Kapitel 63

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Da es in der Zwischenzeit schon ziemlich spät geworden ist, geht Harry schonmal ins Badezimmer, während ich noch Niall antworte, der mich ein paar mal angerufen hat und fragen wollte, ob ich Harry gefunden habe. Als ich ihm eine kurze Nachricht geschickt habe, dass er mit seiner Vermutung richtig lag und Harry nun erstmal bei mir schläft, ist er immerhin beruhigt, dass ich meinen Freund wieder bei mir habe.
"Lou, du kannst ins Bad, ich bin fertig!", ruft Harry, weshalb ich mein Handy zur Seite lege und in die Küche gehe. Dort nehme ich mir eine kühlende Salbe gegen Schmerzen und gehe zu Harry, der bereits in meinem Bett liegt. "Aber ich habe noch eine Bedingung", sage ich, als er abwartend auf meine Hand schaut, in der ich die Tube halte. "Und die wäre?"

"Du schmierst dir etwas hiervon auf sämtliche Hämatome. Das kühlt und lindert vielleicht die Schwellungen", entgegne ich und reiche ihm die Salbe. Seufzend richtet Harry sich auf und beginnt vorsichtig damit, den Inhalt der Tube zu verteilen. Er beginnt am Bauch und an seinen Armen, doch an seinen Rücken kommt er nicht gut dran. "Kannst... ähm... kannst du mir vielleicht helfen?", fragt er zögerlich. - "Klar! Natürlich". Ich nehme ihm die Salbe aus der Hand, verteile etwas davon auf meinen Fingern und beginne damit, diese auf seinen Schulterblättern zu verteilen. Während ich weiter runter wandere, um zu seinem unteren Rücken zu gelangen, merke ich, wie Harry sich immer mehr anspannt und hektisch atmet. "Hazza es ist alles gut. Ich helfe dir nur, ich tue dir nichts", versuche ich es mit einer beruhigenden Stimme. Tatsächlich lockert sich seine Muskulatur wieder etwas und ich kann sein Steißbein eincremen. Als ich dazu jedoch den Bund seiner Boxershorts etwas anheben muss, schlägt Harry abrupt meine Hand weg, dreht sich um und krabbelt ans andere Ende vom Bett. Dort kauert er sich zusammen, atmet schnell und starrt mich mit riesen Augen an. "Fass mich nicht an!"

Erschrocken und abwehrend halte ich meine Hände nach oben. "Hey, es ist alles in Ordnung, Schatz. Ich tue dir nichts, du kennst mich doch. Ich wollte dir bloß dein Steißbein eincremen". Immernoch sehr skeptisch und mit ängstlichen Augen sieht er mich an und löst sich nicht aus seiner Kauerhaltung. Ich schließen kurz die Augen, atme tief durch und lege die Salbe weg. "Ich fass dich nicht an, Harry. Ich tue nichts was du nicht möchtest, einverstanden?" Der Lockenkopf nickt zögerlich und sieht mich beinahe entschuldigend an. "Und du brauchst auch kein schlechtes Gewissen zu haben, ich nehme dir das nicht übel", beruhige ich ihn. Das wäre ja wohl das Letzte.

"Warum tust du das alles?", fragt Harry, nachdem wir eine ganze Weile schon mit etwas Abstand nebeneinander im Bett liegen. Eigentlich dachte ich, er schläft schon, da er die ganze Zeit still lag, während ich mich von einer Seite auf die andere gewälzt habe, da ich nicht einschlafen konnte. "Was genau meinst du?" Ich drehe mich zu ihm und sehe, dass er mit offenen Augen auf dem Rücken liegt und an die Zimmerdecke starrt. Das grüne Funkeln seiner Augen erkenne ich selbst im Dunklen. "Naja... ich mein... warum hast du mich nicht schon längst weggeschickt?"

Bestürzt stütze ich mich auf dem Ellenbogen ab und sehe Harry an. "Warum zur Hölle sollte ich das tun?"

- "Was hast du denn schon von mir? Ich kann dir nicht meine Familie vorstellen, weil ich Angst haben muss, dass man dir etwas antut, wir müssen uns verstecken, und wir können nicht einmal Sex haben, weil ich Angsthase es einfach nicht auf die Reihe bekomme. Jedes Mal wenn wir in diese Richtung gehen, ist bei mir wie eine Art Blockade. Mein Herz beginnt zu rasen, ich bekomme keine Luft mehr und meine Kehle ist wie zugeschnürt. Es ist wie eine Panikattacke, und das alles nur weil ich zu feige bin, meinen Stiefvater bei der Polizei zu melden", zählt Harry auf, "also wieso bitte hast du mich nicht schon längst in den Wind geschossen? Ich würde es dir ja nicht einmal übel nehmen. Ich dachte ja, dass du mich bereits an Weihnachten rausschmeißt, nachdem ich die alles erzählt habe".

Vorsichtig lege ich meine Hand auf die Stelle der Bettdecke, unter der ich die Harrys vermute. Tatsächlich erscheint sie kurz darauf und Harry verschränkt unsere Finger miteinander. Sanft streiche ich mit meinem Daumen über seine weiche, zarte Haut. "Auf die Idee würde ich nicht einmal kommen. Ich liebe dich doch nicht, damit wir Sex haben können oder damit ich auf sämtliche Familienfeten eingeladen und Mamas Lieblingsschwiegersohn werde. Ich liebe dich weil du du bist. Mit deiner liebevollen, aber trotzdem charakterstarken Art und auch wegen deinen tollen Augen, das gebe ich zu", sage ich und meine zu hören, wie Harry leise kichert. "Natürlich liebe ich auch Sex und ich würde mit freuen, wenn ich irgendwann mit dir schlafen könnte, aber das läuft uns ja auch nicht davon. Außerdem bin ich auf dem Gebiet, mit einem Jungen zu schlafen ja noch neu, und gerade deshalb ist es für mich absolut kein Problem, noch zu warten. Ich habe versprochen, immer bei dir zu bleiben, und das werde ich auch, Harry".

Plötzlich rollt Harry sich langsam zu mir rüber und kuschelt sein Gesicht in meine Halsbeuge. Da ich mit dieser Nähe nicht gerechnet hätte, fange ich an zu lächeln, gebe ihm einen Kuss auf die Haare und lege vorsichtig, um ihm nicht wehzutun, meinen Arm um ihn. Meine freie Hand verschränke ich mit seiner. "Du bist toll. Ich weiß gar nicht, womit ich dich verdient habe", murmelt er und ich spüre den warmen Luftzug an meinem Hals. "Soll ich noch einmal alles aufzählen, warum ich dich liebe?", frage ich scherzhaft, weshalb er nun wirklich kichert und den Kopf leicht schüttelt. "Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als es zu akzeptieren, auch wenn ich es nicht verstehe, oder?", fragt er. - "Du hast es erfasst. Und jetzt versuch zu schlafen, dein Körper braucht Ruhe und Erholung. Wir gehen morgen mal nicht in die Uni, mittwochs habe ich sowieso unwichtige Vorlesungen", sage ich. - "Danke für alles, Lou".

- "Du brauchst dich für nichts zu bedanken".

~*~

Am nächsten Morgen wache ich davon auf, dass die Sonne mich im Gesicht kitzelt und ich niesen muss. Harry liegt seelenruhig neben mir und schläft. Er liegt inzwischen wieder auf den Rücken und hält ein Kissen vor dem Oberkörper umklammert, als würde er sich vor etwas schützen wollen. Prüfend beobachte ich ihn einen Moment länger, doch ich kann keine Unruhe feststellen. Nach ein paar Minuten wird mir mein Bett dann zu unbequem, weshalb ich kurzerhand aufstehe, um schonmal das Frühstück vorzubereiten.

In der Küche mische ich anhand des Rezepts das Harry mir mal irgendwann gegeben hat, eine Portion Teig für Pancakes zusammen. Inzwischen bekomme ich es sogar auf die Reihe, diese in der Luft zu wenden. Nur ganz selten landet mal einer auf dem Boden. Generell habe ich in letzter Zeit erstaunlich oft eine richtige Mahlzeit gekocht, aber das ist auch wieder Harrys Verdienst. Er hat mir mehrmals in der Woche Rezepte über WhatsApp geschickt, und im Endeffekt ein Beweisfoto von mir eingefordert, um zu prüfen ob ich auch wirklich gekocht habe. Tatsächlich hat es meistens sogar ganz gut funktioniert, nur einmal sind mir die Nudeln übergekocht oder die Kartoffeln zu weich geworden, aber essen konnte man es trotzdem. Die ganzen Rezepte habe ich mir ausgedruckt und in einen Ordner geheftet.

Als ich einen ganzen Stapel Pancakes auf zwei Teller verteilt habe, decke ich jeweils eine Haube darüber, um sie warm zu halten. Danach gehe ich ins Bad, erledige eine Katzenwäsche und betrete anschließend mein Schlafzimmer. Harry liegt immernoch unverändert im Bett. Nur eine Hand ist vom umklammerten Kissen gerutscht und liegt nun schlaff daneben. Er sieht merkwürdig blass aus. Stirnrunzelnd trete ich etwas näher. "Hey Schlafmütze. Frühstück ist fertig", flüstere ich in sein Ohr und gebe ihm einen Kuss auf die Stirn. Es kommt keine Reaktion. Verwirrt nehme ich seine Hand, die neben dem Kissen liegt. Sie ist eiskalt. "Harry?", frage ich nun etwas lauter und schüttle ihn leicht an der Schulter. Er rührt sich weiterhin nicht. "Harry wach auf!", rufe ich und rüttle fester an ihm. Bestürzt hebe ich das Kissen von seinem Bauch, dass er umklammert davor hielt. Vor Schreck taumle ich ein paar Schritte zurück und reiße die Augen. Plötzlich wird mir alles klar.

Harry hat das Kissen nicht vor seinen Bauch gehalten, weil ihm kalt war oder sonst etwas, sondern weil er starke Schmerzen hatte. Er hat mich nicht geweckt, weil er nicht ins Krankenhaus wollte. "Harry, bitte nicht!" Ich trete wieder näher, verpasse ihm einige Klappser auf die Wange. Als er weiterhin nicht reagiert, fühle ich seinen Puls und überprüfe die Atmung. Beides ist nur sehr schwach fühlbar.

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Bitte das Voten nicht vergessen😊
Hey ich hoffe es ist nicht so schlimm, dass im Moment immer nur ein neues Kapitel pro Tag kommt, denn ich habe nurnoch wenige Kapitel in Reserve, aber ich schreibe fleißig weiter😋

Emerald green eyes || Part 1 (Larry Stylinson)Where stories live. Discover now