Kapitel 4

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Als das Essen beendet war standen einige der Frauen auf und trugen das dreckige Geschirr in die Küche. Sie spülten ab und räumten auf was mich sehr erstaunte. Sie waren doch Gäste hier. Wieso also räumten sie für Miguel auf? Miguel war offensichtlich sehr unhöflich, er saß mit einigen anderen Männern am Tisch und rauchte während sie Karten spielten. Wenn er dachte, ich würde den Haushalt für ihn schmeißen, hatte er sich gewaltig geschnitten. Das konnte dieser Arsch schön selber machen. Meine Aufmerksamkeit wurde von meinem Vater abgelenkt als ich eine laute Frauenstimme hinter uns hörte. Sie brüllte den düster drein blickenden Kerl auf Spanisch an. Vielleicht war sie seine Freundin und sie hatten Streit. Das würde auch den düsteren Blick von ihm erklären. Ich betrachtete die Frau kurz. Sie war wunderschön. Ihre langen braunen Haare waren glatt und seidig, sie hatte mandelförmige Augen und volle, geschwungene Lippen. Irgendwie erinnerte sie mich an Jessica Alba. Das wutverzerrte Gesicht tat ihrer Schönheit keinen Abbruch. Als sie sich schließlich, irgendetwas auf Spanisch zischend, von Chico weg drehte, bemerkte ich, dass ich zu auffällig gestarrt hatte. Die dunklen Augen von Chico schienen mich förmlich zu durchbohren. Obwohl es noch immer schrecklich warm war, war mir plötzlich kalt. Auf meinen Armen bildete sich eine feine Gänsehaut. Ich drehte mich schnell weg und lauschte Lucia, die mit einem anderen Mädchen in unserem Alter redete. Den durchdringenden Blick spürte ich noch immer in meinem Nacken. Wahrscheinlich plante er gerade meinen Mord und wie er meine Leiche verschwinden lassen konnte. Ich sah mich schon als Wasserleiche auf dem Grund des Ozeans treiben, die Beine an einem Betonklotz festgebunden und dazu verdammt, niemals gefunden zu werden...

***

Ich konnte es nicht fassen. Es war noch nicht einmal sechs Uhr und ich war wach. Diese Misere hatte ich dem Umstand zu verdanken, dass diese schäbige Hütte, in der ich untergebracht war, noch nicht einmal über Rollläden verfügte. Die Sonne schien mir unangenehm hell ins Gesicht und die angenehm kühle Luft, die in der Nacht geherrscht hatte, wärmte sich schnell wieder auf. Grunzend drehte ich mich einige Male herum. Mir war schrecklich warm, doch ich hatte diese Macke, dass ich ohne Bettdecke nicht schlafen konnte. Schließlich stöhnte ich frustriert und setzte mich auf die Bettkante. Zuhause war ich niemals vor elf Uhr aufgestanden. Ich musste mir dringend Vorhänge oder so etwas besorgen, sonst würde ich hier jeden Morgen mit den Vögeln aufstehen. Auch nach einer ausgiebigen Dusche fühlte ich mich nicht wacher. Vielleicht könnte ich mich später in den Garten legen und dort noch eine Weile schlafen. Dabei würde ich wenigstens braun werden. Ich wählte einen luftigen Rock und eine leichte Bluse, dazu meine Louboutins. Stilvoll und schick, so wie ich es mochte. Miguel saß bereits am Tisch, vor ihm eine Tasse Kaffee.

„Guten Morgen Jamie. Hast du gut geschlafen?", fragte er fröhlich als ich die kleine Küche betrat. Wie konnte er so früh am Morgen so gut gelaunt sein? Ich grunzte ihn zur Antwort nur an und begann damit die Schränke nach einer Tasse für meinen Kaffee zu durchsuchen.

„Der hier!", sagte Miguel und zeigte auf den Hängeschrank neben dem Kühlschrank. Ich öffnete den Schrank und ärgerte mich, dass er viele verschiedene Tassen hatte. Auf allen war ein anderes Werbemotiv zu sehen. Das waren allesamt Werbegeschenke gewesen! Ich war es gewöhnt aus weißem Porzellan meinen Kaffee zu trinken, nicht aus billigen Werbegeschenktassen. Doch die Tasse tat der braunen Brühe, die Miguel als Kaffee bezeichnete, auch keinen Abbruch mehr – der Kaffee schmeckte ziemlich widerlich. Bereits nach dem ersten Schluck leerte ich die Brühe in das Spülbecken.

„Kann ich deinen Wagen nehmen? Ich muss einkaufen fahren!", sagte ich während ich mich an die Küchenzeile lehnte.

„Hast du denn keinen Hunger?", Miguel deutete auf den Tisch, auf dem er Müsli und Milch bereit gestellt hatte.

„Ich esse keinen Schrott!", entgegnete ich und betrachtete das Schokoladenmüsli. Miguel widmete sich wieder seiner Zeitung.

„Also was ist jetzt? Kann ich den Wagen haben?", ich verdrehte meine Augen. Dieser Typ trieb mich schon jetzt zur Weißglut.

Verschiedene WeltenWhere stories live. Discover now