Geduld

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Als die beiden gehen, ist es schon spät, dafür, dass zwei von uns am Montag früh aufstehen müssen. Lachend verabschieden wir uns an der Tür -  keine Abschiedsküsse, jeweils ein Händedruck und Gute-Nacht-Wünsche. Keine Verabredung für eine Wiederholung.

Mit einem warmen Gefühl im Bauch und einem Lächeln auf den Lippen - obwohl  die beiden mich noch immer verwirren - schlage ich die Bettdecke über meinen Körper. Es war ein schöner Tag. Ich erinnere mich an das   Törtchen-Kosten, jeder mit der Gabel auf dem Teller eines anderen zugange, an das Spiel auf dem Sofa, ich in der Mitte, meine Knie rechts   und links von ihren flankiert.

Gerade glaube ich, in einen schönen Traum abzudriften, als sich herausstellt, dass mein Handy mal wieder nicht auf lautlos gestellt ist.  Den Abend über habe ich es nicht beachtet, nun sehe ich die zwei Nachrichten meiner Schwester aufblinken.

Na, macht ihr drei euch noch einen schönen Abend? ;)

Jetzt sag schon, welcher von beiden ist es denn?

Ohne zu antworten, öffne ich die Nachricht von Mo, ein seeliges Lächeln auf den Lippen, wie eingebrannt. Wir hatten nur ein bisschen  Spaß, wie drei alte Freunde. Und doch geht es mir jetzt so gut.

Ich glaube, ich kann nicht einschlafen. Ich denke immer noch an dich.

Mein Lächeln vertieft sich, spannt in meinen Wangen. Vage vernehme ich von draußen die Kirchenglocken und muss an einen Spruch von Thorsten denken, wenn Sandra oder ich eine Grimasse geschnitten haben. „Wenn die   Kirchturmuhr zwölf schlägt, bleibt dein Gesicht so stehen." Es wäre sicherlich interessant, mit einem festgefrorenen irren Grinsen durchs Leben zu rennen.

Ich war kurz davor. Aber wieso hält der Gedanke an mich dich vom Schlafen ab? Träum doch von mir!

...

?

(Du siehst mich nicht rot werde und hörst mich nicht stottern...) Ich bin schon dabei.

Dabei?

Von mir zu träumen?

Oh! Oh mann, ich bin schwer von Begriff, tut mir Leid!

Nein, mir tut's Leid, das war unangebracht. Jetzt wünschte ich, du könntest sehen, wie ich rot anlaufe, weil ich mich schäme.

Bitte nicht schämen, Mo! Ich hab' auch schon von dir geträumt. Du warst nur so mutig, es zuzugeben.

Ich beiße mir auf die Unterlippe und stelle mir vor, wie er ebenfalls in seinem Bett liegt, die Augen halb geschlossen, seine Hand in unteren  Regionen zugange. Ich sehe sein Gesicht nicht, nur seinen Körper. Dabei kenne ich ihn nur bekleidet. Lediglich das Bild seiner Arme ist  realitätsnah, das detaillierte Spiel seiner Muskeln unter der hellen Haut, das bei der regelmäßigen Bewegung auf den Wellen leicht wogende Schiff auf seinem Unterarm.

Erschrocken ziehe ich meine Hand zurück, die  sich ihrerseits ganz von selbst einen Weg hinab zu meiner Shorts gebahnt hat. Was ist mit Moritz? Mit dem Moritz, den ich heute   kennengelernt habe?

Du kennst mich doch erst seit heute.

Das Foto...
Ich stelle dich mir gerade vor. Liegst du in deinem Bett?

Ich schäme mich für die Lüge, doch  rechtfertige mich damit, dass es nur eine halbe ist. Ich stelle mir Mo vor, den, mit dem ich seit Wochen Nachrichten austausche, den ich zu  kennen glaube. Nur eben mit Janniks Körper, wie schon zuvor. Als seien die beiden in meiner Phantasie untrennbar miteinander verknüpft.

Ja. Ich denke daran, wie schön du bist. Du hast diese netten Lachfältchen in den Augenwinkeln. Und ich mag deinen Kiefer. Ich stelle mir vor, dein Gesicht zu  berühren.

Wie soll ich jetzt erwidern, ohne meine  falschen Bilder zu offenbaren? Will ich, dass das jetzt passiert? Wir kennen uns streng genommen erst seit ein paar Stunden. Ich muss morgen früh aufstehen.

Und deine Schultern. Ich würde gerne wissen, wie du unter dem Shirt aussiehst.

Ich schmunzele und überlasse meine Hand  wieder der Kontrolle durch die Hormone. Eilig gleitet sie in meine Shorts und umfasst meine Länge hart. Ich sehe Mo noch immer vor mir. Diesen Mo, den vermischten.

Du bist mutig, merkst du das? Das gefällt mir. Wenn ich jetzt bei dir wäre, würde ich dein Hemd hochschieben und mich auf die Suche nach dem kleinen Drachen machen. Ich will ihn mit der Zunge nachfahren. Bist du  kitzelig?

Ein wenig, an der Stelle auf jeden Fall. In  meiner Vorstellung wandert deine Zunge weiter über meinen Oberkörper. Du saugst an der Stelle unter meinem Rippenbogen, leckst über meine Brustwarze. Sie sind ganz steif vor Erregung.

Völlig verblüfft über seine Direktheit, lasse ich mich weiter in dem Spiel gefangen nehmen. Aussteigen kann ich nicht mehr: Das würde uns beide zu sehr beschämen und mein pochender Schwanz verbietet es.

Ich wette, deine Haut schmeckt fantastisch. Nach dir, Mo. Darf ich weiter runter küssen?

Ich genieße das, aber ich bin auch ungeduldig. Du darfst. Du sollst!

Meine Hand streichelt über deinen Bauch und den Hüftknochen zu deinem Oberschenkel, nach innen.

Da bin ich auch kitzelig, aber je näher du kommst, desto weniger bemerke ich es. Ich bin ganz hart, bitte fass mich an.

Verdammt, wie soll ich das aushalten? Das  Bild des schönen Mannes, der allein in seinem Bett über unseren Worten sein Glied reibt, und das desjenigen, der in meinen Gedanken sich  willig windend unter mir liegt, überlagern sich. Meine Hand an mir wird immer hektischer, die  Bewegungen abgehackter. Ich kann mit der Linken kaum die Buchstaben treffen. Aber ich muss ihm den Wunsch erfüllen.

Ich umfasse deinen heißen Schaft, fahre  langsam daran auf und ab. Aber ich will  wissen, wie du hier unten schmeckst. Ich lecke von unten nach oben an dir und nehme deine Spitze in den Mund.

Oh! Jonathan, nur noch ein bisschen, bitte!

Der flehende Unterton, mit dem seine Stimme in meinen Gedanken die Worte ausspricht - seine Stimme, passend zu dem sündhaft schönen Körper - versetzen meinem Vergnügen ein jähes, explosionsartiges Ende.

Ich kann nicht mehr, Mo! Komm in meinen Mund.

Mein Blick zuckt zu der kleinen Uhrzeitanzeige auf dem Display. Es ist weit nach Mitternacht, um sechs Uhr klingelt mein Wecker. Ich ahne schon jetzt, was Thorsten mir morgen für halb ernstgemeinte Sprüche über meine unsäglichen Augenringe drücken wird. Aber verdammt, das war es wert! Oder?

Moritz meldet sich erst nach ein paar Minuten zurück, in denen ich fast weggedämmert bin.
Ich kann ihn beinahe stottern hören.

Tut mir so Leid, Jonathan. Ich wollte nicht, dass sowas passiert und es unangenehm wird. Ich konnte mich nicht zurückhalten.

Ging mir doch genauso, Süßer. Ich hab' es  genossen, du schmeckst einfach köstlich in meiner Vorstellung. Und ich hoffe sehr, dass wir das eines fernen Tages in die Tat umsetzen. Nachdem wir irgendwann zum  Abschiedskuss gekommen sind. Schritt für Schritt.

Da sind wir gerade aber ordentlich vorgeprescht...

Kein Grund, voneinander zu erwarten, das Tempo so beizubehalten. Wir machen das so, wie wir uns wohlfühlen, okay?

Danke, Jonathan. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal jemanden finde, der so geduldig mit mir ist.

Hmm, Geduld würde ich mir nach dem Moment gerade eher weniger zuschreiben ;)
Du hast mich auf eine harte Probe gestellt.

Du solltest schlafen! Tut mir Leid fürs Wachhalten. Träum schön!

Danke fürs Wachhalten, Mo. Das darfst du jederzeit. Und das werde ich :*

Second Sight - Verliebt in eine PhantasieWhere stories live. Discover now