Epilog

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Ich konnte noch immer nicht fassen, dass Edward mich dazu zwingen konnte.

Wenn ich ehrlich war, sah das Kleid doch nicht so übel an mir aus. Ich hatte noch nie bemerkt, dass rosa zu mir passte. Die Rüschen schlängelten sich bei meinen Schritten um die Beine und raschelten bei jeder Berührung. Für meinen Geschmack saß der Ausschnitt zu tief, doch Alice hatte mir eingebläut, es wäre okay. Ich hatte brav genickt, obwohl ich ihr das nicht glaubte; das musste sie aber nicht wissen. Um genau zu sein war es schon ganz schön gemein von ihr gewesen, mir ausgerechnet dieses Kleid zu besorgen, wo sie doch wusste was ich davon hielt. Naja, Edward schien es zu gefallen, für den Abschlussball sei dies angemessen, hatte er gesagt.

Ich schluckte. Abschlussball. Pfui.

Obwohl ich auch sagen musste, dass er in seinem Smoking unwiderstehlich aussah. Der Kontrast der Blässe seiner Haut zu dem mitternachtsschwarzen Stoff war einfach nur überirdisch. An seine Schönheit würde ich mich wohl nie gewöhnen … Vielleicht wollte er mich so rumkriegen, vielleicht war ihm aber auch gar nicht bewusst, wie perfekt er war. Sein bronzefarbenes Haar glänzte in den letzten Schimmern der Sonne und seine goldenen Augen funkelten.

Er passte auf wie ein Raubtier, dass gerade sein Mittagessen fixiert, damit mein Kleid, die Blumen, die er mir zuvor eigenhändig in die hochfrisierten Locken gesteckt hatte, und mein Gehgips keinen Schaden davontrugen. Als ich neben ihm in seinem Volvo platz nahm – Charlie hatte ihn ein Dutzend Male darauf hingewiesen, ja gut auf mich aufzupassen – versuchte ich ein letztes Mal, mich aus dieser Situation zu winden.

„Edward?“, begann ich quengelnd und er hörte meinem Tonfall bereits an, worauf ich hinaus wollte.

„Nichts da, wir gehen zum Ball und werden tanzen.“

Ich seufzte. „Erstens kann ich nicht tanzen …“

„Aber ich“, unterbrach er mich.

Ich sprach unbeirrt weiter. „…, zweitens wäre ich auch nicht dazu im Stande, selbst wenn ich die begabteste Tänzerin ganz Amerikas wäre – hast du die Schiene an meinem Bein nicht gesehen? Oder den Gips, den sie mir um den Fuß gebunden haben? Und drittens werde ich eh hinfallen, denn an meinem anderen Fuß trage ich nicht unbedingt den sichersten Schuh.“

Als ich an mein verletztes Bein dachte, wurde mir übel. Das nervige Pochen und Ziehen wurde sonst von starken Schmerzmitteln überdröhnt, doch heute war ich schon zu viel gelaufen, hatte zu viel Modell gestanden, als das Morphium noch irgendetwas nützen könnte. Edward hatte mir erzählt, James hätte es mir gebrochen, als Alice versucht hatte, mich von ihm zu ziehen. Kurzerhand hätte er mein Bein gepackt und so viel Kraft darauf ausgeübt, dass es laut knackte und ich mir mehrere Knochenbrüche zuzog. Die Heilung würde noch eine ganze Weile in Anspruch nehmen.

„Es kommt immer auf den an, der führt.“ Edward sah mich fachmännisch an und startete den Motor.

Das wusste ich, doch sagen konnte ich es ihm nicht. Eigentlich liebte ich es, eng an ihn geschmiegt über den Boden zu schreiten, so tollpatschig ich auch sein mochte. Wenn es doch wirklich nur er und ich wären … aber nein, die ganze Schule würde da sein, der innere Spießrutenlauf würde von dem Moment an beginnen, da ich über die Schwelle zur Turnhalle – dem improvisierten Ballsaal von Forks - trat. Wie konnte ich ihm nur weiß machen, ich bräuchte diese lächerliche Veranstaltung nicht besuchen, ohne ihm gleich offenzulegen, dass ich all das Geschehene geträumt habe?

Schwierige Situation. Doch wie ich ihn kannte, war argumentieren eh zwecklos.

Wieder seufzte ich. „Aber wehe, du führst schlecht.“

„Käme mir nie in den Sinn“, versprach er unter einem spöttischen Lächeln.

„Das war mein Ernst.“

Bis(s) zum Erwachen - Wie ein Déjà-vuWhere stories live. Discover now