|| 5 || Notfallsitzung

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Avyanna Salvatore

«Danke, dass ihr alle es so kurzfristig einrichten konntet, an dieser Notfallsitzung teilzuhaben», begrüße ich Leandro, Cassian, Sergio Mayra und Dorian.
Da Santiago, Leandros Unterboss, im Camorra Hochhaus die Stellung hält, ist es ihm nicht möglich, an der Besprechung teilzunehmen.

Meine Mutter wollte ebenfalls an diesem Treffen teilnehmen, allerdings wäre dies unangebracht und würde uns wohl kaum weiterbringen. Ich verstehe, dass sie bei allem, was annährend mit Luigi zu tun hat, dabei sein möchte, jedoch war sie nie tief in Mafia Angelegenheiten verstrickt. Sie wäre hier fehl am Platz.

Auch Miguel wollte über Videochat an der Besprechung teilnehmen, jedoch musste ich auch ihm absagen. Die Gefahr wäre zu groß, dass wir abgehört werden könnten. Zudem muss er erst wieder das Sprechen erlernen. Ich möchte ihn nur ungern mit Nachrichten konfrontieren, die ihn stressen könnten.

«Was ist geschehen?», fragt Leandro, um direkt auf den Punkt zu kommen. Wir alle kennen uns nun schon so gut, dass weitere Höflichkeiten unnütze Zeitverschwendung wären.
Sergio antwortet: «Wir fanden Aufzeichnungen von Vincenzo.»

Cassian runzelt die Stirn. «Wo?»
Sergio schaut Cassian mit einem möglichst ausdruckslosen Gesichtsausdruck an, jedoch schimmert etwas in seinen Augen. Ein Gefühl, das so gut verborgen ist, dass es nicht möglich herauszufinden ist, ob es sich um eine positive oder negative Emotion handelt.
Nur am Rande habe ich mitbekommen, dass Cassian Sergio eine Weile ignoriert hat, auf seine Nachrichten und Anrufe nicht antworten wollte. Die einzige Erklärung, die ich hierfür habe, ist eine von Cassian ausgehende Bindungsangst sowie eine ungesunde Menge von Pflichtgefühl gegenüber Leandro.

Ob meine Vermutungen der Wahrheit nahekommen, weiß ich nicht. Sie halfen auch nicht Sergio zu trösten.
Für mehrere Tage war Sergio wieder wie kurz nach dem Tod meiner Eltern (bzw. nach dem Tod meines Vaters und dem Verschwinden meiner Mutter). Er glich einem Geist. Nur war sein Körper nicht tot und seine Seele lebend, sondern verkehrtherum. Er war eine tote Seele, gefangen im lebenden Körper. Seine Augen waren stumpf und leblos. Seine Bewegungen abgehackt und schwach. Sein Verhalten müde und gereizt.
Ich hoffe nicht nur für Sergios und Cassians Glück, dass die beiden zusammenfinden, sondern auch für mein und der Mafias Willen.

Sergios Augen reißen sich von Cassian los, um nun seinen Blick über alle Anwesenden schweifen zu lassen. «Die Aufzeichnungen fand man in seinem Büro.»
Cassian kneift seine Augen zusammen. «Das wurde bereits vier Mal durchsucht und wir wurden kein einziges Mal fündig.» Seine Frage hängt unausgesprochen in der Luft: Wie ist es möglich, dass Vincenzos Aufzeichnungen erst jetzt gefunden wurden?

Ich erkläre: «Einer meiner Männer hat die Aufzeichnungen in einem versteckten Versteck unter einer losen Bodendiele gefunden.»
Leandro fragt: «Wieso wurde diese nicht schon früher ausfindig gemacht?»
Ich zucke mit meinen Schultern. «Ich weiß es nicht.»
«Es könnte eine Falle sein», gibt Cassian zu Bedenken.
Ich nicke. «Dieselbe Vermutung hege auch ich.»

«Vertraust du dem Mann, der die Aufzeichnungen gefunden hat?», fragt Leandro.
Ich beiße mir auf die Zunge. Casper wurde in die Mafia hineingeboren. Beide seiner Eltern waren Salvatore Mafiosi. Ich kenne ihn gut, bin quasi mit ihm aufgewachsen. Also ja, ich vertraue ihm. «Casper ist einer unserer führenden Kapitäne», erkläre ich. «Allerdings spielt Vertrauen in dieser Angelegenheit keine Rolle.» Ich seufze. «Fakt ist, dass es verwunderlich ist, wie dieses Versteck samt Aufzeichnungen so lange versteckt bleiben konnte.»

Mehrere Sekunden herrschen Stille, bis Cassian fragt: «Welche Personen haben Vincenzos Räume durchsucht?»
Mayra zieht einen dünnen Stapel Papiere aus ihrer Tasche, steht von ihrem Stuhl auf und verteilt jedem einen kleinen Stapel Papiere. «Auf der ersten Seite, Vorder- und Rückseite, befinden sich sämtliche Daten zu den Raumdurchsuchungen. Unter anderem Datum, Uhrzeit und Anwesende. Auf den restlichen Seiten sind kurze Lebensläufe aller Personen zu finden samt deren Stellungnahme, als wir sie befragten, wie dieses Versteck übersehen werden konnte.»
Dorian ergreift das Wort: «Es behaupten alle, Jason hätte jedes Mal die Bodendielen gründlich abgetastet, aber bei der letzten Durchsuchung der Räume konnte er aufgrund einer schweren Grippe nicht helfen. Casper wäre freiwillig für Jason eingesprungen.»

Mafia Romance 2 Where stories live. Discover now