126 - everything's gonna be alright

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15. Juni 1997

Am nächsten Morgen, wachte ich bereits früh auf. Ich setzte mich auf einen Sessel am Fenster, winkelte die Beine an und schaute hinaus auf die ersten Sonnenstrahlen, die sich über den Feldern ausbreiteten. Es schien, als wäre die Welt in Ordnung. Ich setzte mich an den Schreibtisch, suchte nach einem Stück Pergament und begann einen kurzen Brief an Anne zu schreiben.

Anne,

ich hoffe es geht euch allen gut.

Ich werde dieses Jahr nicht nach Hause zurückkehren. Macht euch keine Sorgen. Mein Vater wird dafür schauen, dass ich in Sicherheit bin. Sucht nicht nach mir. Gib dem Orden des Phönix Bescheid und sag ihnen bitte, dass mir alles, was geschehen ist unendlich leid tut.

Es wird alles gut werden. Wir werden uns hoffentlich ganz bald wiedersehen.

Passt auf euch auf. Hab euch lieb!

In Liebe,

Faye

PS: Bitte kümmert euch um Giorgia.

Ich öffnete das Fenster und legte Giorgia den Brief in den Schnabel. "Komm nicht zurück", flüsterte ich während ich meinen Kopf an ihren schmiegte. Sie gab ein heulendes Geräusch von sich. Dann breitete sie ihre Flügel aus und flog davon. Ich schaute ihr bedrückt nach.

Eine Hand auf meiner Schulter riss mich aus den Gedanken. Als ich Dracos Geruch wahrnahm lehnte ich mich an seinen Oberkörper. Er küsste mich auf meinen Kopf. Ich schloss die Augen und konnte mich etwas fallen lassen. Wie sehr mir seine Nähe in den letzten Monaten gefehlt hatte. Dann verkrampfte ich mich wieder. „Was passiert, wenn er hier eintrifft?" Meine Stimme klang angespannt. „Ich weiss nicht." Ich spürte, wie auch er sich verspannte. „Ich weiss auch nicht, was er von dir erwarten wird. Ob er dich beim Treffen erwartet." Erneut sagte für einen Moment niemand von uns beiden etwas. „Wir werden das schaffen", murmelte er dann schliesslich. Ich nickte in Gedanken versunken. Wir würden es schaffen. Es wird alles gut werden.

Es klopfte an die Zimmertür. Wir drehten uns beide gleichzeitig um. "Mum?", vergewisserte er sich. Kurz darauf wurde die Tür vorsichtig geöffnet und Mrs Malfoy erschien mit einem trägen Lächeln. "Das Frühstück wurde vorbereitet. Falls ihr hinunter kommen möchtet? Ansonsten kann ich gerne etwas nach oben bringen." Fragend schaute sie zuerst zu Draco, dann zu mir. Draco blickte mich durchdringend an. "Ich weiss nicht, ob Faye dazu bereit ist-" "Nein, ist okay", unterbrach ich ihn. "Wirklich." Ich sah ihn versichernd an. Nach einem kurzen Zögern schaute er wieder zu seiner Mutter. "Wir kommen gleich runter." "Vielen Dank, Mrs Malfoy", fügte ich hinzu. Sie lächelte. "Bitte, nenn mich Narcissa." Ich erwiderte ihr Lächeln, woraufhin sie im Flur verschwand.

-

Es war Abend. Ich betrachtete mich im Spiegel. Blickte einem matten Gesichtsausdruck entgegen. Ich trug meine Haare offen. War elegant angezogen. Ganz in schwarz gekleidet. Ich sah nicht wirklich anders aus als sonst. Trotzdem hätte ich mich kaum wieder erkannt. Ich war nicht ich selbst. Ich konnte nicht. Denn ich würde mich selbst dadurch verraten.

Angespannt fuhr ich durch meine Haare. Todesser trafen nach und nach ein. Auch Draco ist bereits zu ihnen gestossen. Und ich wartete darauf, dass man mich holen kommen würde. Auch wenn ich hoffte, dass dies nicht geschehen würde. Doch diese Hoffnung wurde mir wenig später genommen, als Narcissa Malfoy anklopfte und zu mir ins Zimmer trat. "Der dunkle Lord möchte sich mit dir bekannt machen." Meine Beine begannen zu zittern und ich fühlte mich wie benommen. "Du bist nicht allein, Faye." Ich nickte langsam. Schloss die Augen, atmete einmal tief durch und griff dann nach Narcissas Hand, die sie mir auffordernd entgegenstreckte. Dann traten wir die Treppen hinunter.

Im Raum stand ein langer Tisch aus spiegelndem Edelholz. Darum sassen etliche Todesser, deren Blicke begierig auf mich gerichtet waren. Am Kopfende, mit dem Rücken zu mir sass Lord Voldemort. Links neben ihm mein Vater, der mich ohne Emotionen anstarrte. Rechts unter ihm glitt eine riesige Schlange über den Boden, die mich zum Erschaudern brachte. "Faye Evans", erklang Voldemorts hohe, klare Stimme erkennend ohne, mich eines Blickes zu würdigen. Dann erhob er sich und drehte sich zu mir um. Sein Gesicht war schlangenähnlich, mit Schlitzen als Nasenlöchern und funkelnden roten Augen mit senkrechten Pupillen. Er war so blass, dass ein perlmuttartiger Glanz von ihm auszugehen schien.

Mit bedachten Schritten kam er auf mich zu und mich musterte. Die Schlange folgte ihm. "Wie schön, wie schön." Er nickte Narcissa auffordernd zu, welche daraufhin vorsichtig meine Hand losliess und neben Draco Platz nahm, der mich Besorgnis erregt betrachtete. Ich erschauderte, als Voldemort mit seinen Fingern mein Gesicht nachzeichnete. "Erstaunlich", wisperte er. "Eins zu eins wie Lily." Unsicher liess ich den Blick zu meinem Vater schweifen, der diesen mit einer unbemerkten Kopfbewegung erwiderte. "Ich kann mich noch sehr gut an diese Augen erinnern - Wie sie mich angefleht haben." Leises Gelächter ging durch den Raum. Zorn stieg in mir hoch. Ein Machtstoss ging durch den Raum und jeder verstummte. Wieder traf mein Blick den besorgten meines Vaters und ich fasste mich wieder. Das Einzige, worauf ich mich noch konzentrierte war mein Atem und darauf, meinen Geist verschlossen zu halten. "Ich sehe ich sehe", zischte er. Du wirst von grosser Bedeutung für uns sein, Faye Evans." Er lächelte hämisch und deutete mir an, mich ebenfalls zu setzen.

-

Ich fühlte mich wie eine Verräterin. Ich sass da und hörte zu, was ihre Intentionen waren. Alles führten auf das gleiche hinaus. Sie beinhalteten den Tod meines Bruders und würden den Untergang der Zaubererwelt bedeuten.

Als die Versammlung beendet war, eilte ich wie in Trance in mein Zimmer und vergrub vor Überforderung mein Gesicht in den Händen. Wenig später trat nach einem leisen Klopfen Narcissa hinein. Ich blickte hoch, während sie mich besorgt betrachtete. "Das ist von Severus." Narcissa reichte mir einen Briefumschlag, welchen ich vorsichtig öffnete und nahm ein kleines Stück Pergament hervor.

Deine Mutter hätte das nicht für dich gewollt.

Es tut mir leid.

War mit schwarzer Tinte geschrieben. Hinter dem Pergament befand sich ein Foto. Ein Foto von meiner Mutter, auf welchem sie etwa gleich alt war wie ich. Tränen stiegen in meine Augen. Ich war ihr Ebenbild. Dann blickte ich in den Spiegel und erkannte sie. Alles was ich sah war sie. Das lebendige Ebenbild meiner Mutter. Doch nun herrschte in mir Dunkelheit. Ich befand mich auf der dunklen Seite. Ich habe Lily Evans verraten. Ich konnte ihr das nicht antun. Nicht nach allem, was sie für mich - für alle getan hat. Panik stieg in mir hoch und ich begann schneller zu atmen. Ich fasste an meine Haare, die mein Gesicht wie energisches Feuer umspielten. Es war falsch. Ich erinnerte mich zu sehr an sie. An das Gute.

Ich krümmte mich. "Hey..." Narcissa berührte mich sanft an meinem Arm. Doch ich beruhigte mich nicht. In mir baute sich eine enorme Spannung auf. Meine Atmung wurde schwer. Mir war schlecht, mein Herz pochte und ich zitterte am ganzen Körper. Meine Brust schmerzte und ich hatte das Gefühl von dem Druck zu ersticken. "Ich-", schluchzte ich. "Ich kann das nicht-" Wieder fasste ich an meine Haare und schüttelte panisch den Kopf. "Ich kann mich nicht anschauen- Ich bin nicht sie-" Dann legte ich die Hand auf mein Herz. "Es tut weh." Narcissa legte ihre Hand auf meine. "Hey- Faye, schau mich an." Ich blinzelte die Tränen weg. "Es tut weh", wiederholte ich etwas leiser. "Alles wird gut Faye, okay?" Ich schüttelte verletzt den Kopf. "Ich habe sie enttäuscht-", schluchzte ich. "Faye, schau mich an." Sie nahm mein Gesicht in die Hände. "Du hast niemanden enttäuscht. Du hast das alles auf dich genommen, um anderen Leid zu ersparen." Mit jedem Atemzug beruhigte. "Du wirst alles zum Guten wenden", fügte sie kaum hörbar hinzu.

Wieder stiegen mir Tränen in die Augen. Ich konnte nicht. Ich hielt meine Gefühle nicht aus. Ich musste etwas an mir ändern, damit meine Persönlichkeit nicht daran zerbrechen wird. Ich schaute in den Spiegel, betrachtete mein rotbraunes, langes, gewelltes Haar, das ich so liebte, das mich ausmachte. Doch es passte nicht zu der Person, die ich hier sein musste. Mächtig, dunkel, emotionslos.

Also wurde auch meine Erscheinung dunkler, mächtiger, eiskalt. Und in diesem Moment versteckte ich meine zerbrechliche, gefühlsvolle Seite tief in mir.

Faye Lily Evans - The Girl Who LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt