20 - Geständnisse (Lesenacht 4)

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„Oh mein Gott, bist du niedlich, wenn du betrunken bist", merkte Magnus lachend an, dann nahm er meine Hand. „Komm, wir tanzen."
„Ich will nicht tanzen."
„Nicht?" Er drehte sich zu mir um, war mir plötzlich ganz nah. „Warum nicht?"
„Keine Lust." Mein Blick wanderte unwillkürlich zu seinen Lippen. Er war einfach so nah!
„Was willst du dann machen?" Ertappt sah ich wieder in seine Augen, die amüsiert blitzten. „Keine Ahnung." Ich hielt inne, dachte nach. „Können wir auf das Empire State Building? Da oben ist es nachts bestimmt romantisch." „In erster Linie ist es nachts geschlossen. Aber ich weiß etwas Besseres. Hast du Begleiter, von denen du dich verabschieden musst?"
„Ne, die sind weg." Nicht alle. „Halt nein, warte."
Ich ließ Magnus stehen, ging zu Frank. „Sag Simon, dass ich weg bin, ja?" Mit diesen Worten drehte ich mich wieder um. „Bereit, Ihnen zu folgen Sir!"
Magnus lachte. „Okay, komm mit."
An der frischen Luft atmete ich erst einmal tief durch. Es roch nicht mehr nach Alkohol und Schweiß, sondern nach Autos und Kaffee. Und, na ja, ein bisschen auch nach Müll und Schweiß. Ungeachtet dessen spazierte mein Begleiter in die Richtung eines Cafés, wo er zwei Kaffee bestellte. „Wozu zwei? Brauchst du so viel Koffein?", fragte ich verwirrt, als er beide Pappbecher in der Hand hielt. „Nein, du Idiot, der eine ist für dich." Mit diesen Worten reichte er mir einen Becher, der mir beinahe die Hand verbrannte. „Ich will aber keinen Kaffee."
„Trink."
Ich äffte ihn leise nach, bevor ich brav einen Schluck trank und mir prompt die Zunge verbrannte. Na, ganz toll.
„Wohin gehen wir eigentlich?", fragte ich, nachdem wir eine Weile durch New York gelaufen waren. Magnus ging nicht auf meine Frage ein, sondern begann plötzlich mit etwas vollkommen anderem.
„Weißt du, Alec, ich mag dich. Du bist niedlich - nicht nur, wenn du betrunken bist, aber besonders dann - , du bist vernünftig, und du bist verdammt heiß." Ich sah ihn überrascht an. Von einem Mädchen waren diese Worte nichts Besonderes. Mädchen sagten so etwas oft. ‚Der Mathelehrer ist heiß', ‚Nick Bateman ist heiß'. Aber von Magnus... Magnus sagte das, als meinte er es wirklich, wirklich ernst.
„Guck nicht so überrascht. Was denkst du, warum ich dich angesprochen habe?", lachte er, als er meinen Blick bemerkte. „Ja, ich mag dich. Und, na ja, wenn du es schon gesagt hast, kann ich es ja auch sagen: Du bist mir, verdammt nochmal, nicht aus dem Kopf gegangen. Ich wollte dich vergessen, aber es hat nicht geklappt. Ich habe unwillkürlich jeden mit dir verglichen. Der ist kleiner als Alec, Alecs Haare sind schöner, Der ist nicht so hübsch wie Alec. Ich habe sogar Frauen mit die verglichen. Ist nicht gut ausgegangen. Na ja, was ich sagen wollte, ist..." Er verstummte und blieb stehen. Ich konnte erkennen, dass wir vor seinem Haus standen. Magnus kramte den Schlüssel aus seiner Hosentasche, schloss die Haustüre auf. Noch immer vervollständigte er seinen Satz nicht, was mich selbst im betrunkenen Zustand stutzig machte. Doch während wir gemeinsam nach oben liefen, sagte keiner von uns beiden ein Wort. In seiner Wohnung angekommen leerte er seine Taschen, legte sein Handy, seine Schlüssel und seinen Geldbeutel in die Schale neben der Tür. Ich tat es ihm gleich, auch wenn ich nur mein Portemonnaie dort ablegte. Anschließend entledigte ich mich meiner Sneaker, da ich schlicht und einfach keine Lust hatte, noch weiter Schuhe zu tragen. Magnus sah mir stirnrunzelnd zu, dann zog er sich ebenfalls die Schuhe aus. Somit wichen wir beide etwas von der Norm ab, was mir zumindest nichts ausmachte. Ich hasste es, in einem Haus mit Schuhen zu laufen. Oder in einer Wohnung.
Der Kaffee hatte meinem Kopf ein wenig Klarheit beschert. Ich war nicht wieder vollkommen nüchtern, doch ganz so dicht wie im Club war ich nicht mehr. Mittlerweile bereute ich es, so viel gesagt zu haben, auch wenn alles stimmte. Ich mochte Katzen, liebte Schnee und wusste immer noch nicht, ob ich Magnus ‚nur' mochte.
„Du hast deinen Satz nicht zu Ende gebracht", bemerkte ich leise und sah ihn an. Er atmete ein paar Mal tief durch, bevor er etwas in sich zusammen sackte.
„Nein, habe ich nicht."
„Warum nicht?"
„Keine Ahnung. Vielleicht habe ich Angst vor deiner Reaktion. Aber hey, du bist ja eh betrunken..." Es hörte sich an, als führte er Selbstgespräche, was mich ein wenig verunsicherte.
„Magnus?" Meine Stimme klang dünn. Dünn und... neugierig.
Er sah auf, blickte mir lange in die Augen. Während dieser Zeit sagte keiner von uns beiden etwas.
„Ach, scheiß drauf", murmelte er schließlich, und eher ich michs versah, stand er vor mir, seine Hände hatte er an meinen Wangen plaziert. „Hass mich nicht", hauchte er gegen meine Lippen, dann schloss er die Augen und senkte seinen Mund auf meinen Mund.
Im ersten Moment war ich zu überrascht, um überhaupt reagieren zu können. Immerhin hatte ich noch nie einen anderen Mann geküsst, es war vollkommen neu für mich. Doch dann entspannte ich mich, schloss ebenfalls die Augen. Es war ein einfacher Kuss, unsere geschlossenen Lippen lagen sanft aufeinander. Nicht besonderes, und dennoch wurden meine Knie weich, und mein Bauch fühlte sich an, als würden meine Organe Neujahr feiern. Das Feuerwerk wurde intensiver, als Magnus' Zunge über meine Lippen fuhren, die ich mehr aus Überraschung, als aus eigenem Willen öffnete. Aus unserem anfangs wunderschönen, sanften und vor allem einfachen Kuss wurde schnell ein leidenschaftliches Knutschen. Es war, als würden unsere Münder zusammenkleben. Ich konnte mich nicht von ihm lösen - was auch auch nicht wollte - , und ihm schien es ähnlich zu gehen. Meine Knie wurden immer mehr zu Pudding.
„Oh, Fuck", murmelte Magnus an meiner Haut, als wir uns nach einer gefühlten Ewigkeit lösten. Beide rangen wir schier verzweifelt um lebensnotwenigen Sauerstoff, und ich fühlte noch immer den Schatten seiner Lippen auf meinen, in Form eines angenehmen Kribbelns.
Als ich wieder aufsah, sah Magnus mich an. Sein Blick wanderte zu meinen Lippen, doch er unternahm nichts, ließ mir Zeit zum Nachdenken über das eben Geschehene.
Vielleicht tat ich es, weil ich betrunken oder stoned war, vielleicht wollte ich es aber auch unbedingt: Ich beugte mich vor und küsste ihn erneut. Augenblicklich erwiderte Magnus den Kuss, schob mich blind nach hinten. Stolpernd küssten wir uns weiter, vage hörte ich eine Katze miauen. Es war mir herzlichst egal.

Okay, okay, wer ist stolz auf mich?

Real Life - MalecWhere stories live. Discover now