Kapitel 30

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Nach Harrys Nachricht konnte ich die restlichen Stunden, bis mein Wecker geklingelt hatte, nicht mehr schlafen. Ich war die ganze Zeit so verwirrt. Warum hat er erst um halb 3 geantwortet? Jeder normale Mensch schläft da doch schon. 

Seufzend mache ich mich auf den Weg zur Uni. Unterwegs fällt mir jedoch auf, dass ich heute im Bad etwas länger gebraucht habe, als sonst. Auch vor meinem Kleiderschrank stand ich etwas länger als normalerweise. In meinem Inneren weiß ich, dass eine bestimmte Person damit zu tun hat, doch ich will es nicht so wirklich einsehen.

An der Tube treffe ich auf Liam. "Guten Morgen, Louis. Ist alles klar?", fragt er mich gleich. Verwundert blicke ich ihn an. "Ja, was soll sein?" Liam zuckt mit den Schultern und mustert mich mit einem komischen Lächeln auf den Lippen. "Du siehst heute irgendwie anders aus, als sonst. Warst du beim Friseur oder so?" Sieht man mir etwa auch noch an, dass ich eventuell bi bin?! Ich schüttle den Kopf. "War ich nicht. Ich habe einfach einen good-hair-day", rede ich mich heraus.

Ich bezweifle zwar, dass Liam mich verurteilen würde, aber solange ich mir selbst nicht sicher bin, was ich von dem Ganzen halten soll, geht das niemanden etwas an. "Wie lief eigentlich das Turnier gestern?", erkundigt sich Liam, als wir in die Tube steigen. "Ganz gut. Wir haben zwar gewonnen, aber das Team war irgendwie nicht so gut drauf. Es war also ziemlich knapp", erzähle ich. "Wie hat Harry sich denn so gemacht?", fragt er.

Ich hole Luft und möchte antworten, doch dann stocke ich. Wieder mal muss ich daran denken, was Harry widerfahren ist. Ich kann einfach nicht glauben, warum man jemanden wegen seiner Sexualität verurteilt. Jeder kann doch lieben, wen er möchte. Und selbst wenn es einem nicht passt, dann meidet man eben den Kontakt mit dieser Person. Ich weiß einfach nicht, warum das nicht langsam mal zur Selbstverständlichkeit wird.

"Louis?", fragt Liam und stupst mich an. Ich zucke zusammen und sehe ihn fragend an. "Ich habe gerade mit dir geredet, aber du warst irgendwie in Gedanken", meint er. Ich winke ab und erwidere: "Unwichtig. Was gibts denn?" - "Ich wollte nur wissen, wie Harry sich gestern gemacht hat und wie eigentlich das Essen mit ihm lief. Wer hat denn die Wette gewonnen?" In dem Moment hält die Tube und Zayn steigt ein. Er kommt zu uns, begrüßt uns und gibt Liam einen Kuss.

Beide sehen sich verliebt in die Augen und verschränken ihre Finger miteinander. Unbewusst starre ich Liam und Zayn an, die auf Wolke sieben schweben. In dem Moment frage ich mich wieder mal, wie das wohl ist, einem Kerl näher zu kommen. Also näher, als nur eine normale Umarmung. Meine Gedanken schweifen zu Harry und ich stelle mir vor, wie seine weichen, vollen Lippen auf meinen liegen. Er zieht mir mein Shirt aus und küsst sich an meinem Oberkörper entlang. Ich spüre ein merkwürdiges Kribbeln in meiner Magengegend und ich weiß nicht, was das ist und woher das kommt. So etwas habe ich noch nie gefühlt. Harry schaut mich mit seinen stechend grünen Augen an und drückt wieder seine Lippen auf meine. Ich habe das Gefühl zu schweben.

Plötzlich reißt mich ein Geräusch aus meinen Gedanken. Ich blinzle verwirrt und stelle fest, dass Liam und Zayn sich einen Viererplatz schnappen konnten und ich wie ein Vollidiot alleine an der Haltestange stehe. Prompt werde ich knallrot, während ich mich schnell zu dem Pärchen setze, die mich nur auslachen. Vielen Dank auch. "Unser kleiner Louis ist heute ein bisschen verwirrt, habe ich so das Gefühl", prustet Liam hervor. Genervt verdrehe ich die Augen und wünsche mir, dass wir endlich an der Uni ankommen.

Gerade hält die Tube erneut an. Drei Stationen fehlen noch. Die Türen öffnen sich und ich bleibe mit meinem Blick daran hängen. Ein Junge steigt ein und sieht sich suchend um. Dann entdeckt er uns und kommt auf uns zu. "Ist da noch frei?", fragt er lächelnd und zeigt auf den Platz mir gegenüber am Fenster. Ich bin nicht in der Lage, zu antworten. Ich bemerke nur, wie Zayn etwas sagt und sich der Junge setzt. "Hey Louis", sagt er leise und sieht mir in die Augen. Smaragdgrüne Sterne. Das ist das Einzige, was mir einfällt. "Hi", hauche ich.

"Wie geht's dir?", fragt er mich. "Gut... Sehr gut", erwidere ich. Es entspricht der Wahrheit. Mein Herz schlägt verdammt schnell. Wenn das so weiter geht, bekomme ich gleich einen Herzinfarkt. Harry lächelt mich an und ich könnte schwören, er hat mich mal wieder durchschaut. Ist ja gerade auch nicht sonderlich schwer.

Beschämt wende ich meinen Blick von ihm ab und schaue aus dem Fenster. Zumindest tue ich so. In Wirklichkeit betrachte ich sein Spiegelbild in der Scheibe. Wieder mal stelle ich fest, wie wunderschön Harry ist. Er trägt heute ein Bandana, womit er seine Locken aus der Stirn gebunden hat. Dazu hat er ein Schwarz- weiss gemustertes Hemd an und eine schwarze Jacke darüber. Es sieht verdammt gut aus.

In dem Moment begegne ich Harry's Blick in der Scheibe. Erst will ich mal wieder wegschauen, doch irgendetwas hindert mich daran. Ich bin wie fixiert auf seine Augen. Ihm scheint es jedoch nicht anders zu gehen. Zumindest wünsche ich mir das. Wir halten den Blickkontakt und ich merke, wie er nach einiger Zeit leicht errötet und schüchtern in seinen Schoß sieht. Oh mein Gott, wie süß ist das denn?!

Liam pausiert inzwischen seine Knutscherei mit Zayn und wendet sich an Harry. "Seit wann fährst du denn eigentlich mit der Tube?" Harry zuckt mit den Schultern.  "Mein Auto ist kaputt. Ich lasse es die nächsten paar Tage reparieren, aber bis dahin muss ich wohl bei euch mitfahren", erklärt er. Zayn mischt sich ein. "Was ist denn das Problem? Springt es nicht mehr an?", erkundigt er sich. Ich dagegen schalte ab. Diese Fachsimpelei über Autos muss ich mir nicht anhören.

Während die beiden sich unterhalten, merke ich, wie Harry mich immer wieder anschaut. Ich versuche, es nicht zu bemerken, aber mein Magen hindert mich daran. Immer wieder spüre ich dieses komische Kribbeln und mein Herz schlägt jedes mal etwas schneller. Jedes mal, wenn die Tube anhält, berühren sich unsere Knie, und ständig zucke ich dann zusammen, als hätte ich einen kleinen Stromstoß abbekommen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir an unserer Station an und steigen aus. Draußen atme ich tief durch. Meine Lunge füllt sich mit der kalten, frischen Luft und meine Gedanken werden wieder klarer. Was zur Hölle war das gerade?! Ich habe Harry ja geradezu angehimmelt und das nicht gerade unauffällig. Ein Wunder, dass Liam und Zayn nichts aufgefallen ist. Wobei ich da wohl eher Glück hatte, dass die so mit ihrer Knutscherei beschäftigt waren.

Gemeinsam laufen wir die paar Meter zur Uni, wo auch schon Niall am Eingang auf uns wartet. "Na Freunde, wie gehts?", begrüßt er uns und umarmt jeden einmal. Grinsend erwidere ich seinen Horan-Hug. Als wir uns wieder voneinander lösen, mustert er mich amüsiert. Ich wette, er schaut gerade, ob ich mehr bi aussehe als am Freitag noch. Natürlich behalte ich damit recht. Kaum, dass die anderen ein wenig vor uns laufen, wispert er mir zu: "Man sieht's dir irgendwie an".

Ich verdrehe die Augen und schaue ihn fragend an. "Keine Ahnung. Du siehst einfach glücklich aus", fügt er hinzu und ich schaue amüsiert wieder nach vorn. In dem Moment dreht sich Harry um und wartet auf uns. Liam und Zayn sind schon im Gebäude verschwunden. "Ergreif deine Chance", flüstert Niall mir ins Ohr. Bevor ich noch etwas antworten kann, ist er weg. Verwirrt schaue ich ihm hinterher.

"Du siehst heute irgendwie verändert aus", meint Harry, als ich bei ihm ankomme. "Jetzt fängst du auch noch damit an", erwidere ich. Erschrocken sieht er weg. Okay, vielleicht klang ich etwas ruppig. Ich seufze und sage: "Sorry, das war nicht so gemeint. Liam und Niall haben mir das nur heute auch schon gesagt und ich weiß nicht, warum". Harry zuckt mit den Schultern und lächelt schüchtern. "Ich weiß es auch nicht, aber es steht dir", meint er dann.

Prompt muss ich glücklich grinsen. Ich muss aussehen wie ein Vollidiot. "Sehen wir uns in der Mittagspause?", frage ich dann, während wir ins  Gebäude laufen. Harry nickt gleich und möchte gerade schon zu seinem Hörsaal laufen, da kann ich nicht anders und umarme ihn. Er erwidert meine Umarmung und drückt mich an sich. "Bis später", flüstert er mir ins Ohr und löst sich. Ich schaue ihm noch kurz hinterher, bevor ich dann erschrocken feststelle, dass ich dringend los muss, wenn ich nicht zu spät zu meiner Vorlesung kommen möchte.

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Emerald green eyes || Part 1 (Larry Stylinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt