Kapitel 34

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Die nächsten Tage verbrachte ich bei Miguel im Krankenhaus. Lucia und ich waren immer zusammen unterwegs, den Fotografen entdeckten wir leider nicht. Wir wussten ja nicht einmal, ob er überhaupt noch da war. Während ich und Miguel uns gut verstanden, fehlte von Chico und den Jungs nach wie vor jede Spur. Drei Tage nach der SMS, die er mir geschickt hatte, hatte ich es nicht mehr ausgehalten und ihm geschrieben. Allerdings hielt er es nicht für nötig, sich erneut bei mir zu melden. Miguel brachte mir das richtige Pokern bei, sodass ich sogar Lucia, die die ungeschlagene Königin darin war, einmal schlug. Als es von Chico nach einer Woche noch immer kein Lebenszeichen gab, wurde sogar Maria nervös. Sie telefonierte sehr viel und Mano, von dem ich eigentlich dachte, dass er mit in New Orleans sei, verbrachte ungewöhnlich viel Zeit bei uns. Am siebten Abend, seit Chico weg war, saß Mano allein auf der Terrasse. Ich beschloss, meinen Stolz über Bord zu werfen und ihn zu fragen, ob alles in Ordnung war.

„Hey.", sagte ich leise während ich an ihm vorbei ging und mich auf einen der Stühle setzte. Mit finsterem Blick sah er mich an und nickte. Ich interpretierte sein Nicken als Begrüßung.

„Geht's Chico gut?", fragte ich und sah den Mexikaner dabei fragend an. Der zuckte nur mit den Schultern.

„Was soll das heißen? Du weißt es nicht oder du weißt es, willst es mir aber nicht sagen?"

„Ich weiß es.", grunzte er.

„Alles klar...", ich holte tief Luft. „Was ist eigentlich dein Problem?"

Jetzt hob er seinen Blick wieder und sah mich verständnislos an.

„Ich hab dir nie etwas getan!", fügte ich hinzu.

„Nein. Hast du nicht.", knurrte er. Wieso waren die Männer hier nur so anstrengend?

„Was ist dann das Problem? Du könntest mir immerhin verraten, ob es Chico gut geht!"

„Er ist im Knast. Wahrscheinlich geht's ihm also nicht so gut.", sprach Mano so uninteressiert als würde er gerade über das Wetter reden. Mein Mund klappte ungläubig auf.

„Im Knast?!", quiekte ich, woraufhin Mano nur nickte.

„Was, wieso... was hat er denn im Knast zu suchen?"

„Denkst du, er ist da freiwillig oder was?", fuhr er mich an. Ich schüttelte meinen Kopf.

„Natürlich nicht!"

„Er kommt bald wieder raus, wurde halt erwischt. Nicht weiter tragisch!"

„Nicht weiter tragisch?", wiederholte ich dämlich und in viel zu hoher Tonlage seinen Satz.

„Sagte ich doch!", gab er zurück. Anscheinend amüsierte ihn meine Panik. Chico im Knast? Was hatte er nur angestellt, dass sie ihn einsperrten? Oh mein Gott, wahrscheinlich hatte er einen umgebracht! Ich würde ihn niemals wieder sehen!

„Komm mal runter, Schneeflocke!", murrte Mano, der meine innere Zerrissenheit wohl spürte.

„Schneeflocke?", maulte ich, woraufhin der Mexikaner lachte. Ich verdrehte meine Augen und ließ ihn allein auf der Terrasse sitzen. Was für ein Arschloch!

In der nächsten Woche wurde mein Vater aus dem Krankenhaus entlassen. Aus Gründen, die ich wirklich nicht verstand, hatten sie mir alle verboten, mit zu ihm nach Hause zu gehen. Maria hatte fast panisch reagiert, als ich ihr gesagt hatte, dass ich wieder bei Miguel einziehen würde. Sogar Mano hatte dies strikt abgelehnt. Eine ältere Frau, Josepha, würde sich nun um meinen Vater kümmern. Mir war das Ganze nicht nur unangenehm, sondern auch schleierhaft. Wieso sollte ich nicht bei Miguel wohnen? Doch wieder einmal gab mir niemand eine Antwort darauf. Es war immer dasselbe.

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