Kapitel 60

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Beruhigt nehme ich nach einer Weile wahr, dass Harrys Tränen etwas nachlassen und seine Atmung sich verlangsamt. Trotzdem hält er mich immernoch fest umklammert, während wir aneinander gekuschelt auf dem Boden sitzen- weit genug vom Rand des Gebäudes entfernt. "Hast du das vorhin ernst gemeint, was du gesagt hast?", fragt Harry leise. Sein Blick ist immernoch auf meine Brust gewandt. Da ich nicht genau weiß, auf was er anspielt, antworte ich: "Jedes Wort". Es ist schließlich die Wahrheit. Alles was ich gesagt habe, stimmt auch.

"Ich liebe dich", nuschelt der Lockenkopf, lockert den Griff um meine Jacke etwas und nimmt meine Hand in seine. "Ich liebe dich auch", antworte ich leise und drücke ihm einen sanften Kuss auf die Stirn.

Nach einer Weile lockert sich die Wolkendecke und die Sonne erscheint am Himmel. Harry atmet einmal tief durch, bevor er sich aufrichtet und mich endlich wieder in seine Augen blicken lässt. Sie sind immernoch rot und etwas verquollen vom ganzen Weinen, doch das macht sie auf keinen Fall weniger schön. Auch wenn das fröhliche Funkeln fehlt. "Sollen wir zu mir fahren oder möchtest du noch hierbleiben?", frage ich zögerlich, da mir mein Hintern langsam auf den kalten Boden abfriert. - "Wir können gern zu dir gehen", sagt Harry.

Nickend stehe ich auf. Harry braucht etwas länger, da er offensichtlich Schmerzen hat, also greife ich ihm leicht unter die Arme und ziehe ihn zu mir hoch. "Danke", murmelt er beschämt. Als Antwort gebe ich ihm einen sanften Eskimokuss, da ich nicht weiß, wie viel Nähe er momentan überhaupt möchte. Während wir die Stahltreppe wieder hinunter zu unseren Autos laufen, beschließen wir, dass Harry bei mir mitfährt. Er schreibt seiner Mum eine kurze Nachricht, dass diese mit seinem Wagen heimfahren kann. Ich weiß nicht genau, wie er das Ganze gemanagt hat, aber solange er bei mir ist, bin ich zufrieden.

Während ich bereits hinter dem Lenkrad sitze, lässt sich Harry vorsichtig auf dem Platz neben mir nieder. Auch wenn er zwar versucht, sich nichts anmerken zu lassen, stelle ich fest, dass er vor Schmerz das Gesicht verzieht und einen Seufzer unterdrückt. Als er meinen Blick bemerkt, nehmen seine Wangen eine knallrote Färbung an und er dreht sich beschämt von mir weg. "Bitte schau mich nicht so an", sagt er leise.

"Wie schaue ich dich denn an?", frage ich verwirrt. - "Mitleidig. Ich möchte kein Mitleid, ja?", erklärt Harry, während er aus dem Fenster schaut. Seufzend wende ich mich der Strasse zu und fädle mich in den Verkehr ein. "Das war nicht beabsichtigt", sage ich mehr zu mir selbst, doch Harrys Nicken zeigt mir, dass er es mir nicht übel nimmt. Ich weiß einfach nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll. Während das Auto sich mit Schweigen füllt, schaut Harry weiterhin aus dem Fenster. Seine Finger sind krampfhaft in seinem Schoß miteinander verknotet. Zögerlich lege ich meine eine Hand auf seine- nicht wissend ob er das überhaupt möchte. Eine ganze Weile kommt keine Reaktion von ihm.

Doch plötzlich atme ich erleichtert aus, als er unsere Finger miteinander verschränkt und den leichten Druck meinerseits erwidert. Ich werfe ihm einen Seitenblick zu, doch er hat seinen Kopf immernoch Richtung Fenster gerichtet.

Als wir bei meiner Wohnung ankommen, möchte ich Harrys Hand am liebsten gar nicht los lassen. Trotzdem bleibt mir leider nichts Anderes übrig und wir steigen aus dem Wagen. Als ich vor der Haustür stehe und aufschließe, spüre ich Harrys warmen Atem in meinem Nacken. Sofort bildet sich an dieser Stelle eine Gänsehaut, die ich mit einem kleinen Lächeln willkommen heiße. "Möchtest du etwas essen oder trinken?", frage ich zögerlich, um das Schweigen zu durchbrechen. - "Kann ich bitte ein Glas Wasser haben?"

- "Klar, ich bringe es dir. Setz dich ruhig auf die Couch, ich komme gleich zu dir", antworte ich. In der Küche angekommen atme ich ein paar mal tief durch. Ich habe absolut keinen Plan, wie ich jetzt vorgehen soll. Natürlich möchte ich wissen, was passiert ist. Dennoch will ich auf keinen Fall, dass Harry sich unter Druck gesetzt fühlt, wenn ich zu sehr nachhake. Ich schließe für einen Moment die Augen und versuche, meine Gedanken zu ordnen. Dann fülle ich zwei Gläser mit Wasser, nehme ein paar Kekse und gehe zu Harry zurück. Entgegen meiner Erwartung, sitzt er nicht auf der Couch, sondern steht mit dem Rücken zu mir am Geländer meines Balkons und lässt seinen Blick über die Aussicht schweifen.

"Schatz?", frage ich leise, um ihn nicht zu erschrecken. Harry dreht sich langsam zu mir um und kommt ein paar Schritte auf mich zu. Er schaut mir für ein paar Sekunden in die Augen, bevor er mir das Glas aus der Hand nimmt und in einem Zug leertrinkt. "Durst?", frage ich ironischerweise, woraufhin er mich einigermaßen belustigt anschaut und seine Mundwinkel zucken. - "Ein bisschen", antwortet er. Lächelnd gebe ich ihm noch das zweite Glas, das eigentlich für mich gedacht war. Auch dieses leert er beinahe auf einmal. Als ich ihm jedoch die Kekse hinhalte, lehnt er dankend ab. Vielleicht später.

"Wollen wir rein? Mir wird langsam kalt", schlage ich vor, als auch Harrys Nase leicht rot wird. Nickend folgt er mir zurück in meine Wohnung. Dort angekommen setzen wir uns auf die Couch... mit Abstand... den ich nicht so gewählt habe...

Ich versuche mir meine Enttäuschung nicht allzu sehr anmerken zu lassen. Anscheinend jedoch erfolglos, denn Harry wirft mir einen entschuldigenden Blick zu, bevor er ein kleines Stückchen näher rückt und zögerlich nach meiner Hand greift, welche ich zufrieden annehme. "Keks?", frage ich und deute auf die Schüssel vor uns. Erneut lehnt Harry ab. Allerdings muss er endlich mal etwas essen, immerhin geht es schon auf Abend zu und heute Mittag ist er ja aus der Uni geflüchtet.

"Hmmm...lecker...", beginne ich zu essen. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie mein Freund mich beobachtet. "Dieser saftige Keksteig mit einem Hauch von süßer Vollmilchschokolade... Köstlich".

Begeistert stelle ich fest, wie sich ein Grinsen auf Harrys Gesicht ausbreitet. Ich halte ihm den halbierten Keks vor die Lippen. Als er seinen Mund jedoch nicht öffnet, zwänge ich den Keks einfach dazwischen. "Du bist unmöglich", stellt Harry schmatzend fest. Ich dagegen zucke nur mit den Schultern. "Ich liebe dich einfach", gebe ich zurück.

Während wir die Kekse aufessen, herrscht wieder mal Stille. Wobei diese nicht mal so unangenehm ist- im Gegenteil. Ich genieße es gerade eigentlich. Harry geht es gerade glaube ich nicht anders. Er lehnt sich auf der Couch zurück und schließt die Augen. Meine Hand hält er trotzdem noch fest umschlungen, als hätte er Angst, dass ich gehe. Was ich natürlich nicht vorhabe. Ich bleibe bei ihm, egal was passiert. Versprochen ist versprochen.

Vorsichtig führe ich unsere Hände zu meinem Mund und gebe einen sanften Kuss auf seinen Handrücken. Sofort färben sich seine Wangen wieder leicht rosa. Harry öffnet ein Auge und blickt mich skeptisch an. "Soll ich raten? Gleich kommt die Frage: Was ist passiert?", meint er, doch es klingt keineswegs abweisend, wie ich zuerst vermutet habe.

"Kann sein. Aber du musst entscheiden, ob du es mir erzählen möchtest oder nicht. Ich zwinge dich zu nichts", entgegne ich und sehe ihn aufmerksam an.

Seufzend öffnet er nun auch das andere Auge. "Du weißt bestimmt eh schon alles, oder?"

"Weiss ich nicht. Deswegen würde ich es auch gerne von dir hören", entgegne ich.

"Liebst du mich danach noch genauso wie jetzt?", fragt er zögerlich. Bestürzt sehe ich ihn an. "Ja, natürlich! Dir muss nichts unangenehm oder peinlich sein. Und falls dieser dumme Gedanke irgendwo in deinem Kopf herumschwirrt: ich habe dir versprochen, bei dir zu bleiben und das werde ich auch einhalten. Nach all den sinnlosen Streitereien zwischen uns hat es lange genug gedauert, bis wir endlich zusammen waren, das werde ich auf keinen Fall einfach wegwerfen!"

Harry erhöht dankend den Druck auf meine Hand ein wenig.
"Okay, ich werde es dir erzählen."

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Emerald green eyes || Part 1 (Larry Stylinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt