Krankenbesuche

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Das laute Piepen riss mich aus dem Schlaf.

Mein Kopf fühlte sich schwer und bleiern an, sodass ich ihn nicht heben und nur die Augen bewegen konnte, um mich umzuschauen. Über mir sah ich ein weißes Metallgestell, woran ein kleines Rohr hing, dass unter meiner Nase klebte. Als ich meine Hand hob, um es abzureißen, spürte ich, dass darin eine Infusionsnadel steckte. Ich senkte sie wieder und blickte weiter durchs Zimmer. Die Wände waren weiß gestrichen, das Bettgitter war weiß, die Vorhänge vor dem Fenster waren weiß, die Wolken am Himmel, den ich durch das Fenster sehen konnte, waren ebenfalls weiß. Alles war so erschreckend weiß. Neben dem Bett stand ein großer Kasten, der meine Herzfrequenz anzeigte und dieses höllische Piepen verursachte. Auf der anderen Seite von mir hing an dem weißen Gestell ein durchsichtiger Beutel, in dem eine genauso durchsichtige Flüssigkeit war. Ich war im Krankenhaus, wo sonst?

Das nächste, was ich bemerkte, war mein linkes Bein, das ebenso schwer und unbeweglich war wie mein Kopf. Auf alles gefasst hob ich die Decke, sah aber nur einen weißen, dicken Gips. Vorsichtig klopfte ich dagegen; er war hart und das Klopfgeräusch klang hohl. Erst dann merkte ich, dass ich nicht allein war.

„Alice!“

Ich breitete meine Arme aus, um sie in Empfang zu nehmen, doch sie blieb weiterhin auf dem kleinen Stuhl in der Ecke des Raumes sitzen. Ich begriff sofort, vielleicht hatte ich noch etwas Blut in den Haaren oder unter dem Gips an meinem Bein, vielleicht auch an einer anderen Stelle. Oder vielleicht war der Blutgeruch auch einfach noch nicht ganz verzogen.

„Rieche ich noch nach Blut oder warum bleibst du da hinten sitzen?“, fragte ich leise.

Sie schüttelte den Kopf und stand auf. „Nein, schon okay. Ich wollte dich nur nicht überrumpeln.“

„Du? Mich? Quatsch. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie froh ich bin …“

„Es tut mir so leid, Bella.“

„… dich hier zu sehen …“, setzte ich langsam fort. „Bitte was?“

Jetzt setzte sie sich auf den Rand des Bettes und strich mir vorsichtig über die Hand ohne Nadel. „Ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich hätte es sehen müssen. Etwas tun müssen. Dich retten müssen … oder besser gesagt, dein Bein“, meinte sie, als sie auf die Wölbung der Decke schaute. „Ich hätte schnell reagieren müssen, so wie Edward in deinem Traum und meiner Vision. Aber ich habe nur die anderen in Sicherheit gebracht. Ich wollte nicht, dass unsere Familie entblößt wird, damit wir nicht wieder umziehen müssen. Denn würde das passieren, würdest du hier vor Einsamkeit sterben. Aber ich Dussel habe nicht daran gedacht, dass es egal ist, ob wir umziehen oder nicht, wenn du tot bist. Es tut mir alles so schrecklich leid …“

„Alice, ist schon …“

Sie hob einen ihrer zierlichen Finger. „Sag jetzt nicht ‚gut‘. Du darfst alles sagen, nur nicht ‚gut‘.“

„Aber“, murmelte ich leise, „es ist gut. Mit mir ist alles in Ordnung.“

Wieder sah sie auf die Wölbung und hob eine Braue.

Ich seufzte. „Na gut, meinem Bein geht es vielleicht nicht unbedingt so wahnsinnig gut, aber dem Rest von mir schon.“

„Ich hätte es sehen müssen“, sagte sie noch einmal, jetzt klang es wehmütiger.

Ich streichelte ihre Schulter. „Hast du aber nicht, daran können wir jetzt nichts ändern. Das Wichtigste ist, dass ich lebe. Vielleicht für ein paar Wochen oder Monate mit Gips und Krücken, aber ansonsten fehlt mir nichts.“

Ihre Stimme wurde lauter. „Aber ich habe dich völlig hilflos einem Van ausgesetzt!“

Ich schüttelte den Kopf. „Das warst nicht du, das war Tyler. Im Endeffekt ist er schuld daran, nicht du. Ich bin schon so froh, dass du meine ganze verwirrende Zukunft im Auge behalten kannst, da verlange ich nicht auch noch von dir, dich tagtäglich um meine Sicherheit zu sorgen.“

Bis(s) zum Erwachen - Wie ein Déjà-vuHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin