Tag 13 [27.04.2016]

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Stegi P.o.V

Normal war es so. Ich stand, wie höchstwahrscheinlich fast 80 Prozent der anderen Schüler meiner Schule, Mittwochmorgen früh auf, machte mich für die Schule fertig, aß eine Kleinigkeit und ging dann zum Bus. Natürlich in der Hoffnung von niemanden angesprochen zu werden.

So war das jedenfalls normalerweise.

Mit meinem kleinen "Verbrechen" hatte ich wohl die ganze Schule auf mich aufmerksam gemacht. Eigentlich hatte ich die Hoffnung, dass niemand erfahren würde, dass ich der Auslöser des Feueralarms gewesen war, doch das konnte ich mir wohl auch nur wünschen.

Nun gut, mein Morgen begann im Grunde sogar ziemlich normal. Die ersten paar Punkte konnte ich schon mal abhaken.

Danach wurde es kritisch.

Auf dem Weg zum Bus traf ich ein paar Jungs aus der Parallelklasse, die lachend auf mich zukamen und freundschaftlich auf die Schulter klopften, als hätte ich die Welt gerettet.
Im Bus angekommen, saß ich mich erst mal auf einen vierer Platz.

Dies enttarnte sich auch als Fehler, als mich ein paar Mädchen aus der Unterstufe anfingen anzuhimmeln. Ich verstand den ganzen Trubel einfach nicht. Ich hatte doch lediglich diese Alarm ausgelöst. Das hätte jeder andere auch machen können. Gut, um ehrlich zu sein, war das jetzt auch nicht die schlauste Idee, welche ich bisher hatte. Doch, weshalb wurde ich dann so von der Menge gefeiert?

Nachdem ich schließlich aus dem Bus aussteigen und zu Tobi gehen konnte, welcher gestern ziemlich verwirrt von mir war, ließ mir auch die Schülermenge ein wenig mehr Luft zum Atmen.

"Hey, was is das denn für eine Meute?", fragte mich Tobi und zeigte auf die starrenden Schüler.
Ich zuckte nur mit den Schultern und ging mit ihm in unser Klassenzimmer.

Gestern wurden wir nach dem Feueralarm alle nach Hause geschickt, als die Feuerwehr versichert hatte, dass es keinen Brand gab. Natürlich kamen von allen Seiten Fragen auf, doch woher nun alle wussten, dass ich Auslöser war, war ziemlich unverständlich für mich.

**

Die Pause hatte gerade mal angefangen und schon wieder standen fünf Schüler um uns herum und stellten Fragen. Tobi drückte mir sein Brötchen in die Hand und stand genervt auf.
"Könnt ihr Hobbyvollpfosten nicht mal die Klappe halten und uns in Ruhe lassen? Der Feueralarm hat wohl eure Gehirnzellen geschrottet", meinte er etwas zu ruhig und schwer atmend. Die paar Schüler hoben abwehrend ihre Hände und gingen weg. 

Plötzlich sah ich Tim ein paar Meter vor uns stehen und mich zu sich winken. Ich kniff die Augenbrauen zusammen. Was wollte er denn jetzt von mir? Wieso konnte er nicht einfach zu uns kommen? Ich schüttelte langsam meinen Kopf.
"Was ist los?",fragte Tobi, in die selbe Richtung wie ich sehend.

"Oh, ich verstehe", meinte er etwas mitleidig. Er wusste ja schon lang, dass ich auf Tim stand. Von unserem Kontakt wusste er aber immer noch nichts.
Ich sah noch immer zu dem Brünetten, welcher mich inzwischen schon fast flehend ansah. Ich verdrehte die Augen und stand auf.
"Ich komm gleich wieder", gab ich Tobi bescheid und ging auf Tim zu.

"Was gibt es?", fragte ich, als ich bei Tim ankam. Der braunhaarige kratzte sich nervös an seinem Hinterkopf und sah in den Himmel.
"Danke", sagte Tim etwas schüchtern. Moment. Schüchtern?

"Wofür denn?", fragte ich ahnungslos, wobei ich es mir schon denken konnte.
"Für den Feueralarm gestern. Du hast mir den Arsch gerettet und Rafi genauso. Ich bin dir was schuldig. Aber jetzt so ganz unter uns, wieso hast du das gemacht?"
Fragend und eindringlich sah er mich an. Ich fing an zu grinsen.
"Komm doch morgen Mittag zu mir. Dann erklär ich dir alles". zwinkerte ich ihm zu und drehte mich um. Wieso ich das getan hatte, wusste ich nicht. Doch es fühlte sich richtig an.

Ich saß mich wieder zu meinem besten Freund, der das Geschehen wie einen Kinofilm betrachtet zu haben schien.
Mit geschlossenen Augen drehte er sich zu mir, atmete tief durch und sah mich an.
"Stegi bitte, ich hinterfrage nicht viel, einfach weil du mein bester Freund bist und ich dir vertraue. Aber bitte, wieso hast du den Feueralarm ausgelöst und wieso hat dich Tim gerade zu sich geholt?"

Mir stockte der Atem. Ich wollte Tobi nicht anlügen. Er war mein bester Freund seit so vielen Jahren und ich hatte ihn schon so oft angelogen in letzter Zeit.
"Bitte Stegi", bettelte er mich schon fast an.
"Ich dachte aus dem Chemie-Saal Rauch kommen zu sehen und bin panisch geworden", gestand ich ihm kleinlaut. Streng genommen war es nicht mal eine Lüge, nur die halbe Wahrheit. Oder eher viertel Wahrheit.

"Und wieso das mit Tim eben?", fragte er nun schon etwas entspannter.
"Er wollte mir sagen, dass es ne geniale Aktion war und ich ihm den Arsch gerettet habe, weil es in dem Moment war, als er mit Herr Korn geredet hat."

Ich fühlte mich schlecht. Wobei es wirklich nicht gelogen war. Aber eben auch nicht ganz ehrlich.
"Achso, na dann. Ich dachte schon da würde was total Dummes dahinterstecken", lachte er. 

Schön, jetzt durfte ich den ganzen Tag mit einem schlechten Gewissen herumlaufen. Toll gemacht.

**

Als dann auch die letzte Stunde zu Ende war, packte ich meine Sachen zusammen um mich auf den Heimweg zu machen. Tobi ging schon mal nach draußen, da er noch etwas aus seinem Spind holen musste.
Ich wollte gerade aus dem Raum gehen, als mich meine Lehrerin Frau Kohl nochmal zurückrief.

"Stegi? Ich würde gerne nochmal kurz mit dir reden", meinte sie leicht lächelnd und winkte mich zu ihr. 

Im Vorbeigehen klopften mir noch ein paar meiner Klassenkameraden auf die Schulter und machten sich dann auf den Weg in die Freiheit.

"Also Stegi, wie schon die ganze Schule weiß, warst du das gestern mit dem Feueralarm. Nun ja, nicht nur deine Mitschüler fragen sich, weshalb du das getan hast, sondern auch das gesamte Lehrerkollegium. Da ich auch Vertrauenslehrerin hier bin, wurde ich sozusagen beauftragt, mit dir darüber zu reden", sie lächelte mich leicht an. Ich schluckte leicht. Den wahren Grund konnte ich ihr genauso wenig nennen wie Tobi.

"Der Alarmknopf ist ja direkt neben dem Chemielabor und ich hab Rauch unter der Tür durchkommen sehen und ich bin bei sowas sehr schreckhaft. Ich hab mir dann wohl eingebildet auch Rauch zu riechen und habe den Alarm ausgelöst." 

Ich war irgendwie schon stolz auf mich, diese Lüge zusammen bekommen zu haben, ohne aufzufallen. Jedenfalls schien Frau Kohl es mir abzukaufen, wofür ich sie hätte küssen können. Ich wollte nicht wissen, welch eine Strafe das mit sich gezogen hätte.

Etwas mitleidig sah sie mich an. 

"Das tut mir Leid. Ich verstehe das natürlich und werde es dem Direktor so ausrichten. Du kannst jetzt gehen wenn du möchtest."

Soweit ich wusste, hatte sie selbst irgendeine kleine Phobie in der Richtung, weshalb sie es noch besser zu verstehen schien. Auch wenn es eine billige Ausrede war.

Ich stand auf und wünschte ihr noch einen schönen Tag, ehe ich mich nach draußen begab. Tobi konnte ich auch nicht mehr finden, dieser wurde aber auch schon vor ein paar Minuten von seiner Mutter abgeholt, sagte jedenfalls die SMS, die er mir geschickt hatte.

Ich ging zum Bus und fuhr nach Hause. Wirklich Lust auf irgendwas hatte ich nicht mehr, weshalb ich mich daheim auf mein Bett schmiss und etwas schlief. Was produktives würde ich sowieso nicht mehr zustande bringen.

Damn, he is gay! | Stexpert (Reupload)Where stories live. Discover now