Kapitel 24

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„Hi Tito. Weißt du wo Chico ist?", ich starrte auf die schwarzen Buchstaben, die auf meinem Handydisplay leuchteten. Sollte ich die Nachricht wirklich abschicken? Ich wollte eigentlich mit Chico reden und hören, was er zu sagen hatte. Ich hoffte jedenfalls, dass er überhaupt etwas zu sagen hatte. Aber ich hatte auch unheimlich Angst. Was, wenn er mich auslachen würde? Oder wenn es ihm nicht leid tun würde? Was sollte ich tun, wenn er nichts mehr mit mir zu tun haben wollte? Damit würde ich nicht fertig werden. Doch hier herum zu sitzen und mir den Kopf über hätte, könnte und sollte zu zerbrechen, brachte mich auch keinen Schritt weiter. Ehe ich wirklich darüber nachgedacht hatte, drückte ich auf senden. Mir war durchaus bewusst, dass es mitten in der Nacht war, aber ich hatte es einfach nicht mehr ausgehalten. Und wenn Tito mir nicht sagen würde wo sein Bruder war, musste ich es irgendwie selbst herausfinden. Lucia lag neben mir im Bett und schnarchte leise. Ich starrte in die Dunkelheit und zuckte zusammen, als mein Handy vibrierte.

„Ja."

Ich verdrehte meine Augen. Tito war so ein Blödmann!

„Kannst du es mir bitte sagen?", schrieb ich schnell.

„Ich weiß nicht..."

„Ich werde es auch so herausfinden. Also?"

„Na gut, du bist verdammt stur. Bei Mano zuhause."

Na geht doch! Ich musste kurz grinsen, dann setzte ich mich jedoch schnell auf und zog mir eine Jogginghose und ein Sweatshirt über. Ich schlich mich aus dem Haus und schaffte es tatsächlich, ungesehen die Einfahrt hinunter zu joggen. Bis zu Mano war es nicht weit, wenn ich weiter joggen würde, wäre ich in wenigen Minuten da. Immer wenn die Scheinwerfer eines Autos sich näherten, versteckte ich mich irgendwo. Niemand entdeckte mich. Ich sinnierte gerade darüber nach wie brillant ich doch war, da tauchte Manos Haus vor mir auf. Wie sollte ich da jetzt rein kommen? Mano war nicht gerade mein größter Fan, das wusste ich. Trotzdem blieb mir nichts anderes übrig als zu klingeln. Bereits nach wenigen Sekunden sah ich, dass das Licht anging und hörte schlurfende Schritte. Mano öffnete, er wischte sich verschlafen über die Augen.

„Kann ich rein kommen?", fragte ich bevor er überhaupt bemerkt hatte, wer da vor seiner Tür stand. Ich wartete auch keine Antwort ab sondern schlüpfte unter seinem Arm hindurch ins Haus.

„Jamie?", fragte er schließlich, als ich im hellen Hausflur stand. Ich nickte.

„Wo ist Chico?"

„Schläft oben. erster Stock, zweite Tür links.", murmelte Mano während er die Haustür wieder schloss. Ich nickte ihm dankend zu. Wahrscheinlich hatte ich einfach nur Glück gehabt, dass Mano sich noch im Halbschlaf befand. Sonst hätte er mir nicht so einfach gesagt wo Chico war. Als ich vor seiner Tür stand überlegte ich kurz, ob ich anklopften sollte. Ich entschied mich dagegen. Es war unhöflich aber Chico war ja auch andauernd unhöflich. Ich drückte die Klinke nach unten und suchte die Wand nach einem Lichtschalter ab. Ich hoffte, Chico würde so unsanft geweckt werden. Ganz davon abgesehen würde ich mich niemals wieder in sein dunkles Zimmer schleichen. Seine Waffe war schon einmal auf mich gerichtet gewesen. Darauf konnte ich echt verzichten. Ein Gefühl der Genugtuung breitete sich in meinem Inneren aus als das helle Licht das Zimmer durchflutete. Chico setzte sich auf und sah mich direkt an. Wie es aussah, hatte er überhaupt nicht geschlafen. Er sah vielmehr so aus, als habe er schon seit fünf Wochen nicht mehr geschlafen! Heilige Scheiße, er sah grauenhaft aus!

„Jamie?", fragte er verwirrt. Ich bemühte mich darum, in seine dunklen Augen zu schauen. Das machte es zwar auch nicht unbedingt einfacher, doch seinen Oberkörper und die Tattoos darauf anzusehen, war noch schlimmer.

Verschiedene WeltenWhere stories live. Discover now