Kapitel 6

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Das Haus von dieser Maria entsprach tatsächlich etwas mehr meinen Vorstellungen. Die Einfahrt war groß, genauso das weiß gestrichene Haus. Okay, es war nicht so groß und schön wie unseres in San Diego, aber es war in Ordnung. Ich war gerade ausgestiegen und bemerkte, dass es hier überhaupt nicht so ekelhaft stank wie im Viertel meines Erzeugers, als eine rundliche Frau aus der Haustür trat. Sie lächelte das herzlichste Lächeln, welches ich je gesehen hatte. In ihren schwarzen, kurzen Locken erkannte ich ein paar graue Haare, dennoch wirkte sie so, wie ich mir immer einer Mutter vorgestellt hatte, oder eher eine Großmutter.

„Du musst Jamie sein! Wie schön dich kennen zu lernen!", rief sie ehe sie mich fest gegen ihre riesigen Brüste drückte. Ich setzte ein gefälschtes Lächeln auf und nickte ihr kurz zu.

„Ja... Danke."

„Maria ich danke dir, dass Jamie so kurzfristig bei dir unterkommen kann!", Miguel wurde ebenfalls von Maria geherzt.

„Das ist doch selbstverständlich! Wir sind doch eine Familie!", rief sie lachend. „Ich habe zwar kein Zimmer frei im Moment, aber Lucia freut sich über Gesellschaft!"

Was? Oh nein! Oh nein, nein, nein! Ganz sicher würde ich nicht mit dieser verrückten Lucia zusammen in einem Zimmer wohnen!

„Lucia?", fragte ich unsicher und wenig begeistert. Maria nickte energisch.

„Ja, du kennst sie schon! Sie hat mir von dir erzählt. Jetzt komm rein, wir wollen etwas zu Essen machen. Die Jungs sind hungrig!"

Moment, was? Essen machen? Ich? Nein!

„Ich mache kein Essen.", erklärte ich geduldig während ich Maria ins Haus folgte. Sie winkte Miguel zum Abschied während sie sagte: „Natürlich machst du Essen! Jede Frau muss kochen können!"

„Ähm. Nein. Das sehe ich anders!", widersprach ich.

„Und wie willst du später für deinen Mann und deine Kinder sorgen? Sollen sie hungern?", trotz des starken, spanischen Akzents verstand ich sie einwandfrei.

„Natürlich sollen sie nicht hungern!", sagte ich empört. „Für so etwas gibt es Köche!"

Maria fuhr herum und sah mich verwundert an.

„Du hattest einen Koch?"

„Natürlich!", ich schüttelte ungläubig meinen Kopf.

„Na! Dann wird es höchste Zeit, dass ich dich das Kochen lehre!", mit diesen Worten verschwand Maria in der Küche. Etwas verloren blieb ich mit meinem verbeulten Koffer im Eingangsbereich stehen.

„Hi Jamie!", ich hatte kaum Zeit gehabt mich etwas umzusehen, da hatte ich den Mund schon voll mit braunen Locken. Lucia umklammerte meinen Hals wie ein Affe während sie kicherte.

„Schön, dass du hier bist!", rief sie begeistert als sie mich endlich aus der Umarmung entließ. Ich sah sie wenig begeistert an.

„Komm schon, ich zeig dir das Zimmer!", sie nahm meinen Koffer und wuchtete ihn die Treppe hinauf. Sie öffnete gleich die erste Tür im oberen Stockwerk und machte eine einladende Geste.

„Fühl dich wie zuhause!"

Ich trat ein und war positiv überrascht. Das Zimmer war hell und gemütlich. Das Bett war groß und offensichtlich hatte Lucia ein gutes Händchen für Dekoration. Ich fühlte mich sofort wohl.

„Es stört dich hoffentlich nicht, dass wir uns ein Bett teilen?", Lucia strich über die rosafarbene Tagesdecke während sie mich neugierig ansah. Eigentlich störte es mich schon, sehr sogar. Wer weiß, was dieses aufgedrehte Mädchen in der Nacht mit mir anstellte! Dennoch schüttelte ich leicht meinen Kopf.

„Mädchen! Kommt und helft mir in der Küche!", Maria hatte ein lautes Organ, wie ich feststellte.

„Ja, wir kommen!", antwortete Lucia genauso laut. Diese Mexikaner waren wohl generell ein sehr, sehr lautes Volk. Manieren hatte ihn wohl keiner beigebracht.

„Kommt schon! Wir können deine Sachen später auspacken!", Lucia griff nach meiner Hand und zog mich zurück nach unten. Kaum hatten wir die große, moderne Küche betreten, gab Maria auch schon Befehle.

„Lucia, bitte wasche das Gemüse! Jamie, schneide die Zwiebeln!"

Sie selbst war damit beschäftigt einen riesen Berg von Teig zu kneten. Lucia machte sich sofort an die Arbeit, dabei sang sie irgendein Lied auf Spanisch. Maria stimmte nach kurzer Zeit mit ein und obwohl ich das Lied nicht kannte, gefiel mir der Gesang der beiden Frauen unheimlich. Leider konnte ich mich nicht lange darauf konzentrieren, ich stand vor einem ganz anderen Problem. Wie, zur Hölle, schnitt man Zwiebeln?

Unbeholfen griff ich nach dem großen Messer und halbierte einfach eine der Zwiebeln. So verkehrt konnte das ja nicht sein, oder? Sobald die Zwiebel halbiert war brannten meine Augen unheimlich. Ohne, dass ich es hätte verhindern können, tränten sie.

„Oje! Ich kann das nicht! Ich bin allergisch gegen Zwiebeln!", rief ich erschrocken aus. Lucia und Maria verstummten und sahen mich beide entgeistert an. Dann brach erst Maria, dann Lucia, in schallendes Gelächter aus. Was?! Fanden sie meine allergische Reaktion etwa lustig?

„Schatz, das ist ganz normal!", erklärte Maria, die kichernd neben mich getreten war und mir das Messer aus der Hand nahm. Ich wischte mir über die Augen um festzustellen, dass es jetzt noch viel mehr brannte. Natürlich verlief mein gesamtes Make-Up. Lucia reichte mir ein weißes Handtuch, welches ich mir auf das Gesicht drückte.

„Du hast echt noch nie Zwiebeln geschnitten?", fragte Lucia überrascht. Ich schüttelte meinen Kopf und als das Brennen der Augen endlich nachließ beobachtete ich, wie Maria das Messer über das Schneidebrett sausen ließ und in Rekordzeit die Zwiebeln gewürfelt hatte.

„Das werden wir noch üben!", meinte sie dann und widmete sich wieder dem Teigberg. „Lucia, sei doch so lieb und zeige Jamie wie man die Teigtaschen befüllt!"

Das Essen war nach ungefähr einer Stunde fertig und ich war fix und fertig. Niemals hätte ich gedacht, dass Kochen so anstrengend sein konnte! Ich lehnte gerade am Küchentresen und trank ein Glas Wasser, als ich hörte wie die Haustür aufging und kurz darauf laute Männerstimmen zu hören waren. Eine Sekunde später betrat Tito die Küche, ihm folgten zwei weitere dunkelhaarige Kerle und zu guter Letzt betrat ausgerechnet Chico die Küche. Ich wand mich schnell ab, ich sah aus wie eine wandelnde Leiche! Die Wimperntusche im Gesicht verschmiert, Mehl in den verwuschelten Haaren und Flecken auf der Bluse!

„Sieh mal an, was machst du denn hier?", Chicos raue Stimme jagte mir sofort eine Gänsehaut über den Körper. Zum Glück griff Tito in diesem Moment nach einer der fertigen Teigtaschen und Maria schlug ihm mit einem lauten „Finger weg!" auf die Hand. Alle Jungs lachten daraufhin.

„Geht hinaus, wir essen gleich!", verscheuchte Maria alle, dann drückte sie mir eine Schüssel in die Hand. „Geh schon raus, Liebes."

„Oh... ich... ich kann dir hier noch helfen!", widersprach ich schnell. Ich wollte wirklich nicht nach draußen gehen und mich allein zu den Jungs setzen.

„Schon gut, ich bin fertig."

Scheiße.



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