Woche drei

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Von wegen, Zeit heilt alle Wunden. Ja genau! Der Witz ist gut.

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„Wann kommst du wieder?“, fragte Jessica durch den Hörer.

Ich seufzte. „Wenn ich dazu bereit bin.“

In den letzten Tagen war es keine Seltenheit geworden, dass ich stundenlang mit ihr am Telefon hing. Nicht, dass ich das wollte. Sie wollte es, und ich sagte mir, dass das genügte. Schließlich brauchte ich auch meine Abwechslung. Meistens redete sie über die Schule, den Unterricht – als sie mir erzählte, dass sie in Biologie eine Blutgruppenuntersuchung gemacht hatten, musste ich unwillkürlich grinsen -, über Mike und die anderen. Ihre Geschichten waren ermüdend, trotzdem hörte ich höflich zu, gab an den angebrachten Stellen Laute der Erkenntnis von mir und versuchte so, wieder ein bisschen Leben in die leere Hülle, die mein Körper sein sollte, zu bringen. 

„Für was musst du denn bereit sein?“, bohrte sie weiter.

„Ich weiß auch nicht“, log ich. „Mir geht es nicht so gut, weißt du? Ich bin ziemlich kaputt gewesen in den letzten Wochen. Der Umzug und die Umstellungen waren wahrscheinlich zu viel für mich. Aber, bevor ich wiederkomme, werde ich dich anrufen und dir bescheid geben, ja?“

Kurze Stille am anderen Ende der Leitung. Dann holte sie tief Luft. „Na gut.“

„Du, ich muss jetzt auflegen, wir bekommen Besuch. Bis demnächst!“ Ich hätte gelogen, würde ich sagen, dass ich sie nicht abwimmeln wollte.

Noch einmal holte sie tief Luft, dann seufzte sie laut. „Okay. Gute Besserung, oder was auch immer du brauchst.“ Dann legte sie auf.

Ich setzte mich auf den kalten Fußboden, als ich den Hörer zurück auf die Ladestation stellte. Langsam und mit lahmen Bewegungen zog ich meine Beine an und schlang meine Arme um sie, dann legte ich mein Kinn auf meine Knie. Für einen kurzen Augenblick schloss ich die Augen und versuchte vergeblich, alles um mich herum zu vergessen. Drei Wochen war es jetzt her, dass Edward mit mir geredet hatte. Drei Wochen lang war er schon weg, in Alaska bei Tanja – mich durchfuhr eine Gänsehaut – und den anderen. Drei Wochen habe ich nichts von ihm gehört, Alice oder ein anderer der Cullens ebenso wenig. Und noch immer gab es kein eindeutiges Anzeichen dafür, dass er vielleicht zurückkommen könnte. Er dachte noch nicht einmal daran. Tag für Tag schwand meine Hoffnung.

„Bella, machst du auf?“, drang Charlies Stimme aus der Küche.

Ich sprang in einer blitzschnellen Bewegung auf und klopfte mir den Staub von der Hose. „Klar, Dad.“

Die Blacks hatten sich für heute bei uns eingeladen, und da Charlie nichts dagegen einzuwenden hatte, wurde aus dem „nur mal kurz vorbeischauen“ ein ganzer Blacks-Tag. Natürlich freute ich mich tierisch, Jake wiederzusehen und auch Billy hatte ich lange nicht zu Gesicht bekommen, doch mir persönlich wäre es lieber gewesen, mit Jake allein zu sein, um ihm von meinem Elend erzählen zu können, ohne dass es Charlie mithören musste. Niemandem außer ihm hatte ich bis jetzt von diesem Traum und der teilweise wahren Realität, die sich darauf bezog, erzählt, und das sollte auch so bleiben. Keiner von meinen anderen „Freunden“ könnten mir so viel Verständnis und Geborgenheit geben wie er es tat, deswegen war ich so verdammt froh, ihn an meiner Seite zu wissen.

Die Türklinke fühlte sich eiskalt in meiner Hand an und mich erinnerte das an Edwards kalte Haut, die mir immer die Finger eingefroren hatte, wenn ich mit meinen Händen an seinem marmornen Körper entlanggefahren war. Wieder huschte eine Gänsehaut über meinen Körper. Dann öffnete ich die Tür.

„Bella!“, rief mir Jake entgegen, obwohl ich direkt vor ihm stand. Sofort sprang er mir in die Arme und war nahe dran, mich zu erwürgen. Vorsichtig legte ich ihm meine Arme um die Schultern und erwiderte seine Umarmung.

Bis(s) zum Erwachen - Wie ein Déjà-vuWhere stories live. Discover now