Kapitel 64

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"Hallo? Sind Sie Mr. Tomlinson?", höre ich eine Stimme aus dem Eingangsbereich meiner Wohnung. Schnell springe ich auf und renne in die Richtung, aus der die Stimme kommt. Dort steht das Notarztteam, bestehend aus einer Frau und einem Mann, die beide in meinem Alter sind. "Ja, bin ich. Bitte kommen Sie schnell. Seine Atmung und der Puls sind noch vorhanden, aber ich habe den Verdacht auf innere Verletzungen", erkläre ich den beiden, während wir zu Harry rennen. Er liegt noch immer bewusstlos in meinem Bett. Seine Jogginghose wollte er gestern nicht ausziehen, im Endeffekt war das wohl eine gute Entscheidung. "Darf ich fragen, was mit ihrem Freund passiert ist?", fragt mich der junge Arzt, während er sich neben Harry kniet und ihm einen Zugang im Arm legt. Anschließend klemmt er einen Tropf an, den ich nach oben halte, damit sie Flüssigkeit durchlaufen kann. "Ich... ich kann Ihnen nichts Genaues sagen, das muss Harry selbst machen. Aber wenn er wach wird... ähm... dann sollten vielleicht nur weibliche Ärzte anwesend sein", erkläre ich. Anscheinend kann sich der Notarzt schon denken, was passiert ist, denn er steht auf und wechselt mit seiner Kollegin den Platz. Nachdem sie Harry auf eine Transportliege umgebettet haben, tastet die Ärztin seinem Bauch ab. Beinahe erschrocken sieht sie mich an. "Mr. Tomlinson, ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, aber der Bauch Ihres Freundes ist steinhart, er muss sofort ins Krankenhaus, sonst verliert er zu viel Blut! Wissen Sie, welche Blutgruppe Mr. Styles hat?" Ich schüttle den Kopf. Darüber haben wir nie geredet- warum sollten wir auch?! Woher hätten wir denn wissen sollen, dass ich diese Information mal so schnell brauchen würde?
Hektisch renne ich ins Wohnzimmer, wo Harrys Jacke liegt. Ich suche darin nach seinem Geldbeutel. Als ich diesen in der rechten Tasche gefunden habe, klappe ich ihn auf, in der Hoffnung, irgendetwas zu finden, das mir Auskunft über seine Blutgruppe liefern könnte. Ohne Erfolg. Ich gehe schnell wieder zurück ins Schlafzimmer, wo sich inzwischen einiges an Müll von den ganzen Medikamenten angesammelt hat.

"Ich habe nichts gefunden", teile ich dem Rettungsteam mit. Der Mann nickt verstehend und widmet sich wieder dem Notfallkoffer.

Die Notärztin verabreicht Harry eine weitere Spritze. Ihr Kollege funkt derweil bereits das nächstgelegene Krankenhaus an und kündigt Harry als Patient für die Notaufnahme an. Was mir jedoch Sorge bereitet ist, dass er mehrere Blutkonserven der Blutgruppe Null für Harry reserviert. Und das heißt, dass es wohl wirklich schlecht um meinen Freund steht. Während die beiden Harry Richtung Krankenwagen transportieren, wird mir plötzlich schwarz vor Augen und unfassbar schlecht. Ich stütze mich stöhnend an den Wänden ab und torkle zu meinem Badezimmer. Dort angekommen sacke ich sofort vor der Toilette auf den Boden und übergebe mich in die Kloschüssel. Einige Minuten sitze ich hier, während der kalte Schweiß meinen Rücken hinunterläuft und ich immer wieder eine durchsichtige Flüssigkeit hochwürge, da ich seit dem Frühstück gestern nurnoch die paar Kekse mit Harry gegessen habe. "Mr. Tomlinson? Wir fahren dann los, wenn Sie vielleicht die Angehörigen informieren könnten?", höre ich die Stimme der Brünette aus dem Schlafzimmer.

Ich versuche, ihr zu antworten, doch augenblicklich muss ich mich wieder übergeben. Das muss sie wohl gehört haben, denn augenblicklich stürzt sie zu mir. "Um Gottes Willen, was ist denn mit Ihnen passiert? Sie sind ja total blass im Gesicht". Sie fühlt meinen Puls, sieht mich einmal besorgt an, bevor sie mir im Endeffekt unter die Arme greift und mich hochzieht. "Sie kommen jetzt mit uns mit. Erstens wird es für Ihren Freund besser sein, sollte er aufwachen, dass er ein bekanntes Gesicht sieht und zweitens können Sie jetzt unmöglich Auto fahren. Sie haben wohl einen Kreislaufzusammmenbruch".

Nickend gebe ich ihr Recht und wir machen uns auf den Weg zum Rettungswagen. Während ich hineinsteige und mich neben Harry setze, verschließt die Sanitäterin die Türen und ihr Kollege fährt los. Sie verabreicht Harry erneut eine Spritze, tastet seinen Bauch ab und dreht am Tropf herum, der mit Harry verbunden ist und ihm Flüssigkeit liefert. Dann widmet sie sich mir, reicht mir eine Wasserflasche und einige Würfel Traubenzucker. "Hier, nehmen Sie etwas zu sich. Das ist der Schock beziehungsweise die Angst um Ihren Freund", sagt sie dazu.

"Was ist denn jetzt mit ihm?", frage ich, während ich etwas Traubenzucker esse. Sie beobachtet meinen Freund und seufzt. "Mr. Tomlinson, ich möchte Ihnen keine falschen Hoffnungen machen. Es steht wirklich nicht gut um Mr. Styles. Er hat allem Anschein nach innere Blutungen, vermutlich die Milz. Es kann aber auch die Niere erwischt haben. Wir haben direkt den OP reserviert, da dies vermutlich die einzige Lösung für Mr. Styles sein wird. Wir können erst im Krankenhaus ein Ultraschall des Bauchraums machen, um das Ausmaß der Verletzungen festzustellen, aber ich bezweifle, dass ich mit meiner Annahme falsch liege. Wie lange hat er denn schon die Verletzungen?", fragt die Brünette mich. Caroline Miller wie ich auf ihren Namenschild lesen kann.

"Seit...ähm Montagabend", sage ich leise. - "Um Gottes Willen. Das sind fast 40 Stunden bis zum jetzigen Zeitpunkt. Entweder die Blutungen sind nicht so stark wie sie aussehen, oder Mr. Styles ist ein verdammt starker Kämpfer", sagt sie mit großen Augen. - "Ja, das ist er wohl", flüstere ich, während mir die Tränen herunterlaufen und nehme Harrys Hand in meine. Sie ist immernoch eiskalt und die Haut fühlt sich trocken an. "Bitte helfen Sie ihm", sage ich leise. - "Ich kann im Moment leider nicht viel mehr tun als ihm blutungsstillende Medikamente zu verabreichen und seine Atmung und den Puls aufrecht zu erhalten. Ich kann ihn nicht hier im Rettungswagen aufschneiden und operieren", erklärt sie geduldig. Verstehend nicke ich.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir endlich am Krankenhaus an. Ich lasse Harrys Hand nicht los, während wir durch die Gänge Richtung Operationssaal hetzen. Sofort kommen einige Ärzte in weißen Kitteln entgegengestürmt und lassen sich von Caroline die Sachlage erklären. Als wir an der Tür ankommen, an der ich stehen bleiben muss, gebe ich Harry einen Kuss auf die eiskalten, trockenen Lippen und lasse seine Hand los. "Du schaffst das, Baby", flüstere ich. Als die Türen zugehen, höre ich plötzlich vom Raum dahinter einige Rufe und ein schnelles, lautes Piepen. Unter dem Spalt der Tür sehe ich mehrere Leute hin und her eilen, die immer wieder Sachen rufen, die ich nicht verstehe. Am Schlimmsten ist jedoch, dass ich auf einmal wieder das Piepen höre.

Es hört sich jedoch nicht mehr an wie ein zu schneller Herzschlag.

Nein, dieser Piepton hat keinen Rhythmus.

Es ist ein einziges monotones Piepen.

Harry hat einen Herzstillstand.

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Emerald green eyes || Part 1 (Larry Stylinson)Where stories live. Discover now