Die fast-Werwölfe

1.8K 59 6
                                    

„Und dann bist du einfach gegangen, ohne ihm die Chance zu geben etwas zu sagen?“

Jake saß neben mir auf einem seiner Klappstühle in seiner Werkstatt und betrachtete mich bewundernd. „Du kannst also auch hart sein?“

Mit gespieltem Ernst nickte ich theatralisch. Dann schüttelte ich den Kopf und sah ihn fragend an. „Soll ich mir das denn gefallen lassen?“

„Natürlich nicht!“, entgegnete er sofort.

„Siehst du. Reicht es noch nicht, dass er mich Nacht für Nacht um den Schlaf bringt? Ich glaube schon. Er muss mir nicht auch noch tagsüber wehtun.“

„Du musst dich ja nicht ohne Schlaf durch die Nächte kämpfen“, sagte er leise. „Versuche doch, nicht an ihn zu denken.“

Ich packte ihn an den Schultern. „Jake, ich war mit ihm verheiratet! Wir waren Eltern! So etwas vergisst man nicht so einfach.“

„Wohl war“, meinte er seufzend.

Jetzt war ich verwundert. „Warst du schon mal verheiratet?“

Jake brach in schallendes Gelächter aus und ich konnte nur auf meinem Klappstuhl sitzen und ihn dumm anstarren. Als er sich wieder gefangen hatte, sah er besorgt aus. „Meintest du das ernst?“

Ich wartete.

„Nein, du Dussel“, meinte er, wieder lachend. „Ich bin erst 15, vergiss das nicht. Außerdem …“, wollte er noch ansetzen, stockte und begann dann einen neuen Satz. „Nein, ich meinte das mit dem vergessen. Es ist schwerer, als ich es mir hätte vorstellen können.“

„Jage mir bitte nie wieder so einen Schrecken ein!“, bat ich ihn scherzhaft.

Er nickte und stimmte in mein Lachen mit ein. „Ich werde sehen, was sich machen lässt.“

Bei ihm konnte ich mich so unbeschwert, so belanglos fühlen, einfach frei von allen Strapazen außerhalb dieser kleinen Garage, weg von dem Stress sein, der auf mich wartete. Immer wieder hörte er sich an, was ich zu sagen hatte, welcher Kummer auf mir lastete und welcher Schmerz mein Lächeln trübte; jedes Mal wartete er gespannt, bis ich zu Ende gesprochen hatte und war dann einfühlsam und verständnisvoll. Er gab mir das Gefühl, verstanden zu werden und nicht allein zu sein. Und genau das brauchte ich jetzt. Zwar war auch Alice auf diese Art und Weise für mich da, und das rechnete ich ihr sehr hoch an, doch bei ihm war es anders. Schon immer war er mein Licht in der dunklen, finsteren Nacht gewesen. 

„Na, Bella“, sagte er nach ungefähr einer halben Stunde, in der wir nichts anderes getan hatten als rumzusitzen und uns anzuschauen, und stand auf. „Der Tag ist noch jung, was wollen wir machen?“

Ich war schockiert. „Du willst mich jetzt noch durch die Gegen scheuchen? Wenn du wüsstest, was ich mir von Alice anhören musste wegen dieses Nachtspazierganges …“, doch weiter kam ich nicht, denn er legte mir einen seiner Finger auf die Lippen und brachte mich so zum Schweigen.

„Erstens ist es noch hell, siehst du?“, erklärte er und deutete auf die Sonne, die vom Himmel herunter prasselte. „Und zweitens kannst du ihr immer noch sagen, es wäre meine Schuld gewesen.“

„Stimmt“, gab ich zu. „Mich wundert es gerade, dass ich das nicht gleich als Ausrede für das brennende Haus gebraucht habe. Sie hätte mich sicher verschont.“ 

Er kicherte. „Pass auf, dass du nicht mal ein bisschen Sarkasmus anwendest“, lachte er ironisch und schon wieder animierte er mich dazu, einfach mit zulachen. Es steckte bei ihm irgendwie an. Ich konnte ihm gar nicht richtig böse sein.

„Wohin soll‘s denn gehen?“, fragte ich, als ich mich damit abgefunden hatte, dass er von seiner Idee nicht abzubringen war.

Er zuckte die Schultern. „Du lernst Quil und Embry kennen.“

Bis(s) zum Erwachen - Wie ein Déjà-vuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt