Kapitel 77

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Wahrheit. Bedeutet Wahrheit, jemandem alles zu erzählen? Alles, was real ist? Oder fällt darunter auch, einer Person etwas zu verschweigen? Ist das dann schon Lügen? Aber Lügen ist, wenn ich jemandem etwas erzähle, was nicht stimmt. Oder?

Ich möchte Harry nicht anlügen, aber genauso wenig kann ich ihm die Wahrheit sagen. Es ist eine Zwickmühle, für die ich keine passende Lösung habe. Außer Schweigen. Ich möchte Harry beschützen, doch das funktioniert nur, wenn er mir vertraut. Und er hat gesagt, dass er das tut. Ich darf dieses Vertrauen nicht brechen.

Also entscheide ich mich für die beste Möglichkeit. Ich schweige.

"Nein, Harry, rede dir so etwas bitte nicht ein. Ich liebe dich. Und ich habe dir versprochen, immer für dich da zu sein. Glaubst du wirklich, ich lasse dich jetzt im Stich?", frage ich und umgreife seine Hände mit den meinen. Harry blickt unruhig zwischen meinen Augen hin und her. Er weint immernoch. Ich löse eine Hand aus unserer Verklammerung und streiche ihm sanft über die Wangen. "Bitte hör auf zu weinen, sonst weine ich gleich mit", sage ich leise und bin schon nahe an der Grenze. Ich schließe meine Augen einen Moment und überlege mir eine passende Antwort. Als ich wieder aufschaue, hat Harry seinen Blick nicht von mir gelöst. Noch immer laufen ihm die glitzernden Tränen die Wangen hinunter. "Aber was ist es denn dann? Warum ist es so komisch zwischen uns? Das ist seit meiner zweiten Operation so", flüstert er.

Nun muss ich doch weinen. Ich kann Harry nicht gefühlskalt betrachten, wenn ihm die Tränen in den Augen stehen. "Es ist... also... es hat nichts mit dir zu tun, Harry. Ich habe im Moment einfach eine Menge Stress in der Uni und dadurch schaffe ich es nicht mehr, den ganzen Tag bei dir zu bleiben. Dadurch dass ich eine komplette Woche gefehlt habe, muss ich eine Menge nachholen", erkläre ich mit zitternder Stimme. - "Aber... aber warum... warum hast du denn nichts gesagt? Ich habe schon Niall angerufen, ob ich etwas getan habe, was falsch war, doch er hat mich nur abgewimmelt. Ihr hättet mir doch sagen können, dass ihr keine Zeit habt, aber... ich habe mir einfach die ganze Zeit so Sorgen gemacht. Ich konnte nicht mehr schlafen, hatte Albträume, dass du mich verlässt", erklärt Harry.

Und zack! Mein schlechtes Gewissen steigert sich gerade ins Unermessliche. "Ich verlasse dich nicht. Und es tut mir leid, dass du dir so Sorgen gemacht hast, so weit habe ich gar nicht gedacht", rede ich mich heraus. Harry nickt nur.

"Können...ähm... wir jetzt dann vielleicht kuscheln?", fragt er schüchtern. Sofort muss ich lächeln. Harrys Wangen nehmen mal wieder die rötliche Farbe an und er schlägt schüchtern die Bettdecke etwas zurück. "Du bist so süß", entgegne ich und klettere zu ihm aufs Bett. Zum Glück ist dieses relativ breit, sodass wir gut zu zweit drauf passen. Harry sieht mich einen Moment fragend an, doch beginnt zu strahlen, als ich mit meinem Blick auf meine Brust deute. Ich habe meinen little spoon wieder.

Es geht schon Richtung Abend, als Harry langsam müde wird und ihm immer wieder die Augen zufallen. Sein Kopf ist an meine Brust gekuschelt und mit seinen Armen umklammert er meinen Oberkörper, als hinge sein Leben davon ab. Ich bin gerade vertieft in den Film, den der kleine Fernseher an der Wand gegenüber zeigt, als ein leises Schnarchen ertönt. Ich stoppe damit, Harrys Locken zu zwirbeln und betrachte meinen Freund stattdessen. Auf seinen Lippen liegt ein leichtes Lächeln und seine Augen bewegen sich unter den geschlossenen Augenlidern ein wenig. Ich wüsste gerne, was Harry wohl gerade träumt.

"Ich liebe dich, mein Schatz", flüstere ich ihm ins Ohr. Selbst jetzt stelle ich fest, dass Harrys Nackenhärchen sich aufrichten und er eine Gänsehaut bekommt. Dass er sogar im Schlaf so auf mich reagiert, ist wirklich unglaublich. Ich lasse meinen Blick über Harrys komplettes Gesicht schweifen. Von den paar Haarsträhnen, die in seiner Stirn hängen, über die langen Wimpern bis hin zu seinen weichen rosa Lippen, die leicht geöffnet sind. Wieder einmal kann ich es kaum fassen, womit ich so einen tollen und wunderschönen Freund verdient habe.

Emerald green eyes || Part 1 (Larry Stylinson)Where stories live. Discover now