dreiunddreißig.

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Seokjin.

Drei Tage vergingen. Die meiste Zeit hatte ich mit Namjoon verbracht, da er ununterbrochen an meiner Seite gelegen und mich in seinen Armen gehalten hatte. Nur, wenn er seine Kleidung gewechselt oder uns etwas zu essen geholt hatte, hatte er mich allein gelassen, jedoch hatte er sich immer sehr beeilt, mich nicht zu lange warten zu lassen.

Hoseok, Taehyung, Jungkook, Jimin und Yoongi waren ebenfalls zu Besuch gewesen. Sie waren genauso überrascht von der Nachricht, dass es tatsächlich einen Spender für mich geben würde, gewesen, wie ich, aber natürlich hatten sie sich gefreut. Und wie sie sich gefreut hatten.

Zwischendrin hatte uns immer mal wieder eine stille Bedrücktheit umgeben, die allerdings keiner angesprochen hatte. Ich war mir sicher, dass das daran lag, dass die anderen immer noch Sorge hatten, dass mir während der Operation etwas zustoßen könnte, immerhin war so eine Herztransplantation nicht ohne und dauerte auch ziemlich lange. Aber davon hatte ich mich nicht einschüchtern lassen.

Ich glaubte daran, dass ich es packen würde. Ich musste einfach. Sonst wären doch all die Mühen umsonst gewesen.

Es fiel mir schwer, zu realisieren, dass ich in den nächsten Minuten in den Operationssaal geschoben und mein neues Herz bekommen würde. Immer noch ging es mir nicht ganz in den Kopf rein, obwohl es mehr als deutlich auf der Hand lag, dass es stimmte.

All die Jahre hatte ich keinerlei Hoffnungen auf eine Zukunft zugelassen, aus Angst, ich würde dadurch verletzt werden. Aber dieser kleine Funke in mir, der trotz meiner Zweifel nie hatte verschwinden wollen, hatte recht behalten, und hier lag ich nun auf dem Bett, meine Freunde um mich herum, die Krankenschwestern, die mich sogleich zu den Chirurgen in den Saal bringen würden, in der Nähe.

In den Stunden, in denen Hoseok und der Rest in den letzten Tagen bei mir gewesen war, hatten wir darüber geredet, was wir in der Zukunft alles gemeinsam unternehmen würden. Normalerweise hatte ich mich gegen solche Vorstellungen gewehrt, aber aus irgendeinem Grund war es mir in unseren Gesprächen unfassbar leicht gefallen, darüber zu reden, auch wenn das Risiko bestand, während der Operation zu sterben.

Keine Ahnung, aber ... es fühlte sich einfach so an, als würde ich überleben. Und selbst wenn ich es nicht tun würde, würde ich es ja eh nicht mitbekommen. Also, sah ich kein Problem darin, meine Fantasien ein wenig spielen zu lassen.

Meinen Spender kannte ich immer noch nicht. Ich hatte Namjoon mehrmals gefragt, ob er den Arzt nicht überzeugen könnte, mir zu sagen, wer er war, doch der Größere hatte nur verneint und gemeint, dass er es selbst nicht wüsste und es auch besser wäre, wenn wir dies nicht täten. Vermutlich hatte er recht, ja, aber ... ich hätte mich gerne bei dem Menschen bedankt, der mir ein längeres Leben ermöglichte.

Wenigstens seine Familie wollte ich kennen lernen, sobald ich aufwachen würde. Damit ich mich bei ihr bedanken könnte, für das Opfer, das ihr Ehepartner, Elternteil, Kind, was auch immer für mich gebracht hatte. Einem Fremden.

Dieser Gedanke, dass er einem Fremden sein Herz gab, war überfordernd. Er gab einen Teil von sich einer Person, die er noch nie in seinem Leben gesehen hatte. Zwar wäre er so oder so die nächste Zeit gestorben, aber so etwas zu tun, war nicht selbstverständlich. Ob ich es wohl tun würde? Einem Menschen mein Herz schenken, wenn ich sowieso bald sterben würde?

Ich wusste es nicht. Diese Vorstellung war merkwürdig. Aber letztendlich ... würde es doch auch keinen Unterschied machen. Also würde ich es wahrscheinlich tun. Oder?

Puh, ich war froh, dass ich mich mit solchen Dingen nicht auseinandersetzen musste. Wobei meine Probleme wohl auch nicht besser waren.

Auf jeden Fall würde ich meinem Spender alle Ehre erweisen und regelmäßig sein Grab besuchen. Das wäre das Mindeste, was ich tun könnte, wenn ich ihm nicht schon persönlich vor seinem Tod danken könnte.

𝐑𝐄𝐌𝐈𝐍𝐈𝐒𝐂𝐄𝐍𝐂𝐄 | NAMJINWhere stories live. Discover now