Wolfenstein

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Nun war ein halbes Jahr vergangen und ich saß wieder verträumt an meinem Schreibtisch. Mein Studium hatte ich auf Eis gelegt. Meine Freunde meinten, dass ich in den Tag hineinträumte. Aber ich dachte nur angestrengt nach, wie ich weiter vorgehen sollte. Ich holte den Pappkarton mit den Dingen heraus, die ich damals auf meinen Nachttisch gefunden hatte und drehte die Dankeskarte hin und her. Es war schönes Papier. Eindeutig handgeschöpft. Eins Schreibanalyse hatte nichts gebracht, außer der Aussage, dass ein Mann mit Kraft dies aufgeschrieben hätte.

Das Papier sah selten aus, dachte ich und hielt es gegen das Licht. Überrascht stellte ich fest, dass es ein Wasserzeichen in Form einer königlichen Lilie hatte und in das Papier kleinste Blüten eingearbeitet waren. Sie waren gleichfalls weiß. Ich roch daran und schloss die Augen. Ich konnte ihn riechen. Ich roch dieses Blumenfeld im Wind. Mir wurde schwindlig und heiß. Wie konnte das sein, dachte ich und roch nochmal daran. Wieder tat der gleiche Effekt auf. Das war schon unheimlich. Ich drehte das Blatt hin und her und steckte es wieder in den Umschlag.

Am nächsten Tag ging ich in ein Spezialgeschäft für Papier. Reihenweise lagen verschiedene Papiere in unterschiedlichsten Größen und Farben in kleinen hölzernen Schüben über die gesamte Wand hinweg. Es roch nach Klebstoffen und trocken Staub. 

Eine kleine dicke Verkäuferin lächelte mich an und ich zeigte ihr meine Dankeskarte: „Können Sie mir helfen? Ich habe diese Karte bekommen und ich finde das Papier so toll. Ich würde es gerne selbst verwenden."

Sie nickte: „Ich bin schon lange im Geschäft, wahrscheinlich kann ich Ihnen wirklich helfen." Sie nahm es entgegen und lächelte, als sie es gegen das Licht hob. „Wie ich es mir gedacht habe. Wolfenstein. Handgeschöpft mit einer Dicke von 3 den." Sie strich vorsichtig fühlend darüber. „Sieht so aus als seien da verschiedene weiße Blüten eingearbeitet." Dann roch sie daran und schloss die Augen. „Ich dachte es mir doch. Das können Sie nicht so einfach erwerben. Das wird für jeden Kunden einzeln angefertigt. Da müssten sie direkt bei Wolfenstein nachfragen. Wir vertreiben solch außergewöhnliches Papier leider nicht.", sagte sie bedauernd und gab mir die Karte zurück. 

„Darf ich Ihnen ein alternatives Produkt anbieten?" fragte sie verkaufsfördernd.

Ich schüttelte den Kopf. „Nein leider nicht. Wo finde ich den die Firma Wolfenstein? Hört sich irgendwie deutsch an." 

Sie nickte: „Da haben Sie recht. Es ist eine deutsche Firma. Aber sie hat in Los Angeles eine Niederlassung die Papier speziell nach Kundenwunsch fertigt. Dort müssten sie nachfragen."

Der eisige Hauch des Alphawolfs (BoyxBoy)Where stories live. Discover now