Alltag

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Danach wurde es besser.

Oft schaute er mich finster an. Aber er unternahm nichts mehr mit Absicht. Es war schon so schwierig genug sein Leben zu organisieren, welches aus vielen Besprechungen, Konferenzen und einem umfangreichen privaten Leben mit vielen repräsentativen Terminen bestand.

Am Schwierigsten war es für uns beide morgens. Er war ein klassischer Morgenmuffel. Ich wusste nicht woran das lag. Ich vermutete am Schlafmangel. Aber musste mir etwas überlegen.

So dachte ich mir etwas Neues aus. Anstatt Morgens laut zu klopfen, holte ich als Erstes einen starken Kaffee mit Milch und ein wenig Zucker aus der Küche der Büroetage in einem verschlossenen Thermo-Kaffeebecher, den ich besorgt hatte und nahm den aufgeschnittenen Bagel mit Pastrami und richtet ihn auf ein Tablett an. Dazu legte ich eine Serviette. Leise öffnete ich die Bürotür und schlich ins Büro. Chris schlief wie immer eingerollt auf dem Sofa auf seinem Fell.

Er sah total süß dabei aus und gerne würde ich ihn liebevoll mit einem sanften Kuss wecken. Aber leider ging das nicht. So stellte ich leise das Tablett vor ihm hin und deckte ihn mit einer Decke zu, die bereit lag, die er aber nie benutzte. Dann öffnete ich die Badezimmertür und holte den Bademantel heraus und legte ihn bereit. Erst jetzt öffnete ich ein wenig die Vorhänge und ließ etwas Licht herein. Leise verließ ich anschließend das Zimmer. Die Bürotür ließ ich offen stehen und widmete mich wieder meinem Computer. Ich wollte, dass er sich an mich gewöhnte und die Geräusche auch im Schlaf wahrnahm und ich ließ ihm Zeit aufzuwachen und hoffte, dass der Geruch des Kaffees ihn locken würde. Eine halbe Stunde später hörte ich wie er aufstand und sich über den Kaffee hermachte. Eine dreiviertel Stunde später hörte ich ihn im Bad rumoren. Ich betrat das Zimmer und zog die Vorhänge zurück und richtete das Sofa. Dann fegte ich die Sandreste vom Boden auf. Den Bagelteller stellte ich auf seinen Schreibtisch und legte die Mappe mit den wichtigsten Unterlagen daneben. Leise verließ ich sein Büro und schloss die Tür.

Es klappte.

Es wurde ein angenehmer Arbeitstag. Ohne Geschimpfe und große Probleme. Ich wusste nun, dass ich ihn nicht vor acht Uhr wecken konnte und sein Bürotag erst gegen neun Uhr beginnen konnte. Das gab mir zwei Stunden Zeit alles für den Tag zu organisieren.

Er sagte nichts dazu, aber ich merkte, dass er ruhiger wurde. Als die vier Wochen um waren, hatten wir uns halbwegs aneinander gewöhnt.

Er starrte mich immer noch böse an, aber ich wusste warum dies so war.

Als die Probezeit vorbei war, tauchte ich einfach am nächsten Tag wieder auf und alles ging seinen gewohnten Gang. Keiner von uns beiden sagte etwas dazu. Es war eindeutig, dass Chris nicht aus seiner Deckung kommen wollte und ich war ein Risiko für ihn, was er nicht eingehen wollte.

Er musste mich wieder erkannt haben.

-- o --

"Andrea, wenn Sie wollen, können Sie gehen. Ich werde warten."

Dankbar schaute mich die Rezeptionistin an. "Super, dann schaffen wir es noch ins Kino. Der neue Bond läuft und mein Mann will ihn unbedingt sehen."

Ich nickte. Ich war schon lange nicht mehr im Kino. Wie auch. Chris vereinnahmte mich vollkommen.

Mir taten die Füße weh. Ich schaute auf die Uhr. Es war bereits achtzehn Uhr. Ich war dabei meinen Schreibtisch aufzuräumen. Ich wusste, dass Chris noch einen Termin für den Abend hatte. Er hatte nur gesagt, ich sollte den Termin freihalten. Also musste ich warten, ob er noch einen Wunsch hatte. Es war hart. Ich war müde. Die Woche war lang gewesen.

Mit einem Mal stand sie vor mir. Lange dunkle Haare, schlank, auf hohen roten Schuhen in einem langen weinroten Kleid und Katzenaugen. Ihre Schritte in dem hautengen Kleid waren elegant und fließend.

Mir fiel der Stift aus der Hand und mein Mund stand offen.

Sie lächelte mich verführerisch an. Sie wusste, welche Wirkung sie auf Männer hatte.

Ich hatte sie schon mal auf Werbeplakaten gesehen. Im Bikini!
Sie war perfekt! Sie passten perfekt zueinander. Sie würden die perfekten Kinder haben.
Damit hatte ich nicht gerechnet. Aber ich hätte es wissen müssen. Es gab noch andere. Er konnte Bi sein. Er hatte nicht fünf Jahre enthaltsam gelebt.

"Hallo.", erklang ihre verführerische Stimme. "Ich habe einen ,Termin' mit Chris. Er wartet bereits auf mich."

Wie sie Termin sagte brachte mich schon zur Weißglut. Natürlich sprachen sie sich mit Vornamen an. Ich konnte nicht mehr klar denken.

Sie sagte noch irgendetwas, was schon nicht mehr so freundlich klang, als sie bemerkte, wie ich auf sie abweisend reagierte. Ich hörte sie nicht mehr richtig. In meinem Hals hatte ich mit einem Mal einen Kloß. Aber ich schaffte es noch sie zu Chris hereinzulassen.

Er grinste mich herablassend an, als er sie mit einem Kuss auf dem Mund überschwänglich begrüßte: „Herr Park, bitte bringen Sie für uns Champagner und die Erdbeeren die geliefert wurden."

Ich war sprachlos und nickte zustimmend. Ich war völlig durcheinander.

Als ich das Büro betrat, saß sie auf dem Sofa, hatte die Beine anzüglich übereinander geschlagen und den engen Rock bis zum Ausschnitt hochgezogen und lachte laut über seine Witze.
Finster schaute ich sie an. Sie war eindeutig auf der Jagd.

Sie jagte meinen unglaublich schönen und reichen Chris! Wie konnte sie es wagen? Hass brodelte wie brennendes Feuer in mir auf.

Sie kicherte erneut anzüglich über eine Bemerkung, die Chris gemacht hatte und wandte sich abfällig zu mir um: "Was starren Sie denn so? Wollen Sie nun endlich mal die Flasche öffnen und eingiessen?"

Wütend blickte ich Sie an. Kurz dachte ich daran, sie gleich jetzt hier zu erwürgen. Dieses Flittchen! Einfach hier mit der Flasche erschlagen, wäre eine weitere Option, um sie wieder loszuwerden. Ich würde mit Chris in ihrem Blut baden.
Aber was würde dann aus mir und Chris werden? Ich würde in den Knast kommen und ihn nie wieder sehen. Ich senkte devot meinen Blick und meine Hand zitterte, als ich ihnen ein Glas eingoss.

Er beobachtete mich sehr genau. Er wusste, dass ich litt. Er wusste dass er mich verletzte. Er tat es in vollem Bewusstsein.

Als sich unsere Blicke trafen lächelte er mich wissend an.

Erbost über dieses sadistische Spiel knallte ich die Flasche klirrend in den Sektkühler und verließ ohne ein Wort das Büro, während ihr helles Kichern schmerzhaft, wie scharfe Schnitte mit einem Skalpell, auf mich einstachen.

Ich rannte in die Toilette und schloss mich mit Tränen in den Augen ins Klo ein. Wo ich auf dem Klodeckel völlig überfordert traurig niedersank und schluchzte.

Der eisige Hauch des Alphawolfs (BoyxBoy)Where stories live. Discover now