|| 26 || Das Monster

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Avyanna Salvatore

Ich drehe mich Sergio zu, bitte ihn mit einem Nicken, das Ruder zu übernehmen. Sergio nickt mir als Antwort kurz zu, bevor er einen Schritt nach vorne tritt und ein Brief aus seinem Sakko zieht. Er ließt vor: «Kapitän Jason, Mafioso der Salvatore Mafia, wird des Hochverrates bezichtigt. Nachweißlich führte er geheime Gespräche mit Vincenzo, einem geflüchteten Feind. Er soll mit Vincenzo zusammen ein Komplott geplant haben. Er wird der Beihilfe des Mordes von seinem Kollegen Kapitän Casper angeklagt. Zudem gibt es Grund zur Annahme, dass er in weitere Komplotte verwickelt ist, wie der Geheimhaltung von Vincenzos Dokumenten. Außerdem wird er der Missachtung des Capo dei Capis beschuldigt.»

Mittlerweile hat Jason es aufgegeben, sich zu wehren. Er weiß, was auf ihn zu kommt. Genauso gut ist ihm bewusst, dass ihn nichts und niemand mehr retten kann.

Sergio holt kurz Luft, bevor er fortfährt: «Jason würde zu mindestens zwanzig Mal lebenslänglich verdammt werden, jedoch zeigen Miss Salvatore und Mister Cassamento sich gnädig.» Er atmet tief durch. «Aufgrund der mangelnden Beweislage wird Jason lediglich zu Tode verurteilt.»

Aufgeklappte Münder. Große Augen. Keuchen. Zischen. Geflüster.
Jeder in diesem Raum ist sich bewusst, dass Jason ein angesehener Mafioso in meiner Familia ist. Allein ihn umzubringen hätte für Wirbel in der Mafia Welt gesorgt, doch aus seiner Hinrichtung eine Feier zu machen ist ein ganz anderes Level. Ein Level, welches von mir nicht erwartet wurde.

Heute werde ich das Monster in mir herauslassen.

Heute werde ich nicht nur brutal sein, sondern auch verrückt.

Wenn ich morde, verdränge ich meine Gefühle, lasse nur Entschlossenheit und kalte Rationalität über meinen Körper regieren. Heute wird das anders ablaufen. Heute heiße ich nicht nur die Kälte willkommen - heute lasse ich mein Monster frei.

Ein Monster mit der Neigung zur Psychopathie.

Wenn ein Mann diese Seite zeigt, wird er als stark und ehrfürchtig betitelt.
Eine Frau hingegen wird als verrückte Psychopathin abgestempelt.

Aus diesem Grund habe ich diese Seite jahrelang in mir versteckt, habe sie verdrängt und nicht wahrhaben wollen. Manchmal schien die Seite durch, aber nie zuvor ließ ich dem Monster in mir freien Lauf.

In den letzten Tagen, nein, in den letzten Jahren, habe ich gelernt, dass ich nie akzeptiert werde. Aber wer braucht schon Akzeptanz, wenn Ehrfurcht ausreicht?
Sie müssen mich nicht gerne auf dem Thron sehen. Sie müssen nur kapieren, dass der Thron mein ist und sie mir verdammt nochmal zu gehorchen haben.

«Ruhe!», donnere ich. Niemand hört auf mich. Jeder redet weiter. Nur Miguel sieht mich an. Alle anderen scheinen mich nicht mal zu bemerken. Kopfschüttelt schnalze ich mit der Zunge. Das werden sie bereuen. Ich drehe meinen Kopf zu Leandro, signalisiere ihm, dass er es versuchen soll.
«Ruhe!», dröhnt Leandros Stimme durch den Saal. Eins. Zwei. Drei. Vier. Fünf. Genau fünf Sekunden hat es gedauert, bis alle Stimmen verklungen.

Ich schnaube verächtlich. «Ihr wollt mich doch verarschen.»
«Wie bitte?», platzt es Ronaldo Ancelotti heraus.
Ich ziehe eine Augenbraue in die Höhe, während meine emotionslosen Augen auf Ronaldo liegen. «Wie bitte?», wiederhole ich seine Worte. «Das müsste wohl eher ich euch fragen.» Mein Blick wandert über die Reihen. «Ihr alle habt mir zu gehorchen. Jedoch entscheidet ihr euch Tag für Tag dafür, meine Macht infrage zu stellen.»

Meine Anschuldigung prallt bei den meisten Mafiosi ab. Meine Worte interessieren sie nicht. Womöglich schieben sie meine Empörung meiner Periode zu. Schließlich ist jede Frau, die etwas Derartiges sagt, entweder in der roten Phase oder einfach übergeschnappt und wahnsinnig.

«Du gibst uns auch allen Grund dazu», wirft Mister Gevarsi ein.
Ein kaltes Lachen dringt aus meiner Kehle. Ich schreite mit einem gemeingefährlichen Lächeln auf Mafia Boss Gevarsi zu. Kurz vor ihm bleibe ich stehen, meine Hände hinter dem Rücken verschränkt und das Kinn nach oben gestreckt, so dass ich leicht zu ihm runter schauen muss. «Was gibt ausgerechnet Ihnen das Recht, so zu urteilen?»

Mister Gevarsi schluckt schwer, jedoch würde er sich eher in den sicheren Tod manövrieren, als ein Rückzieher zu machen. «Jeder hier, gar Sie selbst, wissen nur allzu gut, dass eine Frau nur als Geliebte des Anführers auf den Thron gehö-»

Klatsch!

Noch bevor sein Mund das letzte Wort formen konnte, prallt meine Handinnenfläche gegen seine Wange. Mein Schlag war so stark, dass es seinen Kopf zur Seite reißt. In kürzester Zeit zeichnet sich mein Handabdruck auf seiner Wange ab. Er führt seine Hand an seine Wange und zischt, als er sie berührt. Mit tränenden Augen funkelt er mich an. «Du Miststück!»

Ein Lächeln kitzelt an meinen Lippen, als eine Erinnerung in mein Bewusstsein tritt. Nichtsdestotrotz bewahre ich einen emotionslosen Gesichtsausdruck. «Hätte ich nicht andere Pläne mit Ihnen, lägen Sie nun blutspuckend am Boden.»

«Sie drohen mir?»
Drei Sekunden sehe ich ihn an. Niemand im Raum wagt es zu atmen. So gefällt es mir. Ich wende mich an Gevarsis Berater Manuel. «Haben Sie meine Worte als eine Drohung aufgefasst?»
Manuels bronzene Gesichtsfarbe verwandelt sich in Sekunden zu einem weißlichen Farbton. «Äh, ähm, I-Ich-», stottert er. Hilfesuchend sieht er Gevarsi an, der ihn jedoch nur erbost anfunkelt. Manuel senkt seinen Kopf, schüttelt hastig seinen Kopf. «Nein, Ma'am.»

«Hmm. Eine Schande.» Ich schürze meine Lippen. «Dann muss ich wohl an meinen Drohungen arbeiten.»

Ein Raunen geht durch die Reihen. Manuels Kopf schnellt nach oben, starrt mich mit so großen Augen, dass ich denke, sein Augapfel würde jeden Moment herausfliegen. Auch Gevarsi schien mit dieser Antwort nicht gerechnet zu haben. Nun weicht auch ihm die Farbe aus dem Gesicht, wodurch der Handabdruck auf seiner Wange noch mehr heraussticht.

«Ma'am!», entweicht es Manuell. «Bei allem Respekt, Ma'am, aber das können Sie nicht ernst meinen.»
Ich ziehe eine Augenbraue in die Höhe. «Und wieso nicht?»
«Sie- Sie-», stottert er. Bei meinem herausfordernden Blick senkt er wieder seinen Kopf. Er murmelt kaum hörbar: «Weil sie eine anständige und vernünftige Frau sind.»

Mehrere Sekunden starre ich ihn einfach nur an. Die Luft um uns wird kühler. Schließlich sage ich, noch immer mit der emotionslosen Stimme: «Wir sind im zwanzigsten Jahrhundert. Finden Sie nicht auch, dass es Zeit wird, Ihr Geschlechterbild zu erneuern?»
Darauf weiß er nicht zu antworten.

Ich schnipse mit den Fingern. Zwei meiner Wachen schreiten zu mir und verneigen ihren Kopf vor mir. Ich befehle: «Schmeißt ihn raus.»

«Selbstverständlich», antwortet einer der Soldaten. Erneut verneigen sie sich vor mir, bevor sie sich zu Manuel umdrehen. «Mister, ich muss Sie bitten, mit uns zu kommen.»
Gevarsi greift ein und stellt sich leicht vor Manuel. «Ich verlange, dass mein Berater an meiner Seite bleiben darf.»
Ich seufze. «Ich würde dich ja mit ihm rauswerfen, Gevarsi, nur habe ich etwas anderes mit dir vor.» Ich drehe meinen Kopf zu Manuel. «Aber ihn brauche ich nicht.»

Erneut geht ein Raunen durch den Raum. Unbeirrt fahre ich an Gevarsi gerichtet fort: «Also, wenn du nicht das Blut deines Beraters an deinen Händen haben willst, würde ich dir raten, auf dein Mundwerk aufzupassen und meine Soldaten ihre Arbeit erledigen zulassen.» Abfällig schaue ich ihn von oben bis unten an. «Haben wir uns verstanden?»

Seine Nasenflügel blähen sich auf. Dann knickt er ein und nickt. «Verstanden.» Was für eine Überraschung. So viel Grips hätte ich ihm gar nicht zugetraut.

Auf dem Absatz drehe ich um, laufe zurück und stelle mich neben Sergio und Leandro. Sergio übernimmt nun die Führung: «Gibt es weitere Einwende oder können wir mit der Prozedur fortfahren?» Jeder senkt seinen Kopf, wagt es nicht einmal mich anzuschauen.

«Sehr gut», lächele ich. «Dann kann die Feier endlich beginnen.»

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Meinungen zu dieser Seite von Avyanna?

Soll diese Seite von ihr öfter herauskommen?

Falls euch diese Seite von Avyanna gefällt, empfehle ich euch, bei meiner anderen Geschichte "Mafia: My last mission" vorbeizuschauen!!

Mafia Romance 2 Where stories live. Discover now