Kapitel 93

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Die Wochen nach Harrys Tod sind für uns alle nicht einfach. Anne hat Gemma inzwischen natürlich alles erzählt. Auch sie war verständlicherweise geschockt und am Boden zerstört. Die Angst vor Jack hat im Endeffekt auch dazu geführt, dass die beiden ihre Sachen gepackt und zu Annes Mutter gezogen sind. Diese hat sich schließlich zu der Frau entpuppt, zu der ich damals geflüchtet bin, als Harry mich nach der Party aus dem Haus geschmissen hat. Mary Smith. Ich habe die alte Dame und ihren Mann inzwischen unglaublich ins Herz geschlossen. Sie ist eine Stütze für uns alle. Oft genug sitzen Anne, Gemma und ich abends gemeinsam mit Mary im Wohnzimmer und lassen uns von ihr trösten.

Auch Niall, Liam und Zayn helfen mir ungemein. Zwar war ich anfangs eher abweisend zu meinen Freunden, da sie mich immerhin für verrückt erklärt haben, als ich sagte, Harry sei etwas zugestoßen, doch ich habe ihnen verziehen. Ich habe ja sonst niemanden.

Tja und Jack? Der ist verschwunden. Eines Nachts ist er in seine Villa eingebrochen, die die Polizei verriegelt hatte, hat seine Koffer gepackt und ist untergetaucht. Die Fahndung läuft international immernoch weiter, doch bisher ohne Erfolg.

Inzwischen ist der Tag, an dem ich erfahren habe, dass Harry tot ist, vier Wochen her. Seine Sachen habe ich nicht ausgeräumt, alles steht und liegt noch so in meiner Wohnung, wie er sie verlassen hat.

Heute ist seine Beerdigung.

Ich stehe vor dem Spiegel in meinem Schlafzimmer und lasse mir von Niall die Krawatte richten. Liam dagegen zupft an meinem schwarzen Jackett herum, während Zayn meine Haare stylt. Als sie fertig mit ihrem Werk sind, treten die drei zurück und betrachten mich skeptisch. Auch sie tragen alle schwarze Anzüge. Ich zwar auch, doch an meinem Finger steckt ein Ring. Es ist Harrys Rosenring. Die Polizisten haben ihn mir wiedergegeben und in Absprache mit Anne hat sie darauf bestanden, dass ich den Ring behalten soll.
"Louis, du musst wieder mehr essen und an die frische Luft gehen. Ich verstehe, dass du eine Pause brauchst, aber auch in der Uni warst du seit so vielen Wochen nicht mehr. Du verschanzt dich in deiner Wohnung, um mit Harrys Klamotten zu kuscheln. Du musst ein ganzes Semester wiederholen, ich hoffe das ist dir klar", weist Niall mich hin, doch ich ignoriere ihn. Auch wenn ich tief in meinem Inneren weiß, dass er Recht hat. Es ist auch nicht zu übersehen. Ich habe tiefe Augenringe, meine Augen sind matt und verquollen, meine einstige Wuschelfrisur hängt nun traurig von meinem Kopf herunter und ich habe einiges abgenommen. Meine Rippen stechen deutlich hervor, man kann sie selbst mit dem schwarzen Hemd darüber erkennen. Auch meine Wangen sind eingefallen, sodass meine Wangenknochen sich deutlich abzeichnen.

Doch es ist mir egal.

Harry ist tot. Und ich bin Schuld. Das sind die einzigen Sätze, die seit Wochen in meinem Kopf herumschwirren. Selbst nachts. Ich habe eine Schlafstörung entwickelt. Nur mit Tabletten schaffe ich es, pro Nacht wenn es gut läuft drei bis vier Stunden zu schlafen. Und selbst dann werde ich von Albtäumen verfolgt.

Es klingelt an der Haustür. Liam geht los und öffnet sie. Kurz darauf höre ich einige Kinderstimmen und meine vier kleinen Geschwister poltern in mein Zimmer. "Louehh!", rufen sie wild durcheinander. Phoebe und Daisy umarmen mich fest und drücken mir jeweils einen Kuss auf die Wange. Anschließend begrüße ich Doris und Ernest, die mir beide schon an den Beinen hängen. Während alle vier dann von Zayn und Liam beschäftigt werden, kann ich den Rest meiner Familie begrüßen. Fizzy und Lottie sehen mich beide traurig an und schließen mich nacheinander in ihre Arme. Auch Marc drückt mich fest an sich und klopft mir ein paar mal auf die Schulter.

"Hallo, mein Schatz", flüstert meine Mum, als sie schließlich an der Reihe ist. Meine Mum war in den letzte Wochen einige Male hier in London. Anne hat sich bereit erklärt, die Tickets zu bezahlen, doch ich werde ihr das Geld natürlich wieder zurückgeben, sobald ich kann. Anne und meine Mum sind sowas wie beste Freundinnen geworden. Jay hat ihr oft bei den Vorbereitungen für die Beerdigung geholfen, sie unterstützt und getröstet.

Emerald green eyes || Part 1 (Larry Stylinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt