Kapitel 45

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Als wir im Wohnzimmer ankommen, richte ich Harry ein Kissen auf der Couch hin und er legt sich mit dem Bauch nach unten auf das Sofa. Ich schalte die Lampe daneben an, damit ich besser sehen kann. Eigentlich fände ich es besser, wenn Harry zum Arzt gehen würde, aber er weigert sich und zwingen kann ich ihn leider nicht. "Warte kurz hier, ich hole schnell Verbandszeug", sage ich und gehe in die Küche. Ich nehme den kleinen gelben Koffer, ein nasses Tuch und eine Pinzette, die ich desinfiziert habe.

Als ich wieder bei Harry ankomme, setze ich mich neben ihm auf einen Hocker. "Es könnte jetzt ordentlich weh tun. Wenn es zu arg wird, sag Bescheid, aber ich geb mein Bestes", sage ich. - "Ja, passt schon. Ich bin ja jetzt irgendwie doch froh, dass du mir hilfst. Ich hab versucht die Scherben rauszubekommen, aber ich kam nicht richtig dran", nuschelt er in das Kissen.

Vorsichtig beginne ich damit, das Blut um die Wunde herum mit dem nassen Tuch wegzutupfen. Harry zuckt nicht einmal zusammen, er scheint wirklich einiges aushalten zu können. Wenn ich jedoch vor allem an seine Vergangenheit denke, wundert mich das nicht sonderlich.

Ich bin froh, dass wir in der Uni zumindest schon gelernt haben, wie man Wunden versorgt. Ich möchte schließlich nichts falsch machen. Bevor ich mich den Glassplittern zuwende, desinfiziere ich mir noch die Hände. Dann beginne ich vorsichtig damit, die einzelnen Partikel mit der Pinzette zu entfernen. Harry zuckt mehrmals zusammen und spannt sich an, aber wen wunderts?

Immerhin scheint die Wunde nicht besonders tief zu sein, wie ich feststelle, als alle Fremdkörper entfernt sind. "Es könnte jetzt ziemlich brennen", warne ich Harry vor, der die Zähne zusammenbeißt und leicht nickt. Ich desinfiziere die Wunde vorsichtig. Harry atmet zittrig aus, als ich endlich fertig bin. Ich verbinde die Stelle noch sorgfältig, ehe ich ihm seinen Pulli reiche.

"Danke", sagt er leise und zieht sich wieder an. "Kein Problem", entgegne ich und bringe den Müll und die Tücher weg. Als ich wiederkomme, sitzt Harry auf der Kante des Sofas. "Was ist los?", frage ich und setze mich zu ihm. Er zuckt mit den Schultern. "Soll ich morgen wirklich mit zu deiner Familie?" Bestürzt sehe ich ihn an. "Natürlich, warum solltest du das denn nicht?!" Er seufzt laut, bevor er antwortet. "Ich möchte nicht, dass deine Familie mich nicht mag. Ich meine schau mich doch mal an: Ich bin schwul und stehe nicht dazu, ich sehe ständig aus als wäre ich regelmäßig in einen Boxkampf verwickelt und alle Menschen, mit denen ich etwas zu tun habe, müssen Angst vor Jack haben!", erklärt er aufgebracht.

"Harry das stimmt nicht. Natürlich bin ich nicht besonders scharf darauf, Jack zu begegnen, aber du bist doch immernoch du und da kann auch er nichts dran ändern. Du bist sowas von liebenswürdig, warmherzig, freundlich und außerdem verdammt hübsch! Meine Familie kann gar nicht anders, als dich nicht zu mögen. Vor allem meine Mum freut sich schon riesig auf dich", versichere ich ihm.

"Wirklich?", hakt er ungläubig nach. - "Na klar! Ich habe heute Mittag erst mit ihr telefoniert und sie hat gleich gemeint, dass ich dir viele Grüße ausrichten soll. Sie liebt dich ja jetzt schon", sage ich. Daraufhin stiehlt sich endlich ein kleines Lächeln in Harrys Gesicht. "Na endlich. So siehst du gleich viel besser aus als ohnehin schon", füge ich hinzu. Er wird leicht rot im Gesicht und murmelt dann: "Du machst mich ganz verlegen".

Lachend stehe ich auf und ziehe in ebenfalls hoch. "Na komm, wir richten jetzt unsere restlichen Sachen für morgen und dann können wir ja noch einen Film schauen, einverstanden?" Er nickt eifrig und geht in mein Schlafzimmer. Lächelnd folge ich ihm. Ich hatte mich so darauf gefreut, mit ihm nach Doncaster zu fahren, dass ich es jetzt wirklich mehr als schade empfunden hätte, würde er doch in Londom bleiben. Zum Glück konnte ich ihn von seinem Gedanken abbringen.

Im Bad räume ich noch schnell das blutige Shirt in den Müll, da das wohl auch mit der Waschmaschine nicht mehr zu retten wäre. Als meine Tasche fertig gepackt ist, gehe ich ins Wohnzimmer, wo Harry schon sitzt und auf Netflix nach einem Film sucht. "Was willst du denn schauen?", frage ich ihn und setze mich neben ihn. "Keine Ahnung. Hast du was gegen einen Liebesfilm oder so?", entgegnet er, woraufhin ich den Kopf schüttle.

Emerald green eyes || Part 1 (Larry Stylinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt