Kapitel 30

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„Jamie!", die tiefe, raue Stimme ließ mich zusammen zucken. Die Gabel, mit der ich gerade ein Stück Melone aufgespießt hatte, fiel mir aus der Hand und landete mit einem unangenehmen, klirrenden Geräusch auf dem weißen Porzellanteller.

„Jamie!", Chicos Stimme klang beängstigend und ich sah mich einen Moment lang hektisch nach einem Versteck um. Das war natürlich lächerlich, trotzdem starrte ich jetzt in die weit aufgerissenen Augen von Lucia während Maria mir einen Blick schenkte, der eindeutig diesen seltsamen Ausdruck hatte den Leute dir zuwarfen, wenn du bekommen würdest, was zu verdient hast. Ich schluckte und schon stand Chico in der Terrassentür.

„Jamie, steh auf!", forderte er ungehalten. Und zum allerersten Mal folgte ich seiner Anweisung ohne Widerspruch.

„War schön, dich zu kennen!", raunte Lucia mir zu. Ich sah sie geschockt an während Maria ausholte und ihr gegen den Hinterkopf schlug.

„Ruhig!", zischte sie während Lucia sie vorwurfsvoll ansah. Chico war zurück ins Haus getrampelt, ich schlich leise hinterher. Fieberhaft suchte ich nach einer Lösung, leider fiel mir absolut nichts ein. Chico stand ungeduldig in der Wohnzimmertür und wartete, bis ich eingetreten war. Dann schlug er die Tür zu, so laut, dass ich zusammen zuckte.

„Was zur Hölle sollte das gestern Nacht!", brüllte er so laut, dass ich mir am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Ich räusperte mich, brachte allerdings keine Antwort zustande.

„Weißt du eigentlich, was für ein Glück zu hattest?", schrie er. Ich nickte langsam.

„Juan hätte dich... ich darf darüber gar nicht nachdenken!", er fuhr sich gestresst mit seinen Händen über das Gesicht.

„Er hat auf meinen Vater geschossen.", murmelte ich. Zuerst war ich mir nicht sicher, ob Chico mich verstanden hatte, doch er seufzte.

„Du hättest dich nicht einmischen sollen!"

„Es hätte doch sonst keiner gemacht!", gab ich zurück. Endlich traute ich mich ihm in die Augen zu schauen. Sie waren noch dunkler als sonst und funkelten mich wütend an.

„Ich hätte das geregelt!", zischte er während er unruhig im Zimmer auf und ab ging. Und da spürte ich schon wieder dieselbe brennende Wut wie in der letzten Nacht. Sie kam langsam aber unaufhaltsam. Sie überschwemmte meine Gefühle und ließ mich rot sehen.

„Nein! Hättest du nicht! Du hast mich angelogen und du warst mit Juan in einem Raum! Du hast ihm keine Lektion erteilt! Du tolerierst ihn und sein Verhalten!", zischte ich. Meine Stimme klang eiskalt.

„Du hast keine Ahnung, Jamie. Also halt deinen Mund!", gab Chico genervt von sich.

„Sag mir nicht, dass ich den Mund halten soll!", schrie ich und ging ein paar Schritte auf ihn zu. „Es ist mein Vater, kapierst du das? Ich habe das Recht darauf zu erfahren was passiert ist und wenn du es nicht tust, werde ich Juan seine gerechte Strafe dafür verpassen!"

Als jetzt ein hämisches Grinsen über Chicos Gesicht huschte verschlug es mir kurz die Sprache, doch die Wut war schneller zurück. Er lachte über mich.

„Deine kleinen Racheaktionen und Intrigen haben hier nichts verloren und beeindrucken hier keinen, Jamie.", seine Stimme klang herablassend. Es tat weh, dass er so mit mir redete, doch die Wut war stärker.

„Glaub mir, mit Intrigen hat das nichts zu tun!", meine Stimme war leise. Er wollte gerade ansetzen um noch etwas zu sagen, doch ich wollte nichts mehr hören.

„Du rennst jetzt nicht davon!", verlangte er, doch ich sah ihn nicht einmal mehr an. Ich blieb stehen, ja, aber ich fühlte mich kalt und ich wusste nicht, ob ich ihm gegenüber je wieder anders fühlen würde.

Verschiedene WeltenWhere stories live. Discover now