13 - Nachtmahl

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Max schien es deutlich besser zu gehen. Wenn man von den ganzen blauen Flecken, Pflastern und Verbänden mal absah. Er spielte sogar mit uns eine Runde Uno. Isabelle hielt für ihn die Karten – das konnte er noch nicht alleine - , und ich war sein Gegner. Allerdings spielte ich so, das Max drei Mal gewann und sich freute wie ein kleines Honigkuchenpferd, dem eine Schokowaffel angeboten wurde. Er spielte mit uns, als wäre es normal, obwohl man ihm ansah, dass er sich den Kopf darüber zerbrach, wer wir waren. Eine freundliche kleine, etwas rundliche Ärztin hatte es uns erklärt: Max' Kopf wurde schwer verletzt, und gepaart mit dem traumatischen Erlebnis, von einem Auto angefahren zu werden, hatte diese Verletzung eine Amnesie ausgelöst. Die Amnesien verliefen oft so, dass die Person nicht alles vergisst, ein paar Bruchstücke des ‚früheren' Lebens bleiben. So wie Mom. Uns hatte sein Gedächtnis einfach ausradiert.
Izzy snapte, nachdem wir vier Runden gespielt hatten. Sie hielt ihr Smartphone so, dass Max auch auf dem Display zu sehen war und drückte auf den Face – Swap Button. Gleich darauf kicherte Max laut, und meine Schwester speicherte das Bild. Ich dagegen saß auf dem Sessel am Fenster und döste langsam weg. Seit Tagen hatte ich nicht mehr ruhig geschlafen, und ich war einfach so müde.

Als ich wieder aufwachte lag eine Decke über mir und es war dunkel. Außer mir waren noch Max und Mom in dem Zimmer. Während Max friedlich schlummerte – so friedlich, wie es eben ging, wenn man eine Nadel in der Hand hatte – sah Mom ihn stumm an. Sie saß an seinem Bett, auf einem dieser unbequemen weißen Stühle und tat nichts weiter, als Max beim Schlafen zuzusehen. Ich hätte schwören können, dass ich Tränen in ihren Augen glitzern sah. Doch einen Augenblick später war der Moment vorüber und sie sah mich blinzelnd an.
„Hi", flüsterte sie so leise wie möglich.
„Hi."
Mein Magen grummelte, also stand ich auf, mit dem Plan, mir einen Kuchen oder so etwas aus der Cafeteria zu holen.
„Hast du mir etwas Geld? Ich hab Hunger", fragte ich also, und wenig später verließ ich Max' Krankenzimmer und lief zur Cafeteria. Ich war der einzige dort, wenn man von der spindeldürren Mittfünfzigerin hinter der Kasse absah. Sie sah mich missmutig an, nahm mein Geld entgegen und ließ mich wieder mit meiner Cola und dem Himbeerkuchen alleine. Leise verzog ich mich in die hinterste Ecke, woraufhin sie mir hinterherstarrte. Gleich darauf holte sie eine Zeitschrift heraus, vermutlich löste sie ein Kreuzworträtsel.
Ich aß ein Stück von meinem Kuchen, checkte nebenher meine Whatsapp – Nachrichten. Isabelle hatte mir geschrieben, dass sie bei einer Freundin übernachtete, der Chat unserer Abschussklasse wurde von Kate und Michael zugespamt. Nichts Wichtiges.
Seufzend trank ich einen Schluck von meiner Cola und kramte dabei in meiner Hosentasche nach meinen Kopfhörern. Da rutschte mir ein Stück dünne Pappe in die Finger. Irritiert zog ich es heraus. ‚Sutton. Schreib mich an ' stand darauf.
Warum nicht?
Meine Cola stellte ich ab, dafür nahm ich mein Handy in die Hand, um Suttons Nummer abzutippen. Wenig später schickte ich ihr eine Nachricht, ohne auf die Uhrzeit zu achten. Es war schließlich durchaus möglich, dass sie um ein Uhr nachts noch wach war. Meine Mom war das schließlich auch.
Hi, Sutton. Ich bin Alec, der Typ aus dem Café 
Ich sperrte mein Handy, damit ich meinen Kuchen essen konnte. Er schmeckte gut, besser als ich Krankenhausessen in Erinnerung hatte. Gerade war ich bei den Haselnussstückchen am Rand angekommen, als mein Handy vibrierte und ein Pop – up auftauchte. Eine Whatsapp also. Allerdings nicht von Jace, Isabelle oder Clary. Auch nicht von Sutton, die schlief vermutlich.
Magnus: Guten Morgen, Alec. Unfähig zu schlafen?
Ja, so kann man es wohl nennen.
Ich tippte ein ‚Ne, gerade mit leerem Magen aufgewacht' zurück und sperrte mein Handy wieder.
Doch sofort vibrierte mein Handy wieder, was in dem leeren Raum widerhallte. Die Frau an der Kasse sah mich böse an.
Ich hatte eine Nachricht von Magnus erwartet, aber nicht von Sutton. Offenbar war sie doch wach.
‚Hi, Alec. Warum bist du noch wach?'
‚Was heißt hier noch wach? Bin gerade aufgewacht '

Suttons Profilbild zeigte sie am Strand. Sie trug einen knallbunten Bikini, eine riesige Sonnenbrille und lächelte strahlend in die Kamera. Dagegen war ihr Status vergleichsweise langweilig. ‚I'm waking up! – Radioactive, Linkin Park'
Linkin Park hat ein Lied, das Radioactive heißt?
Etwas irritiert öffnete ich YouTube und gab ‚Radioactive Linkin Park' ein. Keinen Treffer, dafür aber Radioactive von Imagine Dragons. Ich steckte meine Kopfhörer an und hörte mir das Lied an.
Jap, sie meint definitiv Imagine Dragons.

Hilfsbereit wie ich nunmal war schrieb ich ihr, dass sie sich mit der Band etwas vertan hätte. Eine Minute später kam die Antwort:
‚Ups, peinlich xD Hey, wo du schon so hilfbereit bist, kannst du Glühbirnen auswechseln? Meine Freunde sind alle im Urlaub und ich kann das einfach nicht '
Wir verabredeten, dass ich gegen ein Uhr mittags vorbeikommen solle, um ihre Glühbirne auszuwechseln. Date würde ich es nicht nennen, aber hey, wir hatten eine Verabredung.
Wer weiß, vielleicht wird daraus noch was.


Sieht man die Smileys? Mein Word hat das einfach so gemacht, also hab ich es gelassen. Hoffe, sie kommen rüber.

Ach ja: Ich darf das mit den Smileys, weil sie in Nachrichten stecken und nicht in der direkten wörtlichen Rede.

Kurz zur Orientierung: Kursiv=Gedanken, Kusiv und Fett=Nachrichten. Fett=A/N. Okay?

Tschüdellü, und immer schön geschmeidig bleiben!

(Ach, Mel, hass mich nicht, weil ich das mit Radioactive eingebaut habe. Ja?)

Real Life - MalecWhere stories live. Discover now