143 - peace lily

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Die Stimmung betrübte sich wieder. Ich blieb neben meinem Vater knien, starrte schluchzend einfach auf ihn hinab. Harry sprang auf, als plötzlich eine hohe, kalte Stimme zu hören war, so nah, als wäre Voldemort zurückgekommen.

Voldemorts Stimme hallte von den Wänden und vom Boden wider, und ich war mir sicher, dass er zu Hogwarts und der ganzen Umgebung sprach und dass die Bewohner von Hogsmeade und alle, die noch im Schloss kämpften, ihn so deutlich hörten, als ob er neben ihnen stünde, als ob sie seinen Atem im Nacken hätten, einen tödlichen Schlag entfernt.

„Ihr habt gekämpft", sagte die hohe, kalte Stimme, "heldenhaft gekämpft. Lord Voldemort weiss Tapferkeit zu schätzen.

Doch ihr habt schwere Verluste erlitten. Wenn ihr mir weiterhin Widerstand leistet, werdet ihr alle sterben, einer nach dem anderen. Ich will nicht, dass dies geschieht. Jeder Tropfen magisches Blut, der vergossen wird, ist ein Verlust und eine Verschwendung.

Lord Voldemort ist gnädig. Ich befehle meinen Streitkräften, sich sofort zurückzuziehen. Ihr habt eine Stunde. Schafft eure Toten mit Würde fort. Versorgt eure Verletzten.

Harry Potter, ich spreche nun direkt zu dir. Du hast deine Freunde für dich sterben lassen, anstatt mir selbst entgegenzutreten. Ich werde eine Stunde lang im Verbotenen Wald warten. Wenn du nach Ablauf dieser Stunde nicht zu mir gekommen bist, dich nicht ergeben hast, dann beginnt die Schlacht von neuem. Diesmal werde ich selbst in den Kampf ziehen, Harry Potter, und ich werde dich finden, und ich werde jeden Einzelnen bestrafen, der versucht hat, dich vor mir zu verstecken. Eine Stunde."

Stille breitete sich aus. Ich schwieg, wand meinen Blick nicht von meinem Vater ab. "Hör nicht auf ihn", sagte Ron zu Harry. "Es wird alles gut werden", sagte Hermine aufgebracht. "Lass uns - lass uns zum Schloss zurückkehren." Dann legte Hermine ihre Hand auf meiner Schulter. "Faye", hauchte sie gefühlvoll. Ich liess meinen Vater los, stand auf und entfernte mich einen Schritt von ihm. Dann drehte ich mich um und liess ihn schweren Herzens zurück.

Schweigend stiegen wir die Steintreppen zum Schloss hinauf, während in mir eine tiefe Panik aufstieg. Ich hatte Angst zu erkennen, wer den bisherigen Kampf nicht überlebt hatte.  Menschen, die mir so viel bedeuteten, gefährdeten gerade ihr Leben. Ich hatte bereits meinen besten Freund verloren, der aus Liebe alles für mich getan hätte. Meinen Vater, demgegenüber ich nie die Möglichkeit hatte meine Liebe zu zeigen. Ich konnte es nicht ertrage, weitere Verluste zu erleiden. 

Und Harry- Ich wollte nicht darüber nachdenken, was mit ihm geschehen würde. Auch Harry schien mit seinen eigenen inneren Gedanken kämpfte. Ich konnte erkennen, dass er die Verantwortung der Schlacht auf sich nahm. Ich konnte erkennen, dass Voldemorts Worte in seinen Gedanken nachzuklingen schienen. 'Du hast deine Freunde für dich sterben lassen, anstatt mir selbst entgegenzutreten.'  Er war bereit, in den Wald zu gehen. Ich konnte Harry nichts vorwerfen. Schliesslich soll er derjenige sein, der sich Voldemort gegenüberstellen und ihn besiegen würde. Ich konnte nachvollziehen, wie er sich fühlen musste, wie die Propohezeiung auf ihn niederdrückte.

Und was war mit meiner Prophezeiung? Hatte ich mich unbewusst bereits für die dunkle Seite entschieden? Hatte ich bereits alles zum Bösen gewendet? Fred... Er wäre vermutlich noch am Leben, wenn er mir nicht geholfen hätte. Ein Schmerz durchzog mein Herz bei dem Gedanken an seinen Verlust.

"Fred", durchbrach ich mühsam die Stille. "-ist tot", zwang ich mich die Worte hervorzubringen. Die anderen blieben stehen abrupt stehen und blickten mit erstarrten Gesichtern auf mich. Dann drehte sich Ron um und rannte die restlichen Treppenstufen hoch. Hermine folgte ihm hastig.

Ich blickte ihn schmerzerfüllt an. "Das alles", hauchte ich versichernd. "- ist nicht deine Schuld." Er presste die Lippen aufeinander. Dann folgten wir den anderen beiden ins Schloss.

Es herrschte unnatürliche Stile. Keine Lichtblitze mehr, kein Knallen, Schreien oder Rufen. Auf den Steinplatten der verlassenen Eingangshalle waren Blutflecken. Überall auf dem Boden lagen Smaragde herum, ausserdem Marmortrümmer und Holzsplitter. Nach wie vor lagen überall auf dem Boden Smaragde herum, ausserdem Marmortrümmer und Holzsplitter. Wir blieben am Eingang der grossen Halle stehen.

Die Haustische waren verschwunden. Der Raum war prallvoll. Die Überlebenden standen in Gruppen beieinander, hatten sich gegenseitig die Arme um den Hals geschlungen. Die Verletzten wurden  von Madam Pomfrey und einigen Helfern behandelt. Mein Blick fiel auf Remus, der seinen Blick erleichtert auf uns gerichtet hat. Neben ihnen standen Tonks und Hermine. Ich sank meinen Blick und erneut durchzog ein grausamer Schmerz mein Herz.

Fred lag zwischen seiner Familie. George kniete bei seinem Kopf, Molly lag am ganzen Leib zitternd über seiner Brust. Mr Weasley, dem Tränen über die Wangen strömten, strich ihr über die Haare. Ich schluckte und drehte meinen Kopf zu Harry, der ebenfalls mitfühlend zu ihnen schaute. Er begann schwer zu atmen. Ich griff nach seiner Hand und drang in seinen Geist ein. Es war unerträglich für ihn, irgendeinen der Toten anzuschauen und zu sehen, wer sonst noch für ihn gestorben war. Er brachte es nicht über sich, zu den Weasleys zu gehen und ihnen in die Augen zu sehen, denn wenn er sich gleich ausgeliefert hätte, wäre Fred vielleicht gar nicht gestorben. "Hör auf", flüsterte ich mit zittriger Stimme. "Lass diese Gedanken nicht zu. Es ist nicht deine Schuld." Seine Atmung begann sich zu beruhigen, doch er trat nicht durch die Tür. "Ich kann das nicht", murmelte er. Ich nickte ihm verständlich zu. Mein Blick fiel auf die Phiole, die er noch immer fest mit seiner Hand umklammerte. "Ich komm gleich nach", entgegnete ich leise, woraufhin er rückwärts taumelte und sich langsam von der grossen Halle entfernte.

Ich liess mich neben George auf den Boden sinken und nahm ihn in die Arme. Er vergrub sein Gesicht in meiner Schulter. "Es tut mir so unendlich leid", hauchte ich und hielt ihn fest. Eine Träne kullerte über meine Wange. "Du hast ihm so viel bedeutet, Faye", gab er nach einem Moment emotional von sich. Ich verzog mein Gesicht wehmütig. "Er mir auch, George und das wird er immer. Immer", erwiderte ich schliesslich, die Tränen zurückhaltend. George lächelte.

"Draco geht es gut." Er drückte meine Hand ermunternd. Wieder verliess eine Träne mein Auge. Dankbar küsste ich ihn auf die Wange. Dann legte ich meine Hand auf Freds Herz, schloss die Augen und liess erneut Lilien aus den Steinspalten um Fred aufblühen. Molly schluchzte und zog mich in eine liebevolle Umarmung. Dann löste ich mich wieder von ihr, stand auf, wandte mich ebenfalls ab und rannte die Marmortreppe hoch.

Faye Lily Evans - The Girl Who LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt