43 - why is he like that?

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11. Dezember 1993

Es war das letzte Wochenende vor den Weihnachtsferien und wir durften endlich wieder einmal nach Hogsmeade. So sehr ich Hogwarts auch liebte, freute ich mich jedes Mal riesig, wenn wir das Wochenende in Hogsmeade verbringen konnten. Es war zwischendurch einmal eine schöne Abwechslung.

Die anderen waren bereits aufgebrochen, da ich noch einige Schulaufgaben zu erledigen hatte. Wir haben diese Woche fast jeden Tag trainiert und ich kam einfach nicht dazu meine Aufsätze und Hausaufgaben fertig zu schreiben. Als ich alles erledigt hatte, schnappte ich meinen Umhang und einen dicken Schal. Draussen lag massenhaft Schnee und ich hatte keine Lust zu frieren. Ich schnürte meine Winterstiefel zu und verliess den Gemeinschaftsraum. Die anderen sind schon vor zwei Stunden aufgebrochen und haben vermutlich bereits viel zu viel Zeit mit Warten im Honigtopf verbracht.

Eben, als ich aus dem Schloss rennen wollte, stiess ich mit jemandem zusammen, der gerade um die Ecke kam. "Wohin so eilig?" ertönte die monotone Stimme meines Vaters. Ausser Atem schaute ich zu ihm hoch. "Nach Hogsmeade", erwiderte ich entschlossen. "Das halte ich nicht für eine so gute Idee", ergänzte er in der gleichen Tonlage wie vorhin. Ich verdrehte die Augen. "Ich halte es für eine grandiose Idee", entgegnete ich giftig und drehte mich um, um das Schloss zu verlassen. Snape packte meinen Arm mit einem festen Griff und zog mich zu sich zurück. Schwungvoll drehte ich mich um und starrte ihn trotzig mit funkelnden Augen an. "Sirius Black läuft auf freiem Fuss irgendwo in der Gegend herum und möchte sich bei Potter, sowie möglicherweise bei dir, rächen, dafür, dass er zwölf Jahre lang in Askaban sitzen musste. Alle Welt kümmert sich um seine Sicherheit, während er sich ständig darüber hinwegsetzt. Und du ebenso, nur stehst du nicht unter dem Schutz vom Zaubereiministerium, weil niemand weiss, wer deine Eltern sind. Aber so wie es aussieht, ist dir nicht bewusst, in was für einer Gefahr du dich befindest." Ich zog gereizt meinen Arm aus Snapes Griff, wandte meinen Blick jedoch nicht von seinen Augen ab, die nun ebenso zornig funkelten, wie meine. "Glücklicherweise hat meine Mutter so gut wie niemandem von meiner Existenz berichtet", gab ich erzürnt zurück. "Es wäre verantwortungslos, das Risiko einzugehen.", zischte er. "Dann bin ich eben verantwortungslos. Eine von vielen negativen Eigenschaften, die ich in deinen Augen besitze. Aber ich bin ja sowieso schon eine Enttäuschung für dich, also hey, was solls." Sprachlos starrte Snape mir entgegen, was ich als eine Bestätigung für das aufnahm, was ich eben äusserte. "Ich brauche deine Einverständnis nicht, um nach Hogsmeade zu gehen. Die habe ich bereits von Anne und sie ist rechtlich gesehen immer noch mein Vormund", sagte ich mit zittriger Stimme und Tränen in den Augen. Unsere Gesichter waren nun keine Handbreite mehr voneinander entfernt. "Ich habe das Recht zu entscheiden, was du tun und was lassen sollst. Ich bin dein Vater."  Seine Stimme klang empört und aufgebracht und wurde noch lauter, als sie es ohnehin schon war. "Severus", durchbrach Professor McGonagalls fassungslose Stimme die Stille, doch keiner von uns bewegte sich auch nur einen Millimeter. Ich atmete die Luft zischend ein. "Dann verhalt dich doch bitte auch so", fauchte ich mit zittriger Stimme zurück. Bestürzt und ohne Worte sah er mich an. "Severus", wiederholte Professor McGonagall, die nun direkt neben uns stand. Snape drehte sich darauf hin, ohne etwas zu sagen um und lief mit wehendem Umhang davon. Er lief einfach weg.

Fassungslos sah ich ihm nach. Eine Träne kullerte mir über die Backe. Mein Atem verlief zittrig. Ich taumelte etwas rückwärts, doch Professor McGonagall hielt mich an einem Arm fest. "Wie viel haben sie gehört?" fragte ich wie benommen. "Genug", antwortete sie mitfühlend und legte ihre Hand auf meine Schulter. Ich fasste mit einer zitternden Hand an meine Stirn. Wieso habe ich das gerade eben gesagt? Wieso kann ich meinen Mund nicht einfach mal geschlossen halten? "Er macht sich nur Sorgen um sie Miss Evans. Er zeigt es vielleicht nicht auf die beste Art und Weise, doch sie bedeuten ihm vermutlich mehr, als er jemals zugeben könnte", sagte sie mit einem weichen Blick. Ich nickte mit Tränen in den Augen. Das wusste ich. Tief in mir wusste ich, dass ich ihm etwas bedeutete. Es fiel mir nur so schwer, es auch zu glauben, so wie er sich mir gegenüber verhielt. Mein Atem beruhigte sich langsam wieder. "Möchten sie bei einer Tasse Tee darüber reden?" fragte sie nach einer kurzen Pause. Ich zögerte, nickte dann jedoch langsam. Auch wenn ich eigentlich nicht darüber reden wollte, wusste ich, dass es mir gut tun würde. Ich brauchte jemanden zum reden, denn ausser Lupin wusste niemand davon. Nicht einmal meine engsten Freunde wussten, dass Snape mein Vater war. Ich war allein damit. Ich wusste, dass ich mich Professor McGonagall anvertrauen konnte. Sie war mitfühlend aber auch korrekt und würde mir zuhören und ehrliche Ratschläge geben. Ich nickte erneut. "Ja gerne." Sie lächelte und machte eine Geste, die mir zu verstehen gab, ihr zu folgen. In ihrem Büro konnte ich dann endlich all das loswerden, was mich die letzte Zeit beschäftige und worüber ich ausser mit Lupin, nie mit jemandem reden konnte. Es tat gut und nach unserem Gespräch fühlte ich mich nicht mehr so eingeengt und allein gelassen. Ich hatte jemanden der zuhörte und mein Anliegen ernst nahm.

Später am Nachmittag ging ich raus, um etwas frische Luft zu schnappen und meine Gedanken etwas zu sortieren. Es herrschte eine herrliche Ruhe und die Landschaft war ein Traum. Gedankenverloren spazierte innerhalb des Schlossgeländes umher, da ich einsah, dass es vermutlich wirklich etwas stumpfsinnig war, das Risiko einzugehen, Sirius Black zu begegnen. Ich schlag den Weg zur Eulerei ein, um Giorgia einen Brief an Anne mitzugeben. Als ich die Eulerei wieder verliess, stand die Sonne bereits ziemlich tief am Himmel und schien nächstens unterzugehen, doch ich hatte noch nicht vor jetzt schon umzukehren. Stattdessen entfernte ich mich weiter vom Schloss und stapfte einen kleinen Hügel hinauf. Von da oben hatte man einen wunderschönen Ausblick über Hogwarts. Das Schloss mit dem See dahinter sah in der Abenddämmerung aus wie gemalt. Die Sonne war nun endgültig hinter den Hügeln verschwunden, doch der Himmel strahlte noch immer in den schönsten Farben. Als ich mich wieder auf den Weg zurück zum Schloss machen wollte, sah ich, nicht weit entfernt von mir, diesen schwarzen Hund, dem ich bereits an Halloween zum ersten Mal begegnet bin. Als er mich ebenfalls sah, blieb er kurz stehen, legte den Kopf zu Seite und kam dann weiter auf mich zu. "Hey, na du." Ich bückte mich zu ihm runter und streichelte ihn hinter den Ohren. Dieser Hund hatte etwas an sich, etwas mystisches. Er sah aus wie ein normaler Hund, aber irgendwie auch überhaupt nicht. Nach einigen Minuten richtete ich mich wieder auf. Es war schon fast dunkel, also entschied ich mich langsam zur Schule zurückzukehren, bevor sich irgendwer wieder einmal unnötig Sorgen um mich machte. Der Hund lief noch ein ganzes Stück neben mir her, doch kurz vor dem Schloss bog er dann ab.

Nachdem ich meine Winterklamotten ausgezogen habe, ging ich hinunter in die grosse Halle. So wie es aussah, waren die anderen schon wieder hier, denn Junes Sachen befanden sich bereits in unserem Zimmer. Ich bog um die Ecke, um die grosse Halle zu betreten und, wie konnte es auch anders sein, lief ich geistesabwesend in jemanden hinein. Ich wusste nicht, wieso mir das andauernd passierte. "Evans!" Ausnahmsweise war es diesmal nicht mein Vater, den ich wie so oft beinahe umrannte. Zerstreut schaute ich in das Gesicht von Draco Malfoy, der mich kurz an den Armen festhielt, anschliessend aber gleich wieder losliess. "Oh Draco, hey. Sorry war keine Absicht." Ich lief an ihm vorbei. "Alles okay Evans?" Ich stutzte und drehte mich noch einmal um, um mich zu vergewissern, dass es sich wirklich um den Draco Malfoy handelte. "Ja, alles bestens", erwiderte ich etwas verwirrt. Er nickte mir zu und drehte sich darauf hin um. Ich tat es ihm gleich und suchte nach meinen Freunden am Gryffindor Tisch.

"Wo warst du Faye?" fragte mich George, als ich mich zu ihnen setzte. Ich seufzte und verdrehte leicht genervt die Augen. "Snape war der Meinung, es wäre verantwortungslos nach Hogsmead zu gehen, im Wissen, dass sich Sirius Black ganz in der Nähe aufhält. Den letzten Teil sprach ich so leise wie möglich aus. Es war nicht nötig, dass sonst jemand davon erfuhr, dass Sirius Black ebenfalls hinter mir her sein könnte. "Und was hast du den ganzen Nachmittag gemacht?" fragte June darauf mit einem bemitleidenden Blick. Ich zuckte mit den Schultern. "Hausaufgaben und später bin ich noch raus, spazieren gegangen..." Das Gespräch mit McGonagall liess ich bewusst aus. Ich sah in die verzogenen Gesichter meiner Freunde und schmunzelte. "War echt nicht so schlimm. Aber jetzt erzählt, was habe ich verpasst?" June sprudelte sofort los und kurz darauf waren wir in ein wieder einmal in ein tiefgründiges Gespräch verwickelt, das sich nach dem Abendessen im Gemeinschaftsraum weiterführte.

Auf dem Weg dahin lief ich meinem Vater über den Weg. Als sich unsere Blicke kreuzten, blieb er kurz stehen. Ich jedoch hatte nicht vor mit ihm über das was heute Nachmittag vorgefallen war zu reden, wandte deswegen meinen Blick wieder von ihm ab und lief stattdessen weiter. Irgendwann mussten wir darüber reden, das hat mir auch Professor McGonagall geraten, jedoch hatte ich heute wirklich keine Energie dafür übrig. "Was war das denn?" fragte June irritiert, als sie den Kopf noch einmal zu Snape umgedreht hatte. Ich seufzte und zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung", log ich und hakte mich bei ihr unter.


Faye Lily Evans - The Girl Who LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt