einundreißig.

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Seokjin.

Es kostete mich eine Menge an Kraft, meine Lider aufzuschlagen. Sie fühlten sich verklebt an, als hätte ich sie seit Tagen nicht mehr geöffnet, und vermutlich war das sogar der Fall. Ich wusste es nicht, ich wusste nur, dass ich mich wirklich unendlich müde und erschöpft fühlte. Dennoch tat es gut, auch mal wieder bei Sinnen zu sein; mehr oder weniger zumindest.

Die Sicht war verschwommen. Alles, was ich erblicken konnte, schien ineinanderzufließen, und so brauchte ich erst einmal paar Sekunden, bis alles klar wurde und ich deutliche Umrisse wahrnehmen konnte. Das Licht des Raums, in dem ich mich befand, stach etwas, so grell war es, aber auch daran hatte ich mich kurze Zeit später schon gewöhnt.

Ich lag in einem Krankenhausbett. Verwundern tat mich das nicht wirklich, immerhin war das Letzte, woran ich mich erinnern konnte, wie mir in Namjoons Wohnzimmer mit einem Mal schwarz vor Augen geworden war. Was danach alles geschehen war? Keine Ahnung.

Aber hier war ich nun. Und ich lebte. Das war, ehrlich gesagt, das Einzige, das mich verwunderte.

Ich hatte gedacht, dass ich sterben würde. Mein letzter Gedanke, bevor alles plötzlich in sich zusammengebrochen war, war, dass ich das Gefühl gehabt hatte, in diesem Herzschlag zu sterben. Doch, wie auch immer ich das geschafft hatte, ich war am Leben.

Die Frage war nur, wie lange es dauern würde, bis mein Herz erneut aufhören würde, Blut durch meine Adern zu pumpen und mich damit auf der irdischen Welt zu halten.

Ein raues Seufzen entfuhr mir. Mein Hals war trocken, schmerzte ein wenig, aber ansonsten nahm ich keinerlei Schmerzen war. Das Ziehen in der Brust war, fürs Erste, weg. Ja, ich fühlte mich wirklich lediglich unfassbar schlapp.

Langsam schaute ich auf meinen rechten Arm. Eine Nadel hing in meinem Handrücken, war über einen langen Schlauch mit einer Infusion verbunden. Im Gesicht trug ich eine Beatmungsmaske, die mich bereits jetzt, kurz nach dem Aufwachen, störte.

Eine Bewegung auf der linken Seite fiel mir ins Auge, weshalb ich mich behutsam in diese Richtung drehte und überrascht aufguckte.

Namjoon war hier. Ich hatte ihn bis jetzt nicht bemerkt, aber er regte sich, wurde wach, nachdem er wohl eine Weile neben mir gelegen hatte und eingeschlafen war. Er saß auf einem weißen Stuhl, hatte seinen Kopf auf seinen Armen abgelegt, erhob sich nun jedoch und schaute mich blinzelnd an.

Einen Moment starrten wir uns schweigend an, da riss er die Lider auf und öffnete den Mund, bevor er erleichtert nach Luft schnappte und glücklich lächelte.

"Du bist wach", flüsterte er. In seiner Stimme klang so viel Befreiung, so viel Zuneigung mit, dass mir ganz warm wurde. Hatte er sich wirklich so große Sorgen um mich gemacht? Womit hatte ich das bloß verdient?!

Namjoon biss sich aufgeregt auf die Unterlippe, schien sich vorbeugen und mich umarmen zu wollen, doch er hielt sich zurück. Ihm war wohl bewusst, dass ich gerade noch nicht in der Lage war, mich sonderlich viel zu bewegen, weshalb er es dabei beließ, seine Hände um meine zu schließen.

Eine Weile verging, in der ich einfach nur seine Nähe und Wärme genoss. Es fühlte sich so an, als wäre es Jahre her, seit ich ihn das letzte Mal so gespürt hatte, da entschied ich mich dafür, die Beatmungsmaske abzunehmen. Mit vor Sorge gerunzelter Stirn beobachtete mich der Dunkelblonde dabei, während ich tief Luft holte, nachdem ich das Ding von mir genommen und zur Seite gelegt hatte.

"Solltest du sie nicht lieber anbehalten?", hakte Namjoon nervös nach. Ich schaute zu ihm und hob einen Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen an.

"Mein Herz ist kaputt, nicht meine Lunge", antwortete ich dann. Wie abzusehen, klang meine Stimme kratziger als sonst, aber es fiel mir nicht schwer, zu reden. Zumindest eine gute Sache.

𝐑𝐄𝐌𝐈𝐍𝐈𝐒𝐂𝐄𝐍𝐂𝐄 | NAMJINWhere stories live. Discover now