Kapitel 1

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„Ach du Scheiße!", mit weit aufgerissenen Augen und die Hände vor mein Gesicht geschlagen stand ich da und betrachtete den silberfarbenen Mercedes, der gerade in einen Kleinbus gerast war. Ich hatte eigentlich nur kurz in die Boutique gehen wollen um diese wunderschöne neue Handtasche von Louis Vuitton zu kaufen, da hatte dieser blöde Mercedes, den ich erst seit zwei Wochen besaß, sich selbstständig gemacht. Jetzt sah er mehr wie ein verbeulter Schrotthaufen aus, aus dessen Motorhaube Rauch aufstieg.

„Wem zur Hölle gehört das Auto?", der Fahrer des Kleinbusses war gerade ausgestiegen und sah mit Entsetzen auf das Szenario. Andere Autofahrer hatten ebenfalls angehalten und auch schaulustige Fußgänger waren stehen geblieben um interessiert das Geschehen zu beobachten. Dass heute absolut nicht mein Tag war wusste ich schon als mir mein manikürter Fingernagel am Morgen abgebrochen war.

„Das ist meiner!", sagte ich kleinlaut während ich zum Fahrer des Kleinbusses ging. Dieser schaute mich nur entsetzt an. Anscheinend fehlten ihm die Worte.

„Es tut mir leid?", sagte ich unsicher während ich beschämt grinste.

„Es... es tut dir leid? Was denkst du, sage ich meinem Chef jetzt?"

„Meine Mutter wird für den Schaden aufkommen, das ist kein Problem!", entgegnete ich, wusste aber gleichzeitig dass meine Mutter mir den Kopf abreißen würde. Das war der dritte Wagen dieses Jahr, den ich in seine Einzelteile zerlegt hatte. Der Mann schnaubte nur abfällig und griff nach seinem Handy. Wahrscheinlich rief er die Polizei an. Ich konnte nichts anderes tun als ihm dabei zuzusehen. Irgendwie hatte ich ein verdammt mieses Gefühl dieses Mal... Mein Gefühl bestätigte sich als wenig später meine Mutter, gefolgt von ihrem neuen Freund Peter, den ich übrigens über alles hasste, am Unfallort eintraf.

„Jamie Rose Whitman!", schrie sie, sobald sie mich entdeckt hatte. „Wie konnte das schon wieder passieren?"

„Hi Mum.", murmelte ich bemüht ein äußerst trauriges Gesicht aufzusetzen. Außerdem, was war sie denn für eine Mutter? Sie fragte noch nicht einmal wie es mir ging! Schließlich hatte ich einen Unfall, oder der Wagen, ich saß ja nicht drin, aber trotzdem!

„Mrs. Whitman?", ein uniformierter Polizist trat zu meiner Mutter und ihrem lästigen Freund. „Offenbar hat Ihre Tochter vergessen die Handbremse anzuziehen."

Meiner Mutter entglitten ihre Gesichtszüge, was ihr nur äußerst selten passierte. So wütend hatte ich sie noch nie gesehen.

„Ich wollte doch nur die neue Handtasche kaufen.", versuchte ich einen halbherzigen Versuch die Situation zu erklären.

„Bitte was? Die neue Handtasche?"

Ich nickte. „Mhm." Zum Beweis hielt ich ihr das schicke rote Teil entgegen.

„Ich glaube das nicht!", sagte meine Mutter während sie sich in einer übertriebenen Pose Luft zu fächerte. „Dieses Mädchen raubt mir noch den letzten Nerv!"

Peter, dieser Trottel, legte beruhigend einen Arm um ihre Schultern.

„Beruhige dich, Liebes!", sagte er ruhig während meine Mutter so tat, als würde sie jeden Moment hyperventilieren.

„Mum, ich war durcheinander."

„Wieso warst du denn durcheinander?", keifte meine Mutter. Vergessen war ihr Schauspiel mit dem Nervenzusammenbruch.

„Stacy arbeitet nicht mehr im Nagelstudio und ihre Kollegin Erica, deren Blondierung übrigens völlig billig aussieht, hat mir die Maniküre versaut!"

Ich bemerkte, dass nicht nur dem Polizisten die Gesichtszüge entglitten sondern dass auch der Fahrer des Kleinbusses mich anstarrte, als hätte ich gerade offenbart, dass ich Angelina Jolie höchstpersönlich sei.

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