanke, Namjoon jetzt einfach nie wieder sehen zu können, zerfraß mich.

Ich wollte das nicht. Ich wollte nicht sterben. Ich wollte leben und noch ganz, ganz viele wunderschöne Tage und Nächte mit Namjoon verbringen.

Bitte ... bitte ... mein Herz, ich bitte dich ... gib mir noch ein wenig ... ein wenig Zeit ...

Würde ich nun sterben ... ich würde nichts bereuen. Ich hatte an diesem einen Tag mit Namjoon mehr gelebt, als mein bisheriges Leben lang, und dafür war ich ihm unendlich dankbar.

Trotzdem hatte ich es nicht sonderlich eilig, zu verschwinden, denn ich wollte mehr dieser Tage erleben, meinem Leben einen Sinn verleihen - und deswegen kämpfte ich.

Ich gab alles dafür, zu Sinnen zu kommen, meine Augen zu öffnen, mich auf die Stimmen und Berührungen der Leute um mich herum zu konzentrieren. Es schmerzte, es tat so grauenhaft weh, aber ich würde nicht aufgeben.

Ich wollte leben. Zum allerersten Mal in meinem Leben wollte ich wirklich leben und deswegen gab ich auch alles dafür.

Keine Ahnung, wie viel Zeit verging - Sekunden, Minuten, vielleicht sogar Stunden. Ich wusste nur, dass ich nach einer Ewigkeit Namjoons typischen Geruch eindeutig um mich herum wahrnehmen konnte, und spürte, wie das Ziehen meiner Brust langsam weniger wurde.

𝐑𝐄𝐌𝐈𝐍𝐈𝐒𝐂𝐄𝐍𝐂𝐄 | NAMJINWo Geschichten leben. Entdecke jetzt