Nackt

598 75 141
                                    

"Moritz hat gesagt, du schläfst auf dem Sofa."

Jannik nickt, lässt mich nicht aus den Augen, noch immer schimmert etwas Besorgtes in ihnen. Ich erinnere mich doch an vergangene Nacht. Ich bin in sein Bett gegangen, alleine, und seelenruhig eingeschlafen. Es ist nichts passiert, das erklärt, weshalb er plötzlich neben mir liegt.

"Ich hab es versucht, aber ich konnte drei Stunden lang kein Auge zutun.", verteidigt er sich mit belegter Stimme. Seine Locken hängen ihm wirr in die Stirn, meine Finger zucken bei dem Gedanken, sie wegzuschieben, um ihn besser ansehen zu können.

"Du bist nackt.", lasse ich eine weitere Feststellung auf ihn los, die eine Erklärung erfordert.

"Ich wollte dich nicht wecken.", haucht er beschämt, entzückt beobachte ich die rosa Verfärbung seiner Wangen. Doch verständlich gemacht hat er es mir damit noch nicht. Mein Blick fordert ihn zu mehr auf, das er mir gewährt. "Ich kam heim und bin direkt unter die Dusche, dann wollte ich mir was überziehen und schlafen gehen, aber du lagst in meinem Bett. Also hab ich mir mein Shirt genommen und bin runter aufs Sofa."

"Du schläfst in Shirt ohne Unterhose?" Nicht, dass es für mich irgendeine Relevanz besitzt, was er zu tragen pflegt, wenn er schläft, doch es scheint noch mehr dahinter zu stecken. Er schüttelt erwartungsgemäß den Kopf. "Die Schublade quietscht.", behauptet er und ich muss fast auflachen über die banale Ausrede.

Auch wenn ich selbst nicht immun gegen seine Anziehung bin, ist er es, der mich geküsst hat, der mit mir geflirtet hat. Als er mich nachts in seinem Bett hat liegen sehen, wollte der Matratzenheld also ganz anständig auf dem Sofa schlafen und kam schließlich nicht an eine Unterhose, weil er mich mit einer quietschenden Schublade nicht wecken wollte?

"Du glaubst mir nicht.", bemerkt er und ich nicke. "Natürlich nicht." Ein Lächeln schleicht sich auf seine Lippen, amüsiert, nicht ertappt. "Gut, als ich auf dem Sofa nicht einschlafen konnte, hätte ich auch im Bett meiner Eltern schlafen können. Aber das hier erschien mir geeigneter." Falls das mit dem Sofa überhaupt der Wahrheit entspricht, kann ich diesen Gedanken verstehen. Im Ehebett meiner Mutter würde ich auch nicht schlafen wollen. "Immerhin ist das hier ein breites Bett, in das zwei Personen reinpassen, wenn eine nicht gerade um sich schlägt.", fügt er mit einem schiefen Grinsen an, bei dem sein niedliches Grübchen zum Vorschein kommt.

"He!", empöre ich mich, merke aber, dass meine Hand noch immer auf seiner warmen Haut liegt. Schlagartig wird mir heiß. Anfangs war es ein Versehen, doch dann habe ich versäumt, sie zurückzuziehen. "Tu doch nicht, als hätte es dir nicht gefallen!", behaupte ich zusammenhanglos und lasse sie nun ganz bewusst an Ort und Stelle ruhen, bis wir das ausdiskutiert haben. Ein nervöses Kichern entweicht ihm. Ich stelle mir vor, meine Hand auf seine Brust zu legen und die Vibrationen des niedlichen Geräusches durch seinen Oberkörper zu ertasten.

"Hat es.", flüstert er. "Tut es.", korrigiert er sich dann, und prompt rauscht das Blut in meinen Ohren: Ich kann hören, wie es sich in Windeseile in tieferen Regionen meines Körpers sammelt.
Erst gestern habe ich Moritz einen Korb gegeben mit der festen Absicht, es ihm in nüchternem Zustand zu erklären. Ich kann nicht am nächsten Morgen über Jannik herfallen. Oder überhaupt jemals, wenn ich Moritz und seine Beziehung zu seinem besten Freund nicht weiter verletzen will.

Sein Blick bohrt sich in meinen und ich vergesse alles um mich herum. Lasse meine Finger vorsichtig auf seiner Haut tanzen, ohne sie von seinem Hüftknochen wegzubewegen. Ich necke ihn bloß ein bisschen. "Erregt dich das etwa?" Meine Lippen sind nah an seinem Ohr. Er schließt die Augen und seufzt. "Ich bin nackt, du liegst neben mir und berührst seit über einer Stunde beinahe meinen Schwanz. Ja, ich bin hart." Verdammt.

In einer fließenden Bewegung drehe ich ihn mit meiner Hand an seiner Schulter auf die Seite, sodass er in den Raum hineinschaut. Ich rolle mich hinter ihn, unsere Körper zwei parallele Wellen, meine Nase in seinem Nacken. Meine Hand schließt sich um seinen Schwanz und verharrt, kostet das Gefühl aus, dass er die Wahrheit gesagt hat: Die kleine Berührung an seinem Hüftknochen hat ihn hart werden lassen.

Second Sight - Verliebt in eine PhantasieWhere stories live. Discover now