Kapitel 39

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„Oh mein Gott! Bella wird es ihm bestimmt sagen!", jammerte ich, während Lucia in rasantem Tempo über den Highway bretterte.

„Das weißt du doch gar nicht, jetzt warte doch erst einmal ab!", versuchte Lucia mich zu beruhigen.

„Er wird mich nie wieder sehen wollen, Lucia!"

„Vielleicht sagt sie es ihm auch gar nicht..."

„Ich hab ihr gestern die Nase gebrochen! Natürlich wird sie es ihm sagen!", kreischte ich hysterisch. Meine Hände zitterten und ich schwitzte. Ich war nervös und begann damit, auf meinen Lippen herum zu kauen. Chico würde mir niemals verzeihen. Er würde mich niemals wieder sehen wollen. Wieder holte ich einige Male tief Luft. Ich würde jetzt ja wohl nicht heulen! Mit quietschenden Reifen kam der SUV in der Einfahrt zum Stehen. Ich war noch nicht einmal ausgestiegen, da öffnete sich die Haustür und Tito stürmte heraus.

„Da seid ihr ja endlich!", rief er und drückte zuerst Lucia, dann mich kurz an sich.

„Was ist los? Wo ist Bella?!", fragte ich und sah zum Haus. Alles schien wie immer zu sein.

„Sie ist drin."

„Hat sie es ihm gesagt?", wollte ich wissen. Tito schüttelte seinen Kopf.

„Nein. Noch nicht zumindest. Sie streiten sich gerade noch."

„Was? Wieso streiten sie sich?", ich war total überfordert mit dieser Situation.

„Kommt erst mal rein, ja?", Tito grapschte nach unseren Armen und zog uns hinter sich her. Lucia warf mir einen beunruhigten Blick zu, als wir ins Innere traten. Und da hörte ich sie auch schon. Bellas Stimme war laut und schrill, Chicos eiskalt und berechnend. Was genau sie sagten, konnte ich nicht verstehen. Maria kam uns augenverdrehend entgegen.

„In diesem Haus ist es wie in einem Zoo!", verkündete sie genervt und knallte dann, nachdem sie Lucia die Schlüssel für den SUV aus der Hand genommen hatte, die Haustür hinter sich zu. Ich wünschte, ich könnte mit ihr gehen und einfach vor dieser Situation flüchten. Tito brachte uns ins Wohnzimmer, wo der Streit zwischen Bella und Chico geradezu ohrenbetäubende Töne annahm. Wieso, um alles in der Welt, stritten sie sich so heftig? Beide verstummten schlagartig als sie uns entdeckten. Bella verdrehte genervt ihre Augen.

„Da ist sie ja schon...", murmelte sie und sah mich abwertend an. Mein Blick suchte den von Chico. Er war wütend. Ich konnte jedoch noch nicht sagen, auf wen.

„Sagst du es ihr, oder soll ich es machen?", keifte die Braunhaarige Chico an. Der entgegnete kurz ihren Blick und sah dann mich an. Ich spürte, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg und mein Herzschlag sich verdoppelte. Was sollte er mir sagen? Was hatte er getan? Was hatte Bella getan?

„Komm schon, Chico!", drängte Bella ihn weiter. Ich sah, dass er mit sich rang. Er wollte es mir nicht sagen, was auch immer es war. Chico öffnete seinen Mund, ich hielt die Luft an, jetzt würde mich gleich der Schlag treffen! Doch er schloss seinen Mund wieder ohne etwas gesagt zu haben.

„Meine Güte! Ist das zu fassen?!", rief da Bella dazwischen. „Du musst gehen, Jamie!"

Neben dem Blut, welches viel zu laut in meinen Ohren rauschte, hörte ich meinen eigenen Herzschlag und Bellas Stimme, wie durch Watte.

„Wohin?", fragte ich leise, völlig verwirrt.

„Wo auch immer du her kommst, du dämliche Kuh!", schnappte sie. Sie tat so, als würde sie mit einem kleinen Kind reden.

„Wieso?", fragte ich wieder völlig atemlos. Was war hier los?

„Chico?", fragte sie und sah den Kerl an, den ich über alles liebte und der mich offensichtlich los haben wollte. Ich spürte, wie jemand meine Hand nahm. Es war Lucia. Kurz herrschte Stille. Bella und ich sahen Chico erwartungsvoll an. Lucias Atem neben mir ging viel zu schnell. Ich wusste, dass auch sie sich gerade aufregte.

„Nein!", sagte da Chico. Er sagte es leise, viel zu leise, doch wir alle hatten ihn verstanden. Trotzdem regte ich mich nicht. Ich war versteinert.

„Was? Was soll das heißen, Chico? Du weißt, dass es sein muss!", keifte Bella.

„Nein!", wiederholte er, dieses Mal mit Nachdruck. „Ich kann sie nicht gehen lassen!"

Wieso konnte ich mich nicht bewegen? Wieso bekam ich meinen Mund nicht auf?

Bella griff sich verzweifelt in die Haare und zog daran.

„Bist du wirklich so dämlich?!", fragte sie fassungslos, dann richtete sie ihren Blick auf Tito und mich. Nein. Nein, Bella, bitte tu das nicht! Ich flehte sie in Gedanken an. Ich sah ihr die die schokobraunen Augen und schüttelte ganz leicht meinen Kopf. Bitte nicht, Bella. Bitte tu mir das nicht an.

„Dann eben anders.", sagte sie kühl. Nein, bitte nicht.

„Deine geliebte Jamie...!", begann sie und suchte Chicos Blick. Als er sie ansah, ging sie einen Schritt auf ihn zu. Ich zitterte plötzlich am ganzen Leib, Lucia spürte das und umfasste meine Hand noch fester.

„...hat mit deinem Bruder geschlafen!", beendete sie ihren Satz und besiegelte damit das Ende zwischen Chico und mir.


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