|| 43 || Die Drohung

1.1K 50 20
                                    


Leandro Cassamento

«Melde dich so bald wie möglich. Ich mache mir Sorgen», spreche ich Cassian auf die Mailbox. Drei Mal habe ich versucht ihn anzurufen. Drei Mal ging niemand ran. 

Cassian ist sonst immer für mich erreichbar. Ich wette, selbst bei Beerdigung seiner Mutter würde er sein Handy so einstellen, dass nur meinen Anruf durchkommen würden. Selbstverständlich würde dies erst gar nicht nötig sein, da ich an seiner Seite stehen und ihn keine Sekunde außer Augen lassen würde.

In all unseren Jahren Freundschaft ist dies das erste Mal, dass er nicht an sein Telefon ging.

Nein, das stimmt nicht ganz.
Vor Jahren wurde ich, als ich ihn anrief, direkt zur Mailbox weitergeleitet. Nur wenige Stunden später rief Cassian mich mit einer neuen Handynummer an. Er sagte mir, sein Handy wäre kaputt gegangen. Bewusst ließ er aus, dass sein Vater ihm das Handy aus der Hand gerissen und gegen die Wand geschmissen hat, weil Cassian auf eine Nachricht antwortete, anstatt ihm eine neue Flasche Bier zu holen. 

Abgesehen von davon kann ich mich nicht erinnern, dass er jemals nicht erreichbar war.

Ob es seiner Mutter gut geht?
Oder wurde er angegriffen?
Ist etwas Schlimmes passiert?

Bei meinen eigenen Gedanken schüttele ich meinen Kopf. Nur weil ich ein Mafia Boss bin, muss mein Leben nicht gleich einer Wattpad Geschichte gleichen.

Vermutlich ist sein Handy leer. Oder womöglich ist er in der Dusche. Oder er ist so erschöpft, dass er in einen tiefen Schlaf gefallen ist. Tatsächlich hat er mir erst bei unserem letzten Video-Telefonat gestanden, er habe nicht gut geschlafen, wobei seine tiefen Augenringe dies längst verraten hatten.

Schließlich wird die Tür geöffnet und Avyannas Mutter Diane kommt aus dem Besprechungsraum getreten. Ihr Kinn ist angespannt, ihre Augenbrauen leicht zusammengezogen und ihre Lippen dünn. Als sie mich erblickt, weiten sich ihre Augen. Eilig nähert sie sich mir. «Leandro», spricht sie mich an. Ihre Stimmlage ist drängend, fast schon verzweifelt. «Du darfst nicht zulassen, dass sie in der Kommission der Heirat mit Miguel zustimmt. Avyanna darf unter keinen Umständen ihr Einverständnis geben. Bitte, bitte halte sie davon ab.»

Leicht überrumpelt stehe ich da, mit vielen Fragezeichen im Kopf. «Haben Sie eine Lösung gefunden?», ist die wichtigste Frage von allen. Hoffnungsvoll hämmert mein Herz laut und stark. «Muss Ava Miguel doch nicht heiraten?»
«Es gibt Hoffnung», ist alles, was sie mir sagt.

Meine Stirn legt sich in Falten. Mehr Fragen tuen sich auf, dennoch nicke ich nur mit dem Kopf, wissend, dass Diane mir nicht viel mehr verraten wird. «Ich werde mein Bestes geben, sie davon abzuhalten.»
Sie schürzt ihre Lippen, nickt aber dann. Sie murmelt ein Danke, bevor sie sich entschuldigt und davoneilt. Irritiert schaue ich ihr hinterher, bevor ich beschließe zu Avyanna in den Besprechungsraum zu gehen. Zuvor schaue ich jedoch nochmal auf mein Handy, in der Hoffnung, Cassian habe mir geschrieben.
Keine neuen Mitteilungen.

Mit einer Sorgenfalte auf der Stirn, betrete ich das Besprechungszimmer. Avyanna kauert auf einem der zwölf Stühle, die um den großen oval förmigen Tisch gestellt sind. Vor jedem Platz steht ein leeres Glas. In der Mitte des Tisches sind sechs Flaschen Wasser und zwei Teller Fingerfood platziert worden.

Avyanna hebt ihren Kopf und sieht mich müde an. Sie öffnet ihren Mund, schließt ihn dann wieder und schluckt. Schwer seufzend laufe ich auf sie zu, setze mich auf den Stuhl rechts neben ihr. Leicht beuge ich meinen Oberkörper nach vorne, stütze mich mit meinen Unterarmen auf meinen Beinen ab und falte meine Hände zusammen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, beziehungsweise, ob ich überhaupt etwas sagen soll. 

Mafia Romance 2 Where stories live. Discover now