Apokalypse der Bäume

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Recht schnell hatten Fire und ihre Gefolgschaft den Waldrand erreicht. Die Frau sprang von ihrem Pferd und ließ es einfach an Ort und Stelle stehen. Die Männer bestanden darauf, ihre Tiere erst an Ästen festbinden zu dürfen, ehe sie ihr in den Wald folgten. Der Boden hier war zwar etwas feuchter, als auf den Ebenen, doch war es schwer sich auf irgendwelche Spuren zu konzentrieren, wenn man aufpassen musste, dass man nicht andauernd über Wurzeln stolperte.

„Bei allem Respekt, Herrin! Wir sollten nicht zu tief in den Wald gehen!", rief plötzlich einer der Soldaten vom hinteren Ende des Trupps. „Und warum bitte nicht?!", fragte Fire ungehalten. Natürlich hatte auch sie Geschichten darüber gehört, dass dieser Wald verflucht oder anderweitig von böser Magie befallen sein sollte, da sie aber keine fünf Jahre mehr alt war und es hier galt, einen verschollenen Freund zu finden, hatte sie kein Verständnis für die Angst der Männer. „Herrin, der Mann hat Recht!", meinte nun auch Gamling, welchem man das Unwohlsein deutlich ansah. „Dann geht eben zurück! Ich werde Faramir auch ohne euch Schlappschwänze finden!", entgegnete die Frau wütend, während sie sich, ohne sich auch nur umzudrehen, einfach weiter durch das Unterholz kämpfte. Die Männer blieben Ratlos zurück und wussten nicht so recht, was sie nun tun sollten. „Wenn sie meint, dass wir keine richtigen Männer sind, nur weil wir uns noch einige Zeit an unserem Leben freuen wollen, dann kann sie gerne alleine weitersuchen!", meinte einer, welcher sich sogleich auf den Weg zurück zum Waldrand machen wollte. Ein anderer Mann rief ihm hinterher: „Wenn wir uns aber zurückziehen und ihr in der Zeit etwas zustößt, knüpft der König uns auf!" „Red doch keinen Unsinn!!", mischte sich ein Weiterer ein. „Ruhe!!", rief plötzlich ein Vierter.

Während die Männer weiterdiskutierten, was sie denn nun tun sollten, war Fire längst außer Hörweite und suchte verbissen nach einer Spur. Den Blick stur auf den moosigen Waldboden gerichtet stolperte sie geradeaus weiter zwischen den Bäumen hindurch. Ihr Schwert benutzte sie um sich durch dichte Gestrüppe zu schlagen.

Erschrocken blickte sie auf. Hatte sich da nicht gerade noch etwas bewegt? So tief im Wald war es nahezu windstill und doch hätte sie ihre Kette darauf verwettet, dass sie im Augenwinkel gesehen hatte, dass sich zu ihrer Linken etwas bewegt hatte. Hier waren aber überall nur Bäume! Nicht einmal Vögel waren zu sehen! Wurde sie jetzt schon paranoid?

Die Frau schüttelte entschieden den Kopf und setzte ihren Weg fort. Es musste sich doch irgendwo eine Spur finden lassen!

Erst als sie eindeutig ein lautes Knacken hinter sich vernahm, hob sie wieder ihren Blick und drehte sie sich langsam und mit unruhig klopfendem Herzen um. Da war nichts. „Schnapp ich jetzt noch über oder wie darf ich das verstehen?", fragte Fire leise an sich selbst gerichtet.

Unsicher wandte sie sich wieder in die Richtung in die sie unterwegs war. Kaum war ihr Blick wieder nach vorne gerichtet, hörte sie erneut ein lautes Geräusch, wie, als wenn man einen morschen Ast durchbrach. Schnell hatte die Frau ihr Schwert gezogen und sich nach hinten gedreht. Wieder konnte sie nichts Außergewöhnliches erkennen. Doch halt... hatte der eine Baum dort hinten, mit diesem auffälligen Baumpilz, nicht eben noch, hinter dem Beerenstrauch gestanden? Die Sache begann Fire langsam wirklich unheimlich zu werden.

Sie machte auf dem Absatz kehrt und schritt zügig weiter voran. Nach hinten wagte sie nicht mehr zu blicken. Auch dann nicht, als das Knacken wieder von neuem begann.

Erst, als die Geräusche näher zu kommen schienen, als wollten sie die Frau verfolgen, wandte sie ihren Blick noch mal zurück. Das Blut gefror ihr augenblicklich in den Adern und ihr Herz setzte für einen kurzen Moment aus, ehe es in unnatürlich schnellem Tempo wieder begann zu schlagen. Die Bäume bewegten sich! Aber nicht so, wie Bäume sich sonst bewegten, wenn der Wind durch ihre Kronen blies und Blätter durch die Luft trug, sondern schienen sie mehr zu... krabbeln! Ganz so als seien sie gigantische Kraken an Land, die sich mit ihren Tentakeln voran zogen, bewegten sie ihre Wurzeln wie Schlangen und krochen so der Frau entgegen, die sich vor Schreck noch immer nicht bewegen konnte. Erst als einer der Geisterbäume sie unter lautem Ächzen fast erreicht hatte, kam wieder Leben in ihre angespannten Glieder. Sie nahm ihre Beine in die Hand und begann zu laufen! So schnell ihre Füße sie trugen, rannte sie, viele Haken schlagend, durch das Dickicht und hoffte, diesen verfluchten Wald möglichst schnell hinter sich bringen zu können. Die Zweige sämtlicher Sträucher und Bäume schlugen ihr wie harte Peitschen ins Gesicht und hinterließen brennende, rote Striemen auf ihren Wangen und ihrer Stirn, während Dornenbüsche ihre Waden zu zerfetzten schienen. Nach und nach schien der gesamte Wald sich in Bewegung zu setzten und die Frau einkesseln zu wollen. Farne und Gestrüppe schossen förmlich in die Höhe und versperrten Fire den Weg. Bäume wanden ihre Wurzeln und brachten sie zum Straucheln, ehe sie schließlich keine Kraft mehr hatte um weiter zu rennen oder mit ihrem Schwert auf Zweige eines hartnäckigen Gestrüpps einschlagen zu können. Eine große Wurzel holte sie schließlich von den Beinen und Ranken, Äste und weitere Pflanzenteile begannen an ihr zu zerren und sie sich langsam einzuverleiben. Ja, es sah wirklich so aus, als wollten die Bäume sie unter ihre Wurzeln ziehen und fressen! Die Frau keifte und tobte, doch zogen die Pflanzen so nur noch stärker an ihr.

„HALTET EIN!!!", ertönte plötzlich eine laute Männerstimme die keinen Widerspruch duldete, „LASST SIE LOS!!" Tatsächlich lockerten die Pflanzen langsam ihren festen Griff und ließen Fire frei, ehe sie langsam von ihr wichen und wieder erstarrten, als hätten sie nie etwas Anderes getan, als regungslos herum zu stehen. „Dreh ich jetzt völlig durch oder was?!", meinte Fire in einer Mischung aus Erleichterung und Wut. „Ihr seid wieder sicher. Die Bäume werden Euch nichts mehr tun", versuchte der blonde Elb die Frau zu besänftigen. „Ein Glück, dass Ihr hier seid, Legolas", seufzte Fir, „Doch wie habt ihr es geschafft diese Geisterbäume zu beruhigen?", fügte sie noch hinzu, ehe sie sich auf den Boden nieder ließ um erst einmal tief durchzuatmen. „Wir Elben haben oftmals einen, sagen wir mal guten Draht, zu Pflanzen, doch was führt Euch überhaupt hier her?", fragte der Mann interessiert. „Das Selbe könnte ich Euch fragen", meinte die Frau nur. „Ich bin mit Gimli hier. Als ich das erste Mal durch diesen Wald gegangen bin, hatte ich mir fest vorgenommen wieder hier her zu kommen um die Pflanzen etwas genauer zu untersuchen. Sie hegen einen alten Zorn und scheinen Gästen nicht wohl gesonnen. Jedoch habe ich es noch nie erlebt, dass sie Reisende angriffen, ohne, dass diese sich Respektlos ihnen gegenüber verhalten hatten", versuchte Legolas zu erklären. „Kann sein, dass ich aus Versehen einen Farn zertreten habe", meinte Fire gleichgültig mit den Schultern zuckend. „Warum seid Ihr überhaupt hier?", fragte der Elbenprinz erneut. „Ich suche Faramir. Er und Eowyn hatten einen Streit, er ist wütend davon geritten und ich habe später sein Pferd alleine auf den Ebenen gefunden", erzählte die Frau möglichst knapp. „Apropos! Das habe ich bei ein paar Orkleichen gefunden! Gehört es Euch?" Sie zog den Elbendolch aus einer kleinen Tasche an ihrem Gürtel und reichte ihn Legolas. „Ja, doch wie kann es sein, dass ich ihn verloren habe? Ich habe noch nie im Leben eine Waffe verloren!", stutzte dieser. „Das kann ich Euch nicht erklären, doch sagt mir, habt vielleicht Ihr Faramir gesehen? Die Männer und ich fanden einen Fetzen seiner Tunika beim selben Haufen Orkleichen, bei dem wir Euren Dolch gefunden haben", fragte Fire besorgt. Zu ihrer großen Erleichterung nickte der Elb. „Gimli und ich haben am Waldrand nach ein paar besonderen Kräutern Ausschau gehalten, als wir das Gebrüll von Orks vernahmen. Wir sind dem Lärm sofort entgegen geeilt und fanden Faramir in einem bis an die Zähne bewaffneten Haufen Orks. Er selbst trug nichts bei sich, mit dem er sich hätte verteidigen können. Glücklicherweise zogen diese widerlichen Kreaturen es vor, erst ihre Spielchen mit ihm zu spielen, indem sie ihn mit Speerstichen piesackten und ihn laut lachend verhöhnten, ehe sie ihn töten wollten. Gimli und ich haben sie vorher ausgelöscht und Faramir hierher in den Wald gebracht, da nicht einmal diese einfältigen Diener des Bösen sich hier hinein wagen. Daher verwundert es mich umso mehr, dass ich Euch hier antreffe. Zudem frage ich mich, was aus den Männern geworden ist, von denen Ihr sagtet, dass sie euch begleiteten", führte Legolas in einer typisch elbisch klingenden Rede aus. Die Frau atmete erleichtert aus, als sie hörte, dass Faramir am Leben war. „Ein Glück, dass Ihr ihn gefunden habt! Nun, die Männer zogen es vor, sich zurück zu ziehen, da der Wald ihnen nicht geheuer war. Zu Recht! Ich wollte aber nicht ruhen, ehe ich nicht herausgefunden hatte, was mit dem Fürsten geschehen ist. Wo ist er überhaupt?", erklärte nun auch Fire. „Er ist mit Gimli in unserem kleinen Lager westlich von hier. Kommt ich führe Euch hin", berichtete Legolas ruhig. Fire rappelte sich auf und klopfte sich den Dreck aus den Klamotten, ehe sie dem Elbenprinzen in Richtung seines Lagers folgte.

KämpferherzWhere stories live. Discover now