3 - Sprünge

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Er nahm Anlauf, lief los und machte ein wunderschönes Dreifachsalto nach unten. Zumindest glaubte ich, dass es schön war. Schließlich sah ich ihn nur von oben. Dennoch grenzte es an ein Wunder, dass er nicht auf dem Bauch landete, sondern bildschön mit einem Köpfer im Wasser landete. Schön. Alles an dem Sprung war schön gewesen.
Als er sich aus dem Bereich unmittelbar unter dem Turm bewegte, legte Jace seine Hand aus meine Schulter. „Komm schon, man. Du schaffst das zwar nicht so schön, aber du hast eine Wette zu verlieren." Ich schnaubte. Wenn ich vom Fünfmeterbrett springen konnte, dann konnte ich auch von fünf Metern weiter oben springen. Ein letztes Mal atmete ich tief ein, dann ging es los. Ich nahm Anlauf, bewegte mich auf die Kante des schmalen Absprungbrettes zu, während sich in meinem Bauch das Gefühl breitmachte, das man hat, wenn man Achterbahn fährt. Adrenalin, gemischt mit Nervosität und positiver Aufregung. Eine Sekunde später war ich in der Luft und machte automatisch ein einfaches Salto, wie ich es so oft von fünf Metern tiefer gemacht hatte. Es fühlte sich an, als würde ich mit der Achterbahn einen Looping machen oder einen steilen Abhang herunterrasen. Ich fühlte mich frei, und das nur, weil ich von einem zehn Meter hohen Turm gesprungen war.
Einen Augenblick später tauchte ich mit Händen und Kopf voran in das Wasser ein, und der Moment war vorüber.
Als ich aus dem Becken kletterte, machte Jace gerade einen einfachen Köpfer nach unten. Wenige Sekunden später setzte er sich neben mich auf den Beckenrand. „Du schuldest mir eine Achterbahnfahrt, Prinzessin." Ich grinste wie ein Honigkuchenpferd auf Crack, während er mich mit finsterer Miene musterte. Zurecht, schließlich musste er mir eine Fahrt mit der größten Achterbahn New Yorks spendieren, und die war verdammt teuer. Außerdem konnte er es einfach nicht leiden, wenn ich ihn Prinzessin nannte - weshalb ich es umso öfter tat.
Sein Drei - Tage - Regen - Gesicht verschwand allerdings, als Clary, die soeben vom Fünfer gesprungen war, zwischen seinen Beinen aus dem Wasser auftauchte. Sie stemmte sich an dem Rand im Beckeninneren ab, er beugte sich zu ihr hinunter, und die beiden küssten sich, als würde morgen die Welt untergehen. Wie jedes Mal, wenn sie sich küssten. Die beiden klammerten sich aneinander wie ein Schiffbrüchiger an ein Stück Treibholz. Es bedurfte dann immer etwas Gewalt, um ihre verschmolzenen Münder zu trennen.
Leicht genervt beobachtete ich, wie Izzy ein Rückwärtssalto vom Fünfer machte. „Gehen wir Eis essen?", fragte sie, als sie bei uns angekommen war. Endlich lösten sich Clary und Jace voneinander, und das vermutlich nur, weil Clary das Wort ‚Eis' gehört hatte. „Find ich gut. Gehen wir." Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zum Kiosk, das unweit von unserer Picknickdecke entfernt lag. Izzy zauberte noch schnell für jeden zehn Dollar aus dem Innenfutter ihrer Tasche, in dem sich auch unsere Handys befanden.
Mit meinem kleinen Becher Ben & Jerry's stand ich etwas abseits von den anderen und sah zu, wie sich Jace und Iz in der Schlange über das beste Eis stritten. Die beiden hatten noch gute fünf Minuten vor der Auswahlkarte gestanden, während Clary und ich schon längst am Tresen gewesen waren. Jene stand nun neben den Streithähnen, aß seelenruhig ihr Eissandwich und sah Jace an. Ihre Liebe für ihn war ihr deutlich anzusehen.
Seufzend beobachtete ich, wie sich die Sonnenstrahlen in meinem Plastiklöffel spiegelten. So wie meine beiden Freunde hatte ich noch nie empfunden. Die einzige Schwärmerei, mit der ich mich schmücken konnte, war für George Clooney. Erstens war er ein klasse Schauspieler, und zweitens schaffte er es im Alter einfach noch besser auszusehen als in jungen Jahren. Klar, Beziehungen hatte ich schon gehabt, aber die waren immer daran gescheitert, dass ich mich nicht genug für die Mädchen interessiert hatte. Vielleicht würde ich ja als Single sterben. Im Alter von fünfzig Jahren. Mit zehn Katzen an meiner Seite.
Ich schüttelte mich.
Das Eis war mittlerweile leicht angeschmolzen, so, wie ich es am liebsten mochte. Ich vertrieb die bösen Gedanken an einsame Leichen und Katzen und tauchte den Löffel in mein Brownieeis. Gerade, als ich ihn mir in den Mund geschoben hatte, legte jemand eine Hand auf meine Schulter. Reflexartig zuckte ich zusammen und fuhr herum. Mittlerweile ohne Löffel im Mund.
„Netter Sprung." Der Asiate mit den Regenbogenshorts stand mir gegenüber und grinste verschmitzt. Was will er?
„Danke. Aber so gut wie deiner war er nicht", erwiderte ich achselzuckend und schielte auf mein Eis. Essen im Gespräch mit Fremden befand ich für unfreundlich, daher würde ich womöglich für die nächsten paar Minuten darauf verzichten müssen. Verdammt.
„Ich brauche dein Lob nicht. Mein Ego wird von einer zehn Meter dicken, onyxbesetzten Mauer aus Diamant umgeben - meinem Gesicht." Irritiert starrte ich ihn an. What the fuck?!
Immerhin besaß er den Anstand zu erröten, was bei ihm ziemlich niedlich aussah - also, wenn man Männer niedlich fand...
„Sorry, eigentlich bin ich nicht ganz so... unintelligent und machohaft. Ich wollte nur cool sein, hat aber wohl nicht geklappt." Nervös fuhr er sich durch das Haar, und seine Niedlichkeit wurde durch pures Sexappeal ersetzt - also, wenn man auf Männer stand. Dennoch stockte mein Atem ein wenig. Die ganze Zeit über hatte ich beinahe krampfhaft versucht, nicht auf seinen Oberkörper zu starren - ohne Grund, ich war schließlich nicht schwul oder so. Oder? Nun auch noch diese Geste... Ich war kurz davor, zu schmelzen wie ein Mädchen es getan hätte. Verdammt, was ist nur los? Vielleicht wurde ich ja krank. Das würde zumindest das lustige, aber nicht unangenehme Kribbeln auf meinen Armen erklären. Oder ich machte eine spätpubertäre Phase durch und bildete mir ein, einen Mann heiß zu finden. So musste es sein. Genau so.
Regenbogenmann streckte mir seine Rechte entgegen. „Ich bin Magnus. Und du musst der sein, der ab Herbst auf der Columbia studiert", sagte er, diesmal selbstsicherer als seine Rechtfertigungen es gewesen waren. Ohne zu zögern ergriff ich seine Hand. „Ja, ähm, ich bin Alec." Ich versagte bei dem Versuch, so selbstsicher zu klingen wie er.
Aber meine rechte Hand kribbelte lustig.


Habt ihr eigentlich den ersten Clacekuss der Serie gesehen? Ich fand den so... unpassend. Das ich Buch war definitiv besser, ich meijne, die knutschen in einem Raum voller Menschen rum! Wer von euch will so seinen zukünftigen Freund das erste Mal küssen? Also, ich nicht. Außerdem... der arme Alec! Der ist viel zu cool, um so verletzt zu werden. Und zu heiß. Aber na ja, es sind ja eh nur die heißen schwul. Kyle, Magnus und Alec, Renly...

Real Life - MalecWhere stories live. Discover now