Rufe der Vergangenheit

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Die Zeit verging rasend schnell. Éomer hatte sich schon nach wenigen Stunden wieder beruhigt und tigerte nun wieder dauerhaft in Fires Nähe umher. Auch die Vorbereitungen für seine Krönung zum König Rohans, waren in vollem Gange. Die Piratin übte täglich mit Faramir und den Hobbits das Gehen und nach und nach trafen Menschen aus ganze Mittelerde ein, um in wenigen Tagen, der Krönungszeremonie beiwohnen zu können. Auch die Gefährten reisten fast vollzählig an. Nur Boromir war durch seinen Tod, vor über einem Jahr, nicht in der Lage zu erscheinen.

"Fire? Hast du Lust, bei der Krönung mit mir und Merry zu tanzen?", fragte ein gut gelaunter Pippin, wärend er Fire bei ihren Gehübungen beobachtete. "Ich und tanzen? Als ob ich sowas könnte. Außerdem habe ich kein Kleid! Da muss ich dich leider enttäuschen", antwortete die Frau. "Ach komm schooon! Frag doch Eowyn, ob sie dir ein Kleid leiht!", nervte der Kleine weiter. "Ha ha! Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, sie kann mich nicht leiden!" Fire setzte sich zu dem Hobbit auf das Bett. "Wieso mag dich eigentlich niemand? Du bist nett! Die sind nett! Was ist das Problem?", fragte Pip verwundert. "Ich denke, ich weiß, woran es liegt. Du solltest wissen, dass Menschen sich oft an den ersten Eindruck von jemandem Klammern und dadurch nicht sehen können beziehungsweise wollen, dass diese Person eigentlich ganz anders sein kann", erklärte Fire. "Also weil du eine Piratin bist?", wollte der Kleine seinen Gedanken bestätigt haben. Die Frau nickte. "Das ist doch total bescheuert! Du bist viel cooler, als irgendeine dahergelaufene Prinzessin!", beschwerte er sich. "Du vergleichst Dinge, die man nicht vergleichen kann. Vielleicht verachten mich manche Menschen ganz zu Recht. Ich habe Menschen bestohlen, getötet und verstümmelt, ich wurde zum Brandschatzen und Morden erzogen! Dennoch hatte ich nicht selten die Möglichkeit einen anderen Weg einzuschlagen, doch ich tat es nicht. Eine Prinzessin ist allein durch ihre Eltern eine angesehene Frau. Sie hat viel Verantwortung und strenge Richtlinien. Ich habe eine Wahl, eine Adlige nicht. Außerdem liegen die heutzutage wichtigen Werte bei Ansehen und Reichtum. Zweiteres könnte ich möglicherweise bieten, aber Ersteres ist den Menschen wichtiger. Charakter ist oftmals zweitrangig. Zudem ist auch dieser bei mir nicht astrein. Ich habe keinen Anstand vor Männern, vor denen ich eigentlich auf die Knie fallen müsste, um ihre Füße zu küssen. Ich bin ein sturer Bock, was mich nicht selten mein Leben kosten könnte. Mein Bruder wurde getötet, weil ich so frech war einem Wächter das Gesicht zu zerkratzen und dies nicht bereut habe. Man hat mir nicht selten mit meinem oder Jukkas leben gedroht, doch ich habe alle Warnungen in den Wind geschlagen. Dies ließ Denethor denken, er müsse härtere Maßnahmem ergreifen. Jukka ist tot, weil ich ein Idiot war. Nein,... ich BIN ein Idiot! Meine Freunde tun alles in ihrer Macht stehende um mir zu helfen! Und ich dumme Kuh bin zu Stur diese Hilfe anzunehmen! Das ist es, verstehst du? Das ist es, was Menschen an mir hassen! Ich kann lustig sein und mit Freunden Unsinn machen, aber das macht meine Vergangenheit nicht ungeschehen. Ich bin Mörderin, Diebin und eine arrogante Ziege!" Fire war aufgestanden und lehnte nun am Fensterbrett. Die Vorhänge wurden schon seit längerer Zeit nicht mehr geschlossen. Sie spürte eine Träne ihre Wange hinunter kullern und Pippin schaute sie vom Bett aus mit großen Augen an. "Du lebst in der Vergangenheit! Das warst du mal! Jetzt bist du jemand ganz anderes! Piratin bist du nicht mehr, seit du für Gondor gekämpft hast. Mörderin bist du nicht mehr, seit du den Menschen auf dem Schlachtfeld das Leben gerettet hast. Diebin bist du nicht mehr, seit du im Gefängnis gesessen hast! Wenn du noch eine Piratin bist, zeig mir das Schiff, auf dem du segelst! Es gibt keinen Grund dir Vorwürfe zu machen! Du bist ein wunderbarer Mensch und eine noch viel bessere Freundin." Das waren die klügsten Worte, die Fire je von ihrem kleinen Freund zu hören bekommen hatte. Sie drehte sich langsam zu ihm um. Er war inzwischen neben sie getreten. Durch einen Tränenschleier erkannte sie das freundschaftliche Lächeln des Hobbits und nun huschte auch ihr ein kleines Schmunzeln über die Lippen. "Danke...", flüsterte sie und kniete sich vor ihm auf den Boden, um ihn in eine freundschaftliche Umarmung schließen zu könne. "Du bist ein super toller Mensch", murmelte der kleine in ihre zotteligen Haare. Plötzlich riss er sich von ihr los und fragte: "Also, Fire! Kommst du jetzt mit, oder nicht?!"

KämpferherzWhere stories live. Discover now